Mit dem Wind durchs Ägäische Meer: Auf der Royal Clipper von Istanbul nach Athen (mit Videos & Fotos)

Unter weißen Segeln die Türkei und Griechenland erkunden – das geht auf dem Fünfmaster Royal Clipper. Wir nehmen Sie mit auf die Reise von Istanbul nach Athen!

Lesezeit: 9 Minuten
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Von unserer Redakteurin 
Jennifer de Luca

Kurz bevor die Passagiere das Schiff im Hafen von Piräus über die Gangway verlassen, verabschieden sie sich nicht nur voneinander. Teils fallen sie sogar der Crew um den Hals, als wäre der Abschied für immer. Ist er aber nur in wenigen Fällen. Da sind der quirlige und stets zuvorkommende Barkeeper Manolito, der fleißige Rigger Oscar, dem man beim Flicken der Segel immer gern helfen darf, oder der jederzeit zu einem Plausch aufgelegte Kapitän Brunon Borowka – das familiäre Flair an Bord gehört zur Philosophie der Reederei Star Clippers. 60 Prozent der Passagiere an Bord der drei Segelschiffe „Star Flyer“, „Star Clipper“ und „Royal Clipper“ sind sogenannte Repeater, also Wiederholungstäter. Diese Stammkunden kennen sich von früheren Reisen und fühlen sich in den Händen der Crew offenbar wie in der Wiege der eigenen Familie.

Die Reise startet am Abend in Istanbul. Wie eine Königin verabschiedet sich die „Royal Clipper“ in der Abendsonne aus dem Hafen, getragen vom leichten Wind in ihren zum Auslaufen gehissten 42 weißen Segeln. Die Gäste an Bord bekommen Gänsehaut, als die Hymne „Conquest of Paradise“ von Vangelis erklingt, während die Silhouette der Millionenstadt immer kleiner wird. Wer auf dem Fünfmaster eincheckt, geht an Bord keines gewöhnlichen Luxus-Kreuzfahrtschiffes: Auf dem 16 Meter breiten Segler können 227 Passagiere einchecken. Mit sechs Innenkabinen, 90 Außenkabinen, zwei Deckkabinen, 14 Balkonkabinen und zwei luxuriösen Eignersuiten ist für jeden Geldbeutel etwas dabei. Und wer bis dahin noch kein Fan vom Segeln war, wird es nach der Reise sein. Wann immer es geht, versucht Kapitän Borowka unter Segel zu fahren – nicht nur, weil die Stille, wenn die Motoren aus sind, einmalig ist: Es spart Sprit, und er hat Zeit.

Im Hafen von Istanbul beginnt die Reise mit der Royal Clipper.

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Das Auslaufen ist für 22 Uhr angesetzt – zum Sonnenuntergang geht es los.

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Doch zuerst steht die obligatorische Seenotrettungsübung an. Kapitän Brunon Borowka begrüßt die Passagiere und erklärt die Details.

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Rigger Oscar und seine Kollegen prüfen die Segel und flicken sie, wenn nötig, direkt auf Deck.

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Mit seiner Nähmaschine bekommt er die meisten Löcher und Risse in den Griff.

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Impressionen aus Canakkale.

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Die Royal Clipper bei der Anfahrt mit dem kleinen Tenderboot. Für die meisten Häfen ist sie zu groß, der Kapitän ankert weiter draußen.

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Die Royal Clipper auf dem Meer, die Crew hisst gerade die Segel zur Weiterfahrt.

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Zum Sonnenuntergang sieht das große Segelschiff besonders schön aus...

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Die Crew macht sich den Spaß und klettert für die Passagiere auf die Spitze der Royal Clipper.

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108 Crewmitglieder sorgen für das Wohl der Passagiere.

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Einer der drei kleinen Pools auf dem Sonnendeck.

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Sechs Mahlzeiten bieten die Köche tagsüber auf der Royal Clipper an.

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Hier ist der „Afternoon Snack“ aufgebaut.

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Über die ausgeklappte „Marina“ können die Passagiere ins Meer steigen und Wassersport ausüben.

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Kapitän Brunon Borowka freut sich über Besuch von Passagieren, gerne beantwortet er Fragen rund um sein Schiff.

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Impressionen aus Skiathos.

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Ausblick aus einem Café auf Skiathos.

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Auch während der Reisezeiten wird am Schiff gearbeitet. Hier bekommt die Außenwand neue Farbe.

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Stolzer Kapitän: Brunon Borowka.

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Impressionen aus Skopelos.

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Wer den Mut hat, kann sich ins Netz am Bug der Royal Clipper legen.

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Beim Biertasting kommen viele Passagiere auf den Geschmack.

