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Koblenz

„Zehn Minuten über Koblenz“ Teil 5: Das Romanticum dürfte bald Geschichte sein

Von Ingo Schneider
Eine multimediale Reise durch das Mittelrheintal bietet das Romanticum im Forum Mittelrhein. Doch die Besucherzahlen blieben seit der Eröffnung weit hinter den Erwartungen zurück. Das Stimmungsbild unter den Parteien vor der Wahl zeigt: Das Romanticum dürfte keine Zukunft mehr haben.  Foto: Hoppen
Eine multimediale Reise durch das Mittelrheintal bietet das Romanticum im Forum Mittelrhein. Doch die Besucherzahlen blieben seit der Eröffnung weit hinter den Erwartungen zurück. Das Stimmungsbild unter den Parteien vor der Wahl zeigt: Das Romanticum dürfte keine Zukunft mehr haben. Foto: Hoppen

Gerade ist sie wieder hochgekocht, die Diskussion um das Romanticum: Neues Konzept oder ein klarer Schnitt? Oberbürgermeister David Langner hatte angekündigt, die Stadt entwickele neben dem Konzept zur Steigerung der Attraktivität parallel Szenarien für etwas ganz Neues. Klar ist: Tun muss sich etwas, denn seit Eröffnung bleibt die Ausstellung im Forum Confluentes weit hinter allen Erwartungen zurück, kostet jedes Jahr viel Geld – und die Besucherzahlen sind auch im vergangenen Jahr weiter zurückgegangen.

Lesezeit: 3 Minuten
Die Entscheidung darüber wird im neuen Stadtrat fallen, der am 26. Mai gewählt wird. Im RZ-Speeddating mit allen zehn Parteien und Gruppierungen, die zur Wahl antreten, sprachen wir über Wirtschaft und Tourismus. Dabei ging es auch um die Zukunft der interaktiven Rheinreise im Forum. Und der Handlungsbedarf ist für alle ...
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Wirtschaft und Tourismus: So will die Politik den Standort Koblenz stärken

Koblenz. Wirtschaft und Tourismus: Das sind zwei Themenfelder, die einander an vielen Stellen beeinflussen, die viel mit den Fragen der Attraktivität eines Standorts zu tun haben. Wie gut behauptet sich Koblenz im Wettbewerb der Regionen? Braucht die Stadt noch mehr Flächen für Gewerbe? Welche Rolle sollte sie bei der Buga 2029 spielen – und nutzt sie ihre touristischen Potenziale? Darüber sprachen wir mit Vertretern aller zehn Parteien und Gruppierungen, die in den Koblenzer Stadtrat einziehen wollen, beim Speeddating in der Seilbahn.

Anne Schumann-Dreyer (CDU) meint: „Der Standort ist sehr gut aufgestellt, aber entwicklungsfähig.“ Der Vorteil der Stadt: Wirtschaft und Wissenschaft stärken sich gegenseitig. Bei der Ansiedelung weiterer Gewerbegebiete müsse man sehr genau schauen, wo das noch geht – und was für Verkehr und Anlieger noch verkraftbar ist. Beim Wochenmarkt will die Union einen neuen Anlauf mit einem neuen Standort – etwa dem Löhrrondell oder Bahnhofplatz. Touristisch nutzt die Stadt ihre Potenziale bereits gut. Wichtig wäre für die CDU aber eine echte Tourist-Info am Bahnhof – und ein Wohnmobilstellplatz. Wein und Genuss sollten Schwerpunkte im Tourismus sein, im Zusammenspiel mit der Region. Und: Die Stadt solle eine aktive Rolle bei der Buga 2029 anpeilen. Denn: „Die Leute kommen sowieso nach Koblenz.“

Marion Lipinski-Naumann (SPD) ist überzeugt, dass in Koblenz die richtigen Investitionen getätigt worden sind. „Es gilt aber, immer weiterzuarbeiten. Wer hier seinen Arbeitsplatz hat, will auch, dass seine Familie sich wohlfühlt.“ Es braucht ein gutes Schulangebot, Kita-Plätze, damit beide Partner arbeiten können. Da gebe es Nachholbedarf. Gibt es den auch bei der Ausweisung neuer Gewerbegebiete? „Wir brauchen die Gewerbesteuer, aber kein Ansiedeln um jeden Preis.“ Beim Tourismus gelte es, eine Balance zu finden: Eine Steigerung etwa des Schiffstourismus' dürfe nicht zulasten der Anwohner stattfinden. Bei der Buga sollte Koblenz eine aktive Rolle spielen, aber nicht die größte. Und: Die Seilbahn müsse dauerhaft erhalten bleiben.

