Total föhr-rückt – Die nordfriesische Insel hält auch für Kulturliebhaber viel bereit
Von Frühling bis Herbst laden John und Katja Touristen auf ihre „Labor Sanitas“. Erkundungsfahrten durchs Wattenmeer gibt es. Aber die wahren Kenner kommen dann an Bord, wenn auch die beiden Föhrer Theaterleute Michael Steuer und Torsten Tews mitsegeln. „MeeresLauschen“ heißt der Literaturtörn, ein Abend voller Seglermagie.
Zuerst einmal müssen sie alle mit anpacken, die Landratten wie die Theaterleute. So ein Segel hisst sich nicht von allein! Katja passt auf, während die Herren kurbeln, an Tauen herumziehen, sich an Knoten versuchen. Natürlich scheitert jeder, natürlich kann keiner der Landratten segeln – aber das macht nichts, denn es macht Spaß. Katja bügelt mit zwei Handgriffen alles aus, was die Landratten versemmeln, und ihr Ehemann John ist am Ruder ohnehin durch nichts zu erschüttern. Ihren Lebenstraum haben sich die beiden mit dem alten Segler erfüllt, in den Niederlanden haben sie ihn gesehen, sich in ihn verliebt, ihn gekauft, nach Föhr gebracht und hergerichtet. John kann zimmern und segeln, Katja kann segeln und gut mit Menschen – passt also.
Michael Steuer und Torsten Tews können gut mit Worten. Gegen den Sonnenuntergang im Wattenmeer haben die beiden keine Chance, das wissen sie. Also lassen sie die Landratten an Deck die Natur genießen, ihre Fotos schießen, ihre Freude mit Wein begießen. Alles klar zur Wende? Ahoi, Skipper, natürlich!
Und wenn auch nach der Wende keiner der Landratten über Bord gegangen ist, dann können sie die Hühnerleiter nach unten in die Kombüse klettern, sich im Schiffsbauch aneinander anschmiegen, das Weinglas auffüllen und den Geschichten der Theaterleute lauschen. Die von verfluchten Seglern und gigantischen Stürmen erzählen, während über den Landratten die Nacht heraufkriecht und die „Labor Sanitas“ sanft durchs Wattenmeer schaukelt. Ein magischer Abend. Eine magische Nacht. Viel zu schnell sind die gut vier Stunden vorbei.
Am nächsten Tag soll es stürmisch werden, das hat John den Landratten noch nachgerufen, als sie des Nachts wieder an Land geklettert sind. Doch das stört keinen großen Geist – denn Kulturfreunde finden auf Föhr ihr Glück nicht nur an Bord des Literaturseglers.
Christiane Morsbach empfängt die Gäste mit einem fröhlichen „Moin“ im Museum Kunst der Westküste. Im Dörfchen Alkersum liegt es, und die Begrüßung zeigt, wie sehr sich Christiane Morsbach bereits als Einheimische fühlt. Eigentlich täte ihr auch ein herzliches „Guude“ gut zu Gesicht stehen, denn viele Jahre hat sie in Koblenz im Ludwig- und Mittelrhein-Museum gearbeitet. Jetzt fühlt sie sich auf der nordfriesischen Insel heimisch und kümmert sich darum, dass die Touristen den Weg in ihr Inselmuseum finden.
Drei bis vier Ausstellungen laufen stets parallel, ständig wird gewechselt – das Museum, das 2009 gebaut wurde, hat sich längst zum Anziehungspunkt für Kunstliebhaber gemausert. Denn gezeigt wird Hochwertiges. In diesem Jahr sind das die Malereien von Fritz Overbeck und Hermine Overbeck-Rohte, die auf Sylt und Föhr entstanden – traumhaft schöne Inselbilder mit kräftigem Pinselstrich, die Farbe angereichert mit echtem Strandsand. Auch die Bilder der Künstlerkolonie von Skagen in Dänemark begeistern und nicht zuletzt auch die Hamburger Fotografien von Herbert Dombrowski.
Kunst vom 19. bis zum 21. Jahrhundert, Malerei und Fotografie, Videoinstallationen – ständig wechselt das Programm des Museums. Verbindend bleibt, dass sich die Künstler mit der Westküste und dem hohen Norden Deutschlands beschäftigen.
Ob es wirklich stürmisch war, vermag der Reisende am Abend gar nicht zu sagen. Er weiß nur noch, dass auf den Overbeck'schen Gemälden schönstes Wetter war.