Walter Krystosek sammelt seit mehr als 60 Jahren: Herdorfer zeigt seine kuriosen und seltenen Postkarten
„Es war für mich eine tolle Aufgabe, meine komplette Sammlung nach solchen Stücken zu durchsuchen“, gestand Krystosek, der sich auf die RZ-Suchanfrage gemeldet hatte und prompt zu einem „Hausbesuch“ einlud. Um es vorweg zu sagen: Eine ältere Betzdorfer Postkarte als die aus dem Jahr 1890 gibt es auch in der Herdorfer Sammlung nicht. Aber dafür fand sich viel Kurioses, was Sammlerherzen höherschlagen lässt und viele Leser interessieren wird.
Insgesamt hat der rüstige Senior nämlich mehr als 900 historische Briefe und Karten zusammengetragen. Inzwischen trägt er sich altersbedingt mit dem Gedanken, einen Teil der Sammlung zu veräußern. „Ich sammle fast seit meiner Hochzeit, also seit rund 60 Jahren“, erzählt Krystosek beim Auslegen einer kleinen Auswahl auf dem Hobbytisch zur Besichtigung. Rasch wird dem historisch interessierten Betrachter klar, dass er hier sehr seltene Stücke vor sich hat.
Zahlreiche Karten sind aus Oberschlesien, aus der Heimat des Vaters, viele andere wiederum von Bruder Hans aus Berlin. Einen Großteil jedoch hat Walter Krystosek im Lauf langer Jahre auf Trödelmärkten, Börsen und Messen erstanden. Zu den wahren Raritäten gehören 1877 und 1889 postalisch versandte Briefe aus Göttingen, Altenburg und Hameln.
Daneben werden Bildpostkarten zu besonderen Ereignissen verwahrt, etwa zum Lutherfest 1921 auf der Wartburg, zum Opernhaus Frankfurt oder auch mit erlesenen Darstellungen von Reichskanzler Bismarck, von der amerikanischen Präsidentenfamilie Roosevelt oder vom 1901 erbauten deutschen Passagierschiff „Kronprinz Wilhelm“. Eine undatierte Werbebildkarte eines Sklavenhändlers aus Paris wirkt dagegen schaurig. Gleich nebenan schlummern malerische Mondscheinkarten sowie unter bitteren Tränen geschriebene Feldpostbriefe an die Lieben daheim.
„Doch jetzt geht’s um Betzdorf“, verspricht Walter Krystosek getreu dem Motto „Das Beste kommt zum Schluss!“. Neben zwei Bahnpoststempeln von 1915 und einer Textkarte aus dem Hotel Gobrecht von 1895 ist es im wahrsten Sinne des Wortes ein bildschöner „Gruß aus Betzdorf“, der sich einzigartig als Blickfang erweist: Die farbige und kunstvoll verzierte Bildpostkarte von 1898 führt den Blick des Betrachters über die Bahnanlagen nach Hohenbetzdorf. Laut Stempel legte die Karte bloß eine kurze Strecke zurück, und zwar von Neunkirchen nach Struthütten.
Als zusätzliches Schmankerl haben sich vor 124 Jahren die Absender des prima erhaltenen Paradestücks beim feucht-fröhlichen Damentreff im Hellertal persönlich mit Bleistift verewigt. Heute noch lesbar sind Familiennamen wie etwa Müller, Fischbach, Späth, Hirtz, Petri, Weber, Debus, Daub, Ginsberg, Gontermann, Reifenrath und Jung.