Instagrammer und Tourismus: Freude am perfekten Reisefoto

Von Michael Defrancesco
Wenn Instagrammer verreisen – zum Beispiel nach Düsseldorf –, dann zeigen sie mit zahlreichen Fotos ihren Followern eindrückliche Ecken und die angesagtesten Lokale. Unser Beispiel zeigt, dass die Fotos eine Mischung aus spontanen Schnappschüssen und inszenierten Fotos sind. Wichtig ist Instagrammern aber, dass jedes Bild vor dem Hochladen überprüft wird, ob es den eigenen Qualitätsansprüchen genügt.
Wenn Instagrammer verreisen – zum Beispiel nach Düsseldorf –, dann zeigen sie mit zahlreichen Fotos ihren Followern eindrückliche Ecken und die angesagtesten Lokale. Unser Beispiel zeigt, dass die Fotos eine Mischung aus spontanen Schnappschüssen und inszenierten Fotos sind. Wichtig ist Instagrammern aber, dass jedes Bild vor dem Hochladen überprüft wird, ob es den eigenen Qualitätsansprüchen genügt. Foto: Marie Brockers/Michael Defrancesco

Fotos von schönen Reisen haben wir immer schon gemacht: Lächeln am Strand, die „Ich hab es geschafft“-Pose am Gipfelkreuz. Warum also sind derzeit vor allen Dingen die jungen Leute, die Millennials, so verrückt danach, Fotos von sich und der zauberhaften Umgebung zu machen, in der sie urlauben? Ganz einfach: Früher haben wir unsere Urlaubsfotos nur im Familien- und Freundeskreis herumgezeigt und versucht, uns gegenseitig mit der schönsten Urlaubsanekdote zu übertrumpfen. Heute laden die jungen Leute ihre Fotos auf der Fotoplattform Instagram im Internet hoch – und zeigen sie damit Hunderten, manchmal Tausenden von Menschen, die dann emsig die Fotos mit Herzchen markieren und meist liebevolle und lobende Kommentare dazu schreiben.

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Längst haben auch die Touristiker erkannt, welches Potenzial sich dahinter verbirgt. Denn wenn erfolgreiche Instagrammer lustmachende Fotos von Urlaubsorten veröffentlichen, können sie damit das Image eines ganzen Reiseziels aufbessern – gerade bei der jungen Zielgruppe, die auch das nötige Kleingeld zum Verreisen hat. „Instagrammer sind sehr wichtig für uns“, sagt Katharina Schlicht von der Düsseldorf Tourismus. Deshalb hat man in Düsseldorf nicht nur einen eigenen Flyer aufgelegt, der die „most instagrammable places“ – also die Orte, die sich für schöne Instagram-Fotos am besten eignen – auflistet, sondern es werden regelmäßig Stadtführungen veranstaltet, bei denen sich Instagrammer anmelden können. Dabei wechseln die inhaltlichen Schwerpunkte, mal werden trendige Cafés besucht, mal werden die schönsten Graffiti der Stadt erwandert.

„Wir monitoren das Ganze hinterher“, sagt Katharina Schlicht. Man analysiert, wie viele Likes – also „Herzchen“ – die Fotos bekommen, und man liest die Kommentare unter den Fotos. So können die Düsseldorfer Touristiker zum Beispiel erkennen, dass die Millennials „DUS“ inzwischen richtig cool finden. Und wenn eine Stadt als hip und chic gilt, dann ist es logischerweise nur eine Frage der Zeit, bis die jungen Erwachsenen dort auch vermehrt zum Wochenendtrip aufkreuzen – und damit das heiß ersehnte Geld am Ort lassen.

