Mosel

Moselsteig: Einer der schönsten Wanderwege in Europa

Die Mosel legt sich den Wanderern am Moselsteig in schöner Regelmäßigkeit zu Füßen – auch im Laufschritt lässt sich die neue Wanderroute mit allen Sinnen erleben. Foto: Jens Weber
Die Mosel legt sich den Wanderern am Moselsteig in schöner Regelmäßigkeit zu Füßen – auch im Laufschritt lässt sich die neue Wanderroute mit allen Sinnen erleben. Foto: Jens Weber

Der 365 Kilometer lange Moselsteig zwischen Perl und Koblenz gehört zu den sechs schönsten Wanderwegen in Europa. 24 unterschiedlich anspruchsvolle Etappen führen durch Wald und Weinberge, am Moselufer vorbei und über Hangkanten. Unser Redakteur Volker Boch hat einen Teil der Strecke getestet – im Laufschritt. Ein Erlebnisbericht.

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Felix war sicher ein guter Mönch – und wahrscheinlich auch ein recht glücklicher. Wo heute hoch über Niederfell an der Mosel die Mönch-Felix-Hütte steht, soll sich der Geistliche einst niedergelassen haben, im Jahr 70 nach Christus. Er soll, so die sagenhafte Erinnerung weiter, nach 40-jähriger Pilgerschaft überaus erschöpft gewesen sein, als er sich an dieser Stätte niedergelassen hat. Heute würdigt der neue Moselsteig den frommen Mann aus vergangenen Zeiten.

Müde Beine und neue Kräfte

Es muss allerdings keine vier Jahrzehnte andauernde Wanderschaft sein, um an diesem Ort hoch über Niederfell einerseits müde und andererseits emotional erfrischt anzukommen. Ermattet sind die Beine, Muskeln und Gelenke der beiden Läufer Ewald und Volker, die hier oben an der Mönch-Felix-Hütte eine Pause bei ihrem Lauf über die 22. Etappe des Moselsteigs einlegen. Gleichzeitig verleiht ihnen der imposante Ausblick ins Tal der Untermosel und weit hinauf auf die Höhen der Eifel bis hin zur Hohen Acht neue Kräfte und Begeisterung.

Natalie Stors aus Trier nahm mit Freundinnen an der Moselsteig-Eröffnungswanderung teil. Die 26-Jährige sagt: „Wir wollten mal gucken, was der Moselsteig so kann. Der Anfang war steil, hat mir aber gut gefallen.“

Armand Ducornet (links), Vizepräsident der Europäischen Wandervereinigung, übergibt in Bernkastel-Kues eine Urkunde an Landrat Gregor Eibes, den Aufsichtsratsvorsitzenden der Mosellandtouristik. Sie bescheinigt, dass der neue Moselsteig die Kriterien eines „Leading Quality Trail – Best of Europe“ erfüllt, als sechster und längster Weg in Europa. Rechts die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke.

Markus Thiesen aus Zeltingen-Rachtig wanderte nach Eröffnung des Moselsteigs ebenfalls mit. Der 38-Jährige sagt: „Die Mosel ist einfach eine schöne Gegend, und es macht Spaß, sich sportlich zu betätigen.“

Armand Ducornet (links), Vizepräsident der Europäischen Wandervereinigung, übergibt in Bernkastel-Kues eine Urkunde an Landrat Gregor Eibes, den Aufsichtsratsvorsitzenden der Mosellandtouristik. Sie bescheinigt, dass der neue Moselsteig die Kriterien eines „Leading Quality Trail – Best of Europe“ erfüllt, als sechster und längster Weg in Europa. Rechts die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke.

Thomas Kneib aus Erden wanderte ebenfalls mit nach Zeltingen-Rachtig. Der 42-Jährige sagt: „Mir gefällt, dass es an der Mosel nun solch einen schönen Weg gibt, auf dem man alle Flecken erkunden kann.“

Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke mit dem Chef der Grünen im Kreis Bernkastel-Wittlich, Uwe Andretta.

Landrat Gregor Eibes (Bernkastel-Wittlich) lässt sich nicht lange bitten und fotografiert diese jungen und fröhlichen Wandersleute auf dem Moselsteig.

Landrat Gregor Eibes (Bernkastel-Wittlich) lässt sich nicht lange bitten und fotografiert diese jungen und fröhlichen Wandersleute auf dem Moselsteig.

Auf dem Papier wirkt die Strecke erst einmal nicht wahnsinnig spektakulär: Etappe 22 des Moselsteigs führt von Löf nach Kobern-Gondorf. Der Abschnitt ist gut 14 Kilometer lang und wird für Wanderer auf gut viereinhalb Stunden taxiert. Wer sich tiefer in die Streckenbeschreibung hineinliest, findet rasch ein paar hübsch-hässliche Tücken dieser Tagestour, die als „schwer“ beschrieben wird: 550 Höhenmeter verteilen sich auf dem Abschnitt zwischen der Moselbrücke in Löf und dem Bahnhof in Kobern-Gondorf. Drei satte Moselanstiege entfalten sich in Waden und Oberschenkeln, und genauso geht es stramm immer wieder hinab ins Tal. Die 22. von 24 Etappen des 365 Kilometer langen Moselsteigs ist angesichts ihres Höhenprofils eine kleine Herausforderung, vor allem ist es aber ein Privileg, auf diesen Pfaden laufen zu dürfen.

