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Koblenz

Im Team durch Himmel und manchmal Hölle: „Christoph 23“-Besatzung fliegt von Einsatz zu Einsatz

Von Volker Schmidt
Wenn der ADAC-Rettungshubschrauber landet, ist oft etwas Schlimmes passiert. Vor allem für die ländlichen Regionen hat der Helikopter einen enormen Wert, denn über den Luftweg können Schwerverletzte in kürzester Zeit in städtische Krankenhäuser gebracht werden.
Wenn der ADAC-Rettungshubschrauber landet, ist oft etwas Schlimmes passiert. Vor allem für die ländlichen Regionen hat der Helikopter einen enormen Wert, denn über den Luftweg können Schwerverletzte in kürzester Zeit in städtische Krankenhäuser gebracht werden. Foto: Volker Schmidt

Wenn Stefan Goldmann den Rotor seines Hubschraubers startet, geht es oft um Leben und Tod. Der Bassenheimer ist einer von drei Piloten des ADAC-Rettungshubschraubers „Christoph 23“, der zum Bundeswehrzentralkrankenhaus (BwZK) in Koblenz gehört.

Lesezeit: 9 Minuten
Für den 49-Jährigen ist es der Traumjob. Dabei erleben er und sein Team dramatische Situationen, die andere nur schwer verkraften könnten. Es ist ein ständiges Arbeiten unter Extrembedingungen. Wie geht die Besatzung mit diesem Druck um? Wie verarbeitet sie schlimme Ereignisse? Wie schafft sie es, immer die nötige Präzision und ...
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Chronologie: So sieht ein Arbeitstag der Crew aus

6.30 Uhr: Von 7 Uhr bis Sonnenuntergang wird der Rettungshubschrauber eingesetzt. Denn die Piloten fliegen auf Sicht. Vor dem ersten Einsatz führt Pilot Stefan Goldmann eine sogenannte Vorflugkontrolle durch. Er untersucht den Hubschrauber, checkt die Wetterverhältnisse, schaut nach, ob bestimmte Krankenhäuser oder Landeplätze gesperrt sind. Danach wird der Helikopter aus dem Hangar gezogen.

Auch am Ende eines harten Arbeitstags können Dirk Weitzel, Christian Goldmann und Stefan Goldmann (von links) noch lächeln.
Auch am Ende eines harten Arbeitstags können Dirk Weitzel, Christian Goldmann und Stefan Goldmann (von links) noch lächeln.
Foto: Volker Schmidt
7 Uhr: Der erste Einsatz:Über die Leitstelle wird „Christoph 23“ zu einem Arbeitsunfall in einer Recyclingfirma in der Nähe des Flughafens Hahn gerufen. Ein Mann ist mit dem Arm in eine Förderschnecke geraten. Der Notarzt ist bei der Ankunft schon da, hat sich um die Erstversorgung gekümmert. Oberfeldarzt Dirk Weitzel untersucht den Mann und verabreicht ihm schmerzstillende Mittel. Danach wird der Patient zur Weiterbehandlung ins Bundeswehrzentralkrankenhaus nach Koblenz gebracht.

8.31 Uhr: Eine ältere Frau aus Gappenach in der Eifel klagt über starke Schmerzen im Bauchbereich. Der Hubschrauber landet auf einem Feld neben den Häusern des Ortes. Notfallsanitäter Christian Goldmann und Oberfeldarzt Weitzel steigen aus und gehen zu der Frau, die bereits in einem Rettungswagen sitzt. Weitzel untersucht die ältere Dame und verabreicht dann Mittel gegen die Schmerzen. Er entscheidet, die Frau ins nahe gelegene Krankenhaus nach Mayen zu fahren. Pilot Stefan Goldmann fliegt den Hubschrauber ohne Besatzung zum Krankenhaus, um das Team dort wieder aufzunehmen.

9.30: Über Funk wird von der Leitstelle ein wohl ohnmächtiges Kleinkind in Polch gemeldet, als der Hubschrauber noch in Mayen steht und gerade die Besatzung aufnimmt. Sofort fliegt der Helikopter los und landet wenige Minuten später in einem Neubaugebiet. Weitzel und Christian Goldmann eilen in das Haus und kümmern sich um das Kind, das nach einer Impfung unter Atemnot leidet. Sie untersuchen die Vitalfunktionen und entscheiden, das Kind mit dem Rettungswagen in die Kinderklinik nach Koblenz zu bringen. Pilot Stefan Goldmann kümmert sich derweil um die verzweifelte Mutter, sorgt dafür, dass sie Beistand hat. Erst nachdem er alles geregelt hat, fliegt er zum Kemperhof, um die Crew aufzunehmen.