Doch nicht nur die professionellen Instagrammer spielen eine Rolle. Viele junge Erwachsene haben einfach Spaß daran, sich von schönen Orten inspirieren zu lassen und ihre Fotos dann zu teilen – zum Beispiel unsere Mitarbeiterin Marie Brockers. Sie beobachtet die Branche der Profis schon seit Längerem und weiß, was ein Instagrammer braucht. „Teils werden gelungene spontan entstandene Schnappschüsse veröffentlicht“, sagt sie. Aber viele Bilder sind inszeniert, um eine gewisse Stimmung zu erzeugen. „Die Belichtung ist dabei das A und O für ein gutes Bild“, sagt Marie Brockers. Wenn sie sich die Fotos auf der Plattform ansieht, erkennt sie das Prinzip: Aufgesucht werden lichtdurchflutete Cafés oder eine ansprechende Hauswand.

Der natürliche Feind des Instagrammers seien touristisch überlaufene Orte, sagt sie. „Wenn an einem Ort viele Touristen ein Foto machen möchten, kann man nicht in Ruhe überlegen, wie das Licht ideal fällt und wo man sich am besten hinstellt.“ Und dann wird das Foto nichts. Hektik mag der Instagrammer also nicht. „Und man will auch nicht viele andere Menschen mit im Bild haben.“

Bei der Auswahl des perfekten Ortes helfen die Touristiker inzwischen nach. Manchmal machen sie das ganz offensiv, wie zum Beispiel in Dubai. Dort prangt ein riesiges „I love Dubai“-Logo – das natürlich nachts auch leuchtet – in der Nähe der Dubai-Mall. Kein Instagrammer kann an diesem Wahrzeichen vorbeigehen – alle fotografieren es, posten es und verbreiten die Werbebotschaft gleich inklusive mit. Aber manchmal ist man auch ganz subtil unterwegs und schafft schöne Ecken, die den normalen Touristen erfreuen, die aber den Instagrammer sofort dazu bringen, das Smartphone zu zücken.

Alles, was einzigartig und individuell ist, reizt dabei. So gibt es in Düsseldorf beispielsweise das Henri-Hotel, das ganz im Stil der 70er-Jahre eingerichtet wurde. Der normale Hotelgast mag sich dort einfach wohlfühlen – der Instagrammer bricht hingegen in pures Entzücken aus: In seinem Zimmer findet er ein rotes Wählscheibentelefon – ein ideales Accessoire, mit dem man spielen kann und das sofort fotografiert und gepostet wird. Oder die Aufmachung des Duschgels in der Dusche: Auf der Tube sind neben dem Hotelnamen Liedtitel aufgedruckt, die man unter der Dusche singen soll. Eine großartige Idee – die umgehend fotografiert wird und im Internet landet. „Als wir all das eingerichtet haben, hatten wir gar nicht auf dem Schirm, dass die Instagrammer das toll finden würden“, gibt Hotelmanagerin Sabrina Seibold lachend zu. Umso mehr ist man jetzt erfreut, dass diese Details bei den Trendsettern ankommen, gepostet werden und eine schöne kostenlose Werbung darstellen.

Früher schon wollten die Einheimischen den Gästen unter die Arme greifen: Da nannte man einen Platz „Zur schönen Aussicht“ oder „Großglocknerblick“ – und schon wusste der Tourist, dass es sich hier lohnen würde, ein Foto zu machen. Doch was ist ein Foto fürs heimische Album, das nie das „Licht der weiten Welt“ erblickt, im Vergleich zu einem Foto, das im Internet gepostet und tausendfach angeschaut wurde! „Wir haben zu Weihnachten deshalb eine eigene Hashtag-Wand aufgestellt“, sagt Katharina Schlicht von der Düsseldorf Tourismus. Mehr war nicht nötig: Die Menschen kamen in Scharen, stellten sich davor, fotografierten sich und posteten das Foto – natürlich unter dem angezeigten Hashtag – im Internet. Nach und nach entwickelten sich in Düsseldorf ganze Gegenden, die inzwischen von den jungen Leuten hochgepriesen werden. Das Lorettoviertel beispielsweise. Traumhaft schöne Hausfassaden laden zum Fotografieren ein (siehe in unserer Fotocombo das Foto in der unteren Reihe ganz links), und zahlreiche trendige Restaurants und Cafés haben sich dort angesiedelt. Oder die Kiefernstraße: Die Graffiti an den Hauswänden begeistern alle Fotografen. Nicht zu vergessen natürlich die Kö oder der Medienhafen.

