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Remagen

„Gedenkmarsch“ in Remagen: Polizei verhindert Ausschreitungen

Von Nicolaj Meyer

Rund 80 Neonazis sind am Samstag zum „Gedenkmarsch für die Toten in den alliierten Rheinwiesenlagern“ in Remagen aufgebrochen. Etwa 400 Demonstrierende linksgerichteter Gruppen riefen unter dem Motto „NS-Verherrlichung stoppen“ zu Gegenkundgebungen auf. Knapp 250 Teilnehmer besuchten die bürgerliche Versammlung im Rahmen des Tages der Demokratie nahe der Kapelle „Schwarze Madonna“. Am Rande der Demonstrationen kam es zu 89 vorläufigen Festnahmen.

Lesezeit: 4 Minuten
Deutlich weniger Teilnehmer wurden für die Versammlungen in Remagen wegen der Corona-Auflagen in diesem Jahr erwartet. Maximal 100 Neonazis durften bei ihrem „Gedenkmarsch“ mitgehen. Letztlich waren es 80. Diese hatten sich wieder auf der Bahnhofseite an der B 9 versammelt und starteten gegen 12 Uhr ihren Marsch in Richtung „Schwarze Madonna“ ...
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Der Tag der Demokratie wehrt sich gegen rechts

Remagen. An der Kapelle zur „Schwarzen Madonna“ in Remagen standen sich trotz Teil-Lockdown Neonazis und linke Aktivisten sowie das bürgerliche Lager des Remagener Bündnisses für Frieden und Demokratie von der Polizei bewacht am Rhein-Ahr-Campus gegenüber. Denn den Tag der Demokratie setzen bürgerliche Remagener Gruppen dem Treiben in ihrer Stadt jährlich entgegen.

„Und da müssen wir unser Brauchtum wie unsere Umzüge zu St. Martin absagen, bei denen Abstandsregeln und Maskenpflicht ebenso eingehalten hätten werden können – das kann kein Nicht-Jurist nachvollziehen“, ereiferte sich Remagens Stadtratsmitglied Rainer Doemen gegenüber der Rhein-Zeitung. In diesem ersten Jahr der Pandemie hatte das Remagener Bündnis für Frieden und Demokratie unter Regie von Karin Keelan nach der aufgrund von Corona abgesagten Mahnwache mit rund 250 Personen eine Menschenkette inklusive La-Ola-Welle von der Kapelle in Richtung Innenstadt gebildet.

Im Vorfeld wurden von Lukas Müller zusammengeschnittene Videobotschaften unter anderem von Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Landrat Jürgen Pföhler gezeigt. Die Landeschefin bedankte sich beim Bündnis für das alljährliche Flaggezeigen: „Es gibt keinen Platz für Rechtsextremismus in Rheinland-Pfalz, wir dürfen und werden uns niemals an Hass, Hetze, Gewalt und Morde der Rechtsextremisten gewöhnen.“

Landrat Jürgen Pföhler sagte: „Es handelt sich nicht mehr nur um Einzeltäter, der Rechtsextremismus ist in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen. Nach meiner festen Überzeugung sind unsere demokratischen Freiheitswerte akut bedroht.“ Der Landrat schlug die Brücke: „Extremismus jeglicher Art ist wie das Coronavirus: brandgefährlich, es verbreitet sich schnell und ist oft tödlich.“ Deshalb müsse dies der Startschuss sein, die Abwehrkräfte gegen alle, die mit der freiheitlichen Werteordnung nichts im Sinne haben, zu stärken. Die Morde der Rechtsextremen seit 1990 hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund Koblenz mit Bannern dokumentiert, auf denen jeder Ermordete aufgeführt wurde. „Die AfD befeuert den Hass von sich radikalisierenden neuen Rechten“, befand der DGB-Landesvorsitzende Dietmar Muscheid. „Leider vergesst ihr jedes Mal, dass die Nazis Millionen von Menschen getötet haben, beim industriellen Massenmord an den Juden, an deutschen Kriegsgefangenen oder Soldaten, die widersprochen haben – seid gewiss: Ihr habt in Remagen keine Mehrheit und seid hier nicht willkommen“, wandte sich ebenfalls per Videobotschaft Michaela Schmitt vom Bündnis für Frieden und Demokratie an die neuen Rechten, praktisch jedoch an die einzigen Zuschauer: die Bündnismitglieder, die dieser Aufklärung kaum bedürfen. Ein Betrachter der Veranstaltung hätte sich gewünscht, dass die Videobotschaften dort abgespielt worden wären, wo sich die Adressaten, sprich die Neonazis, versammelten. Der Präsident der Hochschule Koblenz, Kristian Bosselmann-Cyran, verurteilte diese alljährlichen „unsäglichen Aufmärsche“ als Veranstaltungen, die in Hitlers Zeiten dazu geführt hatten, dass Menschen Verbrechern hinterhergehechelt seien. Er zog einen Vergleich zur Corona-Krise. „Es ist Zeit, dass wir uns diszipliniert an der Wissenschaft orientieren. Wir sind es leid“, sagte er.

Von unserer Mitarbeiterin
Judith Schumacher
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