Hans-Peter Ackermann (Grüne): meint ebenfalls: „Der Standort hat in den letzten Jahren sehr prosperiert.“ Die weichen Standortfaktoren seien gut. Aber: „Der Flächenverbrauch war sehr groß.“ Es gelte, intelligente Lösungen zu finden – auf dem Weg zu einem Flächenrecycling. „Wir sollten den Raum nicht weiter verdichten. Die Marktwirtschaft ist nicht in der Lage, Flächen zu vermehren.“ Die touristischen Potenziale nutze die Stadt gut, das zeigen auch die Zahlen. Man stoße zum Teil inzwischen aber auch an Grenzen. Und bei der Buga 2029 werde die Stadt als „Eingangstor“ schon aus praktischen Gründen eine wichtige Rolle spielen müssen – die aber nicht zu dominant ausfallen sollte. Das Rheintal brauche eine Auffrischung. Bei der Buga 2029 sollte aber vor allem die Problematik des Verkehrs angegangen werden.

Stephan Wefelscheid (Freie Wähler) geht es um die Ausweisung von Neubaugebieten – beim Wohnen wie für die Industrie. Gebiete für Ein- und Mehrfamilienhäuser müssen ausgewiesen werden. Und: „Wirtschaft braucht Platz. Wir sind der wichtigste Standort im nördlichen Rheinland-Pfalz.“ Die Diskussion um neue Gewerbegebiete könne man hier nicht so führen wie „auf dem flachen Land“. „Die Chancen liegen für Koblenz im Wachstum.“ Was Wefelscheid im Bereich Tourismus bemängelt: Wer am Bahnhof als Besucher ankommt, findet keinen Anknüpfungspunkt. Und die Zusammenarbeit mit der Region laufe nicht gut – es gebe zu wenig Austausch. Das soll sich etwa bei der Buga 2029 ändern. Bei der Koblenz übrigens eine entscheidende Rolle in der Koordination haben solle. „Weil wir die Erfahrungswerte haben.“

Christian Altmaier (FBG) weiß, wie gut der Standort ist – wie es die Koblenzer insgesamt wissen. „Das muss aber auch nach außen getragen werden.“ In den Gewerbegebieten wird es eng – daher solle man sich auch sehr bewusst machen, was man ansiedeln will. Einen Lkw-Verkehrsplatz im Güterverkehrszentrum sieht Altmaier als vergebene Chance. Beim Tourismus solle man sich ein Beispiel an Tirol nehmen. Dort hatte man den Mut, zusammenzufassen – und jedes Tal profitiert. Koblenz solle mehr auf Qualität setzen, nicht nur auf Quantität. Zielgruppen ansprechen, die hier Geld lassen wollen. Themen sollten Wein und Genuss sein. „Koblenz ist die einzige Großstadt an zwei bedeutenden Weinanbaugebieten.“ Bei der Buga sollten wir ein starker Teil, nicht aber der Dominator sein. Die Musik spiele 2029 an der Loreley.

Sven Schillings (FDP) verortet Koblenz geografisch im Niemandsland zwischen den Metropolregionen Köln/Bonn und Frankfurt/Wiesbaden. „Wenn wir die Buga nicht gehabt hätten, würden uns viele nicht wahrnehmen.“ Koblenz sollte mit der Region mehr gemeinsam arbeiten, auch in der Öffentlichkeitsarbeit. „Wir sind zu sehr auf Koblenz allein fixiert.“ Mehr Bauland brauche es in der Stadt. Für Schillings ist bezeichnend, wie lange schon über das zu erschließende Areal der Fritsch-Kaserne diskutiert wird. Brachliegende Flächen gebe es noch – andererseits immer noch ausriechend Natur. Das Thema Tourismus will Schillings ganzheitlich und geschlossen mit der Region angehen. Etwa bei der Buga 2029. „Wir müssen eine führende Rolle spielen. Wir sind die, die die Erfahrung haben.“

