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Mayen/Berlin

Kinder mit Down-Syndrom: Mayener Lebenshilfe wehrt sich gegen generellen Bluttest auf Trisomie 21

Von Thomas Brost
Zwei Mädchen hat zurzeit der Integrative Kindergarten der Lebenshilfe in Mayen, die das Down-Syndrom aufweisen. Beide Kinder sind putzmunter und gesund.  Foto: Thomas Brost
Zwei Mädchen hat zurzeit der Integrative Kindergarten der Lebenshilfe in Mayen, die das Down-Syndrom aufweisen. Beide Kinder sind putzmunter und gesund. Foto: Thomas Brost

Wie tief darf der Mensch in den Prozess der Menschwerdung eingreifen? Aufgeflammt ist kürzlich die Debatte um die frühzeitige Erkennung von Trisomie 21, einer genetischen Veränderung, die bei Down-Syndrom-Kindern zugrunde liegt. Mehr als 100 Bundestagsabgeordnete quer durch alle Fraktionen fordern, dass ethische Fragen bei Bluttests für Schwangere, etwa zur Frage, ob ein Down-Syndrom-Kind im Bauch heranreift, geklärt werden. Die genetische Diagnose mache solche Fortschritte, dass die Frage beantwortet werden müsse, wie mit den Erkenntnissen umgegangen werden soll. Die Mayener Lebenshilfe, in deren Einrichtungen Kinder und Erwachsene mit Down-Syndrom leben und betreut werden, warnt davor, dass die Debatte in eine falsche Richtung läuft.

Lesezeit: 3 Minuten
„Menschen mit Down-Syndrom dürfen nicht etikettiert werden, sie haben den gleichen Lebenswert wie jeder andere Mensch auf der Welt“, sagt Josef Brodam, der Leiter der Lebenshilfe in Mayen. Anfang des neuen Jahres will der Bundestag über das Thema intensiv diskutieren. Hintergrund sind auch Überlegungen, ob die Krankenkassen generell Bluttests auf Trisomie ...
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Bluttests bergen eine Gefahr

Hirten/Mayen. Als „ethisch mehr als nur bedenklich” sieht Cordula Rohde eine generelle Kostenübernahme eines Praena-Testes durch die Krankenkassen an. „Im Grunde wird konkret gefahndet nach Menschen mit Behinderung“, sagt die Mutter des vierjährigen Benedikt, eines Kindes mit Down-Syndrom. Die Diskussion drehe sich eben viel um die Menschen, die mit den besonderen Bedingungen einer Trisomie 21 leben, weil es wohl die bekannteste Gruppe ist, sagt Rohde, die sich für Down-Syndrom-Kinder engagiert.

Mit dem Test als Regelleistung werde – davon ist sie überzeugt – „einer Selektion Tür und Tor geöffnet“. Werdende Eltern würden verunsichert, die Gesellschaft baue wohl einen hohen Druck den Eltern gegenüber auf, die keinen Test machen. Und gegenüber denjenigen, die sich eines trotz positiven Ergebnisses gegen einen Abbruch wenden. „Die Vorstellung ist mehr als gruselig“, betont Rohde. Ihr Sohn Benedikt wächst wie jeder andere Junge auf dem Land auf – er probiert putzmunter im elterlichen Zuhause vieles aus zwischen Hühnern, Schafen und Traktor, spielt und agiert gut integriert mit den Kindern im Kindergarten Weiler. Rohde, von Haus aus Diplom-Sozialpädagogin, fürchtet, dass es nicht absehbar sein könnte, wie weit sich die Testlandschaft in puncto Früherkennung entwickelt. „Und inwieweit wir uns hin zum Designerkind bewegen.“ Ebenso wenig dürfe sich das gesellschaftliche Denken so entwickeln, dass es selbstverständlich, ja verpflichtend sei, Schwangerschaften mit behinderten Kindern abzubrechen, ganz besonders nicht in Deutschland. Im Gegenteil: Hierzulande gebe es gute Ansätze. Rohde: „Endlich entwickeln wir auch bei uns positives, ressourcenorientiertes Denken und Handeln im Umgang mit Behinderung und beginnen Inklusion umzusetzen.

Falls im Feinultraschall Verdachtsanzeichen ergäben, müssten Frauen freilich die Möglichkeit besitzen, einen Test machen zu lassen. Die dafür notwendigen Richtlinien sollten durch eine Ethik-Kommission und Ärzten geklärt werden, nicht von den Kassen, nicht von der Pharmaindustrie, nicht von der Politik. bro

Cordula Rohde ist auch Ansprechpartnerin einer Gruppe von Eltern aus der Region Mayen/Rhein. Ferner gibt es die Möglichkeit, sich unter www.ohrenkuss.de mit einer Gruppe von Erwachsenen mit Down-Syndrom in Bonn in Verbindung zu setzen.

Lexikon

Bei einem Down-Syndrom haben Menschen in jeder Zelle ein Chromosom mehr als üblich. Das Chromosom 21 ist dreifach vorhanden, daher auch die Bezeichnung Trisomie 21. Folgen sind körperliche Auffälligkeiten sowie eine verlangsamte motorische, geistige und sprachliche Entwicklung.

Die Ausprägungen sind aber sehr unterschiedlich. Seit 2012 werden Schwangeren vorgeburtliche Bluttests angeboten, die unter anderem das Down-Syndrom nachweisen können. Zuvor hatte sich dies nur mit einer riskanteren Fruchtwasseruntersuchung abschätzen lassen.
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