10.38: Als die Crew wieder am BwZK ankommt, kommt direkt der nächste Einsatz über Funk: ein schwerer Motorradunfall in der Nähe von Lieg im Hunsrück. Der niederländische Fahrer ist mit 150 km/h aus der Kurve geflogen und auf einem freien Feld gelandet. Er liegt regungslos auf dem Bauch, als der Helikopter eintrifft. Weitzel und Christian Goldmann steigen aus. Der Mann wird aus seinem Anzug geschnitten und untersucht. Stefan Goldmann unterbindet das Filmen an der Unfallstelle. Der Verunglückte wird in den Hubschrauber und dann zum Evangelischen Stift nach Koblenz gebracht. Im Schockraum macht Weitzel die Übergabe an den behandelnden Arzt.

13.26: Der nächste Einsatz führt „Christoph 23“ nach Masburg in der Eifel. Ein Mann klagt über Schmerzen in der Brust. Stefan Goldmann landet den Helikopter auf einem Feld. Wegen der verwirrenden Nummerierung der Häuser fällt es Weitzel und Christian Goldmann schwer, auf Anhieb das Haus zu finden. Als sie ankommen, stellt sich der Fall als weniger dramatisch heraus. Der Rettungswagen, der kurze Zeit später eintrifft, bringt den Senior zur Sicherheit trotzdem ins Krankenhaus. Der Hubschrauber fliegt zurück zum BwZK.

14.50 Uhr: Der nächste Einsatz führt die Crew zu einem Seniorenheim nach Andernach. Eine 90-Jährige hat sich offensichtlich den Oberschenkelhals gebrochen. Stefan Goldmann muss den Hubschrauber in einem schmalen Tal zwischen einer Stromleitung und einem Waldstück auf einer nicht ganz flachen Ebene landen. Die Frau klagt über massive Schmerzen. Nach einer Untersuchung bekommt sie Schmerzmittel, um sie umlagern zu können. Mit dem Rettungswagen wird die Frau ins Krankenhaus nach Andernach gebracht. Stefan Goldmann fliegt hinterher, um die Crew wieder aufzunehmen und zurück zum BwZK zu fliegen.

17.30 Uhr: Weil ein Mann in einem Seniorenheim in Höhr-Grenzhausen leblos am Boden liegt, hebt „Christoph 23“ erneut ab. Als Weitzel und Christian Goldmann im Zimmer des Mannes ankommen, teilt das Pflegepersonal der ebenfalls gerade eingetroffenen Besatzung eines Rettungswagens mit, dass der 93-Jährige in seiner Patientenverfügung festgelegt hat, dass lebensverlängernde Maßnahmen nicht durchgeführt werden sollen. Die Retter brechen ihre Bemühungen ab. Weitzel stellt die vorläufige Todesbescheinigung aus.

18.10 Uhr: Zurück am Hubschrauber, geht es direkt zum nächsten Einsatz in einen Stadtteil von Dierdorf. Eine ältere Dame ist zu Hause gestürzt und nicht mehr ansprechbar, eine Hirnblutung ist nicht unwahrscheinlich. Der Hubschrauber landet auf einer Wiese, die Frau wird vom Rettungswagen zum Helikopter gebracht. Weitzel untersucht die Frau, überlegt erst, eine Intubation durchzuführen, entscheidet sich dann aber für die Atemmaske. Die Patientin wird in den Hubschrauber geladen und zur Weiterbehandlung in die Uniklinik nach Bonn gebracht. Weitzel macht im Schockraum der Klinik die Übergabe. Danach fliegt die Crew zurück ins BwZK nach Koblenz.

19.39 Uhr: Gerade zurückgekommen, folgt der nächste Einsatz. Ein Mann ist bei einem Fußballspiel in Lutzerath in der Eifel auf die Schulter gefallen. Der Hubschrauber landet neben dem Platz. Der Rettungswagen ist schon da. Weitzel und Christian Goldmann steigen zu dem Mann in den Wagen. Der Verletzte bekommt Schmerzmittel und wird über die Straße ins Krankenhaus nach Daun gebracht. Der Hubschrauber fliegt zurück nach Koblenz.

20.22 Uhr: Nach neun Einsätzen, insgesamt 21 Landungen und mehr als vier Stunden reiner Flugzeit endet der ereignisreiche Arbeitstag für Pilot Stefan Goldmann, „Hems“ Christian Goldmann sowie Oberfeldarzt Dirk Weitzel. Der Hubschrauber wird in den Hangar gezogen und noch einmal untersucht. Im Hangar trinken die Männer noch ein alkoholfreies Bier und sprechen über den Tag. Dirk Weitzel und Christian Goldmann übernachten im Sozialtrakt der Station, weil sich die Heimfahrt für sie nicht lohnt, denn am nächsten Tag geht es bei Sonnenaufgang wieder weiter. Stefan Goldmann, der nur ein paar Autominuten vom BwZK entfernt wohnt, fährt nach Hause. Am nächsten Tag geht es um 6.30 Uhr weiter. vos
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