Joachim Paul (AfD) sieht Koblenz als „dynamisches Oberzentrum“. Ja, beim Verkehr läuft es nicht so gut – und neue Gewerbegebiete bringen auch weiteren Verkehr. Aber: „Verkehr ist nicht nur eine Klimasünde.“ Er stehe auch für wirtschaftlichen Aufschwung. Also: Die Stadt muss aus Pauls Sicht Möglichkeiten der Ansiedelung finden. „Wir sind ein Land, das eine starke Wirtschaft braucht, um den Sozialstaat zu finanzieren.“ Für die Bildung muss etwas getan werden. Viel Geld fließt in die Berufsschulen für Digitales, und die AfD will beobachten, wo es investiert wird. Vom „Buga-Kuchen“ muss die Stadt ein großes Stück abbekommen, schließlich zahlt sie in den Topf ein. Zwei Anknüpfungspunkte sieht Paul insgesamt, die touristisch genutzt werden müssen: die Romantik und das preußische Erbe.

Oliver Antpöhler (Die Linke) sieht Stärken des Standorts bei den Hochschulen, will deren Angebot gerne erweitern. Und Jungunternehmer und Start-Ups besser fördern. Die Ausweisung neuer Gewerbegebiete findet Antpöhler schwierig. „Der Weg zur Arbeit sollte so kurz wie möglich sein. Daher sollten Bürogebäude besser in den Innenstädten stehen.“ Gescheitert sei der Wochenmarkt – er brauche einen Platz mit Aufenthaltsqualität, etwa den Münzplatz. Beim Tourismus müssten die Bürger mehr partizipieren. Die Flussufer bieten viele Möglichkeiten. Die Rheinstufen etwa bilden einen guten Treffpunkt. Aber: Es gibt keine Toiletten in der Nähe – ein Problem nicht nur dort. Bei der Buga sollen wir von unseren Erfahrungen profitieren, schauen, was wir noch besser machen können.

Torsten Schupp (Wählergruppe Schupp) will bei der Ausweisung neuer Baugebiete einen vernünftigen Mix finden. „Wir brauchen Flächen für Wohnraum, aber wir brauchen auch Flächen für die Wirtschaft. Wir wollen uns ja weiterentwickeln.“ Das aber bitte mit der Region gemeinsam. Gerade in der IT-Branche solle weiter ausgebaut werden. „Das ist die Zukunft.“ Für große Produktion haben wir nicht die Fläche. Seine touristischen Potenziale nutzt Koblenz aus Schupps Sicht gut. „Die Buga war das Beste, das Koblenz in den letzten 50 Jahren passiert ist.“ Daher sollte die Stadt auch bei der Buga 2029 eine Rolle spielen, nicht nur Anhängsel sein. Die wichtigste Hinterlassenschaft „unserer“ Buga 2011, die Seilbahn, muss aus Schupps Sicht Welterbe werden. Denn: Ein wichtiger Teil des Welterbes werde durch diese erlebbar.

Sebastian Beuth (Die Partei) fordert aus der Sicht des Trinkers für den „Wirtschaftsstandort“ mehr Kneipen und Subkultur. Bekanntlich setzt die Partei auf Satire – wobei die Grenzen nicht immer klar sind. Beuth kündigt wöchentliche Kneipentouren an, fordert den Rückbau des Forums Mittelrhein und die Rodung der Weinberge, um Hopfen anzubauen. Schluss mit dem „Weingehabe“, es gehe um eine eigene Bieridentität. Den Touristen haben die Satiriker als Feind ausgemacht, bezeichnen diesen als „Terrouristen“, eine Wortschöpfung aus Tourist und Terrorist – und schicken ihn via Wahlplakat nach Hause. In die Buga 2029 sollte sich die Stadt im Übrigen nicht schon wieder reindrängen – eine Buga hatten wir schließlich schon.

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