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Die Route der siebentägigen Reise von Istanbul nach Athen führt die Gäste auf dem Großsegler vorbei an sechs Inseln in der Ägäis. Die „Royal Clipper“ ankert in der Regel einige Hundert Meter vor den Häfen, weil sie für die meisten Anlegestellen zu groß ist. Mit kleineren Tenderbooten werden die Gäste an Land gebracht. Das läuft ganz entspannt ab, denn es gehen nur 227 Menschen von Bord und keine 5000, wie das auf großen Kreuzfahrtschiffen der Fall ist. Schnell lernt man sich kennen, trifft sich in einem der drei kleinen Pools an Deck oder beim Sundowner an den Bars.
Die meisten Passagiere kommen aus den USA und aus England, außerdem sind viele Deutsche dabei. In Gesprächen äußern die Wiederholungstäter immer wieder, sie seien zwar schon immer Kreuzfahrer gewesen, aber Segelschiffe seien doch etwas ganz Besonderes, und man wolle auf keinen Fall auf die Riesenkreuzer zurück.

Und natürlich wissen alle schon von „der Neuen“. Ende 2017 soll die „Flying Clipper“ fertig sein, ein noch größerer Segler, der bis zu 300 Passagieren Platz bietet. Als Vorbild für die Konstrukteure dient die „France 2“, die 1911 in Bordeaux gebaut wurde und 1922 auf ein Riff auflief. Die „Flying Clipper“ soll ihr bis auf wenige Millimeter gleichen. Innen wie außen – so will es Mikael Krafft, der bereits die anderen Clipper-Schiffe ins Wasser gebracht hat. Auch wenn Krafft am konservativen Innendesign festhalten will, muss er sich beim Bordprogramm wohl an Änderungen gewöhnen. „Die 60-Jährigen von heute sind nicht mehr die 60-Jährigen von damals“, erklärt Hotelmanagerin Anita Rollin.

Die Royal Clipper auf dem Meer, die Crew hisst gerade die Segel zur Weiterfahrt.
Die Royal Clipper auf dem Meer, die Crew hisst gerade die Segel zur Weiterfahrt.
Foto: Jennifer de Luca

Auf der „Royal Clipper“ sind die Veränderungen im Abendprogramm schon leicht zu spüren: Statt Bingoabend wird Karaoke gesungen, der Bordpianist legt auch als DJ auf, vor allem die Engländer und Amerikaner sind zum Biertasting mit Biersommelière Annika aus Mainz stets pünktlich an der Bar – statt bei der traditionellen Teatime mit den Damen. Wenn die See ruhig ist, können die Wassersportbegeisterten von der Plattform am Heck des Schiffes direkt ins Wasser oder aufs Surfbrett steigen. Auch die wenigen jungen Gäste kommen so auf ihre Kosten, sie sind auch dankbar für die zwanglose Atmosphäre an Bord.

Zum Dinner, wie das Abendessen elegant genannt wird, darf man ohne Abendkleid und Krawatte erscheinen, auch wenn eigentlich jeden Abend „Captain's Dinner“ ist. Denn Kapitän Brunon Borowka und seine Crew speisen ebenfalls – sofern es ihre Zeit zulässt – im Clipper Dining Room. Jederzeit dürfen die Gäste das Personal auf der Brücke besuchen, Kapitän und Offiziere geben gern Auskunft über ihr Schiff und das Besondere am Segeln. Wer beim Hissen der riesigen weißen Tücher an den fünf großen Masten helfen will, kann das unter Anleitung gern tun. Zu der 108-köpfigen Besatzung (nur zehn davon sind Frauen) gehört auch Rigger Oscar. Für ihn ist nicht der Motor das Herz des Schiffes, sondern die Segel des Fünfmasters. Er hält die 42 starken weißen Stofftücher der „Royal Clipper“ in Schuss und flickt sie, wenn sie Löcher haben oder eingerissen sind.

Ausblick aus einem Café auf Skiathos.
Ausblick aus einem Café auf Skiathos.
Foto: Jennifer de Luca

Jeden Tag checkt er „seine Segel“ und hat auch die Seile im Blick, mit denen sie hochgezogen und gesichert werden. Wie ein Äffchen klettert er sicher an den fünf Masten hoch und balanciert auf den Querträgern – und das alles in rund 60 Meter Höhe. Die mehr als 5200 Quadratmeter Segel werden in Polen und den USA genäht. Ist eins kaputt, versucht Oscar es an Bord zu flicken, ein neues Tuch braucht ab Bestellung rund sechs Monate. Eine richtige Nähmaschine steht da auf dem Deck zwischen den kleinen Pools, gern nimmt Oscar die Hilfe von Passagieren an, denn der Stoff ist schwer.

Wie alle anderen Crewmitglieder bleibt auch er sechs bis zehn Monate an Bord, bevor er seine Familie wiedersieht. „Es ist schon eine Umstellung, wenn man das die ersten Jahre macht, aber es ist mein Traumjob“, sagt er. Und den hat er im Blut, denn in seiner Heimat Honduras kletterte er schon als kleines Kind immer auf Palmen oder Bäume hoch, um Früchte herunterzuholen. Höhenangst kennt er nicht, Heimweh aber schon.

