Samoëns: Viel mehr als Wandern und Wedeln

Von Katrin Maue-Klaeser

Hauptsaison von Dezember bis Februar? Wer auf dem E-Fatbike die Wanderwege und schmalen Steige rund um Samoëns hinauf- und hinuntertritt, der mag das kaum glauben. Doch tatsächlich ist der kleine Ort in den französischen Alpen, der weitaus näher an Genf als an jeder größeren französischen Stadt liegt, bislang vor allem bekannt als Wintersportort. Die Sommersaison dort entspricht den französischen Sommerferien: Juli bis September. Neben Franzosen stellen Niederländer und Südamerikaner viele Gäste, Deutsche sind hingegen seltener darunter.

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Das soll sich ändern: Sportliches Treiben und Naturerlebnis jenseits von Wanderschuh und Kneippbecken finden mehr und mehr begeisterte Anhänger auch aus Deutschland, die in der körperlichen und geistigen Auseinandersetzung mit den Reizen und Herausforderungen des Grand Massif im Süden sowie des Hausbergs Criou und der Dents Blanches („Weißen Zähne“) im Nordosten die Savoyer Alpen neu entdecken. Wobei das Tal des Giffre, in dem Samoëns auf gerade einmal 710 Metern über dem Meeresspiegel liegt, auch angenehm steigungsarme Spazier- und Radwege bietet. Französisch oder Englisch sollten Besucher allerdings beherrschen, denn Deutsch wird (noch) kaum gesprochen.

Ein besonders beeindruckendes Ziel lässt sich mit dem E-Fatbike bequem erreichen: Am Cirque du Fer-à-Cheval, einem hufeisenförmigen Massiv im Osten Frankreichs, das der Nachbargemeinde von Samoëns Sixt-Fer-à-Cheval ihren Namen gegeben hat, stürzen zahlreiche Wasserfälle hinab und ergießen sich in den Giffre.
Ein besonders beeindruckendes Ziel lässt sich mit dem E-Fatbike bequem erreichen: Am Cirque du Fer-à-Cheval, einem hufeisenförmigen Massiv im Osten Frankreichs, das der Nachbargemeinde von Samoëns Sixt-Fer-à-Cheval ihren Namen gegeben hat, stürzen zahlreiche Wasserfälle hinab und ergießen sich in den Giffre.
Foto: Katrin Maue-Klaeser

Die hat Thomas nicht im Blick, wenn er mit einer Touristengruppe auf E-Fatbikes losradelt. Die geländegängigen Drahtesel mit extrabreiten Reifen für mehr Grip und Balance sehen stark aus und machen Riesenspaß. Der wird durch die Motorunterstützung auch von ansehnlichen Steigungen nicht getrübt: Je nach persönlicher Kondition kann der Fahrer den Elektromotor in mehreren Stufen zuschalten. Die größte Herausforderung mentaler Natur sind da stark abschüssige Schottertrassen – doch dank der Breitreifen lassen sich auch diese mit etwas Überwindung bewältigen. Wie Thomas anspornt: „Einfach rollen lassen!“ Und mit dem Po im Sattel bleiben, damit das Gewicht hinten liegt.

Eine ungleich ruhigere Art, die Landschaft, die frische Bergluft und die Natur mit allen Sinnen zu erleben, bietet der Sensorik-Lauf mit Claire. Sie verbindet nach Art des „Afghan Walk“ bewusste Atemlenkung und meditative Impulse, dazu leichte Dehn- und Gleichgewichtsübungen aus dem Yoga zu einem ganzheitlichen Natur- und Bewegungserlebnis.

Bodenhaftung vermittelt Claire, im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Tief atmend steuert der Teilnehmer seine Schritte und seine Aufmerksamkeit in ein und dieselbe Richtung, Etappen des Weges werden schweigend zurückgelegt. „Das fällt manchen Teilnehmern anfangs schwer, gerade Kindern. Aber es ist gut für die Konzentration“, erklärt Claire.

Am Wegesrand werden essbare Kräuter, Knospen und Früchte gesammelt. Auf einer ebenen Lichtung fordert sie die Teilnehmer auf, sich gegenseitig rückwärts zu schieben, um ihre Standhaftigkeit zu stärken. Im Unterholz werden einem Wanderer die Augen verbunden, während der andere ihn an einem Zweig über Stock und Stein führt, indem er die Beschaffenheit des Untergrunds, Hindernisse und Richtungswechsel mit Worten beschreibt. Eine intensive Erfahrung, die die Wahrnehmung noch schärft und intensiviert.

Wer mit Achim Achilles glaubt, Nordic Walking sei etwas für Weichlinge auf dem Weg zurück zum Vierfüßer, den belehrt Hervé eines Besseren. Gibt der Walking- und Wandercoach anfangs Fortgeschrittenen wie Anfängern noch viele Hinweise zur Technik und gestaltet die Bewegung sehr moderat, zieht er das Tempo auf der Strecke ordentlich an.

Da bekommt der Begriff kardiovaskuläres Ganzkörpertraining eine ganz neue Bedeutung. Und jede Pause, in der die umliegenden Gipfel betrachtet oder die mutigen Gruppen, die sich beim Rafting oder Canyoning immer wieder in den Fluss Giffre stürzen, bewundert werden, ist hochwillkommen.

Seit 34 Jahren ist Christian Chefgärtner im Botanischen Garten von Samoëns. Die zahllosen Höhenmeter zwischen dem Eingang und dem höchsten Punkt des Parks, den ein kleines Amphitheater markiert, steigt der Pflanzenfreund nahezu unbemerkt hinauf: Zu beschäftigt ist er damit, rechts und links, in den Wipfeln der Baumriesen und am Boden zwischen den Steinen die vielfältigen Wunder der alpinen Flora aus aller Welt zu entdecken. Christian weiß zu jedem Pflänzchen etwas zu erzählen und zeigt voller Enthusiasmus die Sämereien, die er gesammelt hat, um sie anderen Botanischen Gärten zuzuschicken, oder die er selbst aus aller Herren Länder von Kollegen erhält, um den eigenen Park um eine weitere Art zu bereichern.

Informationen im Internet unter ete.samoens.com

Von unserer Redakteurin Katrin Maue-Klaeser