Innehalten am Wegesrand

Es ist nicht nur Mönch Felix, der diesem Ausflug an die Mosel eindrückliche religiöse Weihen verleiht. Dass die Strecke an der Pfarrkirche St. Luzia in Löf beginnt, ist nur der Beginn eines Weges, der Wanderer wie Läufer immer wieder innehalten und besinnen lässt. Mit der Mosel im Rücken, geht es zunächst an Weinbergen vorbei hinauf zur Burg Thurant, die mächtig über Alken thront. Ab Mitte des 13. Jahrhunderts befand sich die Thurant als Doppelburg im gemeinsamen Besitz der Erzbistümer Köln und Trier. Nicht nur diese Historie wirft einen beeindruckenden Schatten, sondern auch die Sonne, die mit ihrem Farbenspiel die Weinberge leuchten lässt.

Die Silhouetten der beiden Läufer verschwinden unterhalb der Thurant im Tal, das einst die Kelten besiedelt haben. Dass der Moselsteig am jahrhundertealten Ehrenfriedhof der Alten St. Michaelskirche nach Alken hineinführt, ist ein Beleg für die kulturlandschaftlich tadellose Wegführung des neuen Panorama-Wanderwegs. Vorbei geht es am Gebeinhaus der erstmals 1015 erwähnten Kirche und bald entlang des jahrhundertealten und liebevoll restaurierten Kreuzwegs durch die kraxelnd steile Weinlage Bleidenberg hinauf auf das gleichnamige Plateau.

Dreifaltigkeitskirche auf dem Bleidenberg

Es ist ein geradezu magisches Erlebnis, hier oben anzukommen, den steilen Weg im Nacken zu haben und an einem der vielen faszinierenden Plätze des Moselsteigs zu sein: die Dreifaltigkeitskirche auf dem Bleidenberg gehört zu den beeindruckendsten Wallfahrtsorten, die Wanderer auf dem Moselsteig zwischen Perl an der deutsch-französisch-luxemburgischen Grenze bis zur Moselmündung am Deutschen Eck in Koblenz überhaupt erleben dürfen. Hoch über dem Auto-, Bahn- und Schifffahrtsverkehr an der Mosel gipfelt die moderne Art von Fortbewegung auf dem Moselsteig in einem Mix aus Sport, emotionalem Erlebnis, historischer Erinnerung und kulturlandschaftlicher Erfahrung. Kelten, Römer und heute wir wandeln allesamt auf den gleichen, immer wieder eindrucksvollen Pfaden, die mal auf dem schmalen Moselkamm dahinführen, mal ins Tal hinabpreschen und dann wieder oben auf der Höhe Abstecher in die Hochwälder und über die Felder machen.

„Diese aufblühende Jahreszeit ist kaum zu überbieten“, versichern sich die beiden Läufer an diesem Frühlingstag voller Begeisterung. In den Alpen und Mittelgebirgen haben sie schon so manche schöne Route gesehen, aber dieser Ausflug ist etwas Besonderes: Der Raps steht knallgelb im Saft, Obstbäume blühen, Blüten sprießen, die Knospen der Weinreben entwickeln sich – und das Sportlerherz strahlt unter blauem Himmel. Dass dazu Vögel trällern, lässt fast Sorgen aufkommen, dass gleich noch Rosamunde Pilcher ums Eck biegt.

Romantik und Schweiß

Es geht und läuft sich romantisch auf dem Moselsteig, aber eben nicht nur. Der Schweiß fließt selbst an weniger sonnigen Tagen, rau geht es den Berg hinauf und hinab, sodass der Wanderer froh ist, immer wieder Kapellen und Aussichtspunkte mit Sitzbänken zu finden, auf denen er unter dem Vorwand des beeindruckenden Panoramas einfach mal durchschnaufen kann. „So langsam wird's Zeit anzukommen“, denken die Läufer, deren Beine langsam müde werden. An der Mönch-Felix-Hütte schauen sie noch einmal begeistert über das blühende Maifeld, unten im Tal ist die Moselbrücke von Kobern-Gondorf zu sehen. Dort liegt ganz am Bahnhof das Finale der 22. Etappe. Theoretisch könnten die beiden noch 29 Kilometer weiter bis zum Deutschen Eck in Koblenz laufen und bei Winningen eine der schönsten und zugleich schroffsten Weinberge Deutschlands erleben. Aber für heute genügt's: Bergan zwicken die Beine, bergab drücken die Gelenke.

Wunderschön und immer auf und ab führt der Moselsteig über insgesamt rund 11.500 Höhenmeter bis Koblenz. Dass sich Mönch Felix einst an der schönen Untermosel niederließ, hatte sicher nicht nur etwas mit seiner Müdigkeit zu tun.