Auch andere Städte haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Bonn zum Beispiel. Die Heerstraße in der Bonner Altstadt ist dank Instagram inzwischen sogar in Asien bekannt: Der Grund ist die Kirschblüte. Die gibt es zwar auch in anderen Städten, aber selten sind die Blüten so romantisch bis kitschig arrangiert wie in der Bonner Altstadt. Auf dem Höhepunkt, der sehr vom Wetter abhängt, wähnt man sich unter einem rosa Himmel, der sich zwischen den dicht gedrängten Häusern aufspannt.

Die „Instagrammability“ – also die Fähigkeit eines Ortes, auf Instagram gut auszusehen – gilt im Tourismus mittlerweile als harte Währung. Eine Studie des Ferienhaus-Versicherers Schofields Insurance ergab 2017, dass 40 Prozent der 18- bis 33-Jährigen ihre Reiseziele nach deren Instagrammability aussuchen. So sind manche Gegenden zu wahren Wallfahrtsorten geworden, etwa der Felsvorsprung Trolltunga in Norwegen.

Auch der Eifelort Monschau mit seinen Fachwerkhäusern profitierte von Instagram: Unter dem Hashtag #monschau findet man auf Instagram mehr als 50.000 Einträge. „Bekannte Instagrammer waren dort, und ihre Fans reisen ihnen hinterher“, erklärt Julie Sengelhoff von Tourismus NRW.

Wichtig fürs Glück des Instagrammers ist aber auch der Moment, einzigartige Bilder zu schießen und nicht genau das zu wiederholen, was vor einem schon Tausende fotografiert haben, sagt Marie Brockers. Man will Alleinstellungsmerkmale, das Besondere fotografieren, den noch unentdeckten Geheimtipp finden.

Gerade bei beliebten Fotoorten kann das eine ganz schöne Herausforderung sein. Unter dem Hashtag #kölnerdom findet man bei Instagram mehr als 320.000 Fotos – die meisten fotografieren frontal von der Domplatte aus. Wer sich davon abheben will, muss kreativ sein. Tipp: Am Haupteingang findet sich die Figur von Papst Franziskus – wer sucht, der findet, und der hat das etwas andere Foto des Kölner Wahrzeichens in seinem Feed. Gleiches gilt fürs Brandenburger Tor. Unter dem Hashtag #brandenburgertor finden sich mehr als 450.000 Beiträge – und die meisten fotografieren vom Pariser Platz aus.

Letztendlich schafft die Verbindung zwischen eigener Persönlichkeit und kreativem Fotogestalten die Nähe zwischen Influencer und Follower. Und zum Glück gibt es da draußen ja noch viele Geheimtipps zu entdecken.

Von unserem Reisechef Michael Defrancesco

Tipps für Reisende und Instagrammer

Düsseldorf hat für Instagrammer und alle, die schöne Fotos machen wollen, eine Liste der besonders fotogenen Orte zusammengestellt. Die Kiefernstraße beispielsweise lockt mit ihren knatschbunten Graffiti die Touristen an. Auch der Medienhafen bietet zahlreiche Möglichkeiten für Fotostopps. Schloss Benrath begeistert jeden, der durch eine Kameralinse schaut, und natürlich bietet auch die Kö viele Gelegenheiten, die Kamera zu zücken.

Weitere Tipps finden sich unter:

https://www.timeout.com/ dusseldorf/things-to-do/most-instagrammable-places-in-dusseldorf

Zahlreiche Sehenswürdigen haben auch eine eigene Instagram-Seite bekommen. Eine Übersicht findet sich hier: https://the-rocket-scientists.de/picturedus/

Die Reise wurde unterstützt von Düsseldorf Tourismus und Henri Hotels.

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