Die deutsche Hotelmanagerin Anita hat es da einfacher: Sie hat ihren jetzigen Ehemann, den Ersten Offizier Dominique Rollin aus Belgien, an Bord kennengelernt. „Meist schaffen wir es, zumindest ein paar Monate gleichzeitig frei zu haben“, sagt sie. Auf Reisen gehen sie dann nicht, „dann ist es einfach schön, mal zu Hause zu sein“. Die Internationalität setzt sich bei Kapitän Borowka fort, der Pole ist mit einer Wiener Ballerina verheiratet. Auch er bleibt in seinen freien Monaten lieber zu Hause, wobei es ihn dann schnell wieder in den Fingern kribbelt, denn auch er sei für das Leben auf See geboren, sagt er.

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So international und unterschiedlich im Alter die Crew ist, sind auch die Passagiere. An Deck treffen vor allem Engländer auf Deutsche oder Amerikaner. Doch bei der Route von Istanbul nach Athen sind dieses Mal weniger Gäste aus Übersee an Bord. Die angespannte politische Lage und die Angst vor Terror schrecken ab. Die Karibikreisen sind hingegen beinahe ausgebucht, sagt Hotelmanagerin Anita. Auch dort sind vor allem Stammgäste an Bord. Doch so eine Reise mit Star Clippers muss man sich auch erst mal leisten können, weshalb das Publikum überwiegend 60 Jahre und älter ist. Ihnen gefällt auch der konservative Charme der Inneneinrichtung mit dem dicken, blauen, flauschigen Teppich überall, dem braunen Holz, und den vergoldeten Treppengeländern. Die Enge und die verschachtelten, teils steilen Treppen im Bauch des Schiffes macht niemandem etwas aus.

„Eine 80-jährige Passagierin kommt seit Jahren mit uns mit“, erzählt die Hotelmanagerin, „auch wenn es bei uns hier an Bord keine Aufzüge gibt.“ In der letzten Nacht auf der Route von Poros nach Piräus kann man seine Standfestigkeit unfreiwillig testen. Bereits beim Dinner merken die Passagiere, wie sich der Wein in den Gläsern zu einem Rand hin neigt und die Gischt in den Bullaugen des Restaurants zu sehen ist. Das Schiff liegt zeitweise extrem schräg im Wasser, der Regen hat die Tropical Bar auf dem Hauptdeck bereits unter Wasser gesetzt. Doch die wenigsten lassen sich etwas anmerken, werden doch die vielen Wiederholer schon etliche stürmische Tage und Nächte auf den Segelschiffen erlebt haben.

Einige springen sogar neugierig auf und begeben sich auf das Sonnendeck, wo die Crew im strömenden Regen versucht, die Segel einzuholen. Offenbar kam dieses Unwetter überraschend, denn die Anspannung ist den starken Männern in die Gesichter geschrieben, immer, wenn die grellen Blitze die „Royal Clipper“ hell erleuchten. Bereits bei der für alle verpflichtenden Seenotrettungsübung am ersten Abend hatte der Kreuzfahrtdirektor Gabor Torma seinen Passagieren die Regel „Eine Hand für das Schiff, eine Hand für dein Leben“ mitgegeben. Ohne sich festzuhalten, ginge an diesem Abend auch nichts, und das Ausmaß der stürmischen Nacht ist am nächsten Morgen zu sehen.

Wissenswertes für Reisende

Anreise:
Es empfiehlt sich, die Anreise über die jeweilige Reederei mitzubuchen.

Infos:
Segelschiffe sind für Passagiere jeden Alters geeignet. Für Kinder gibt es allerdings meist kein spezielles Bordprogramm. Im Mittelmeer segeln kann man u.a. mit Star Clippers und Sea Cloud.

Beste Zeit zum Segeln:
Das ganze Jahr über – im Winter segeln die Schiffe zum Beispiel in der Karibik. Die Ozeanüberquerungen dauern 15 bis 20 Reisetage.

Unsere Ausflugstipps:
Auf Skiathos empfielt sich das Café Bourtzi auf einem kleinen Felsvorsprung. Von hier aus haben die Gäste einen tollen Blick aufs Meer. Die kleinen Gässchen mit ihren vielen Treppen bleiben Besuchern aus Skopelos in Erinnerung. Wer den Aufstieg schafft, hat am Ende einen tollen Blick über den Hafen. Canakkale lädt die Besucher zum Flanieren und Shoppen ein. Auf den Plätzen lassen es sich Einheimisch und Touristen beim eiskalten Caffé Freddo gut gehen.

Unsere Autorin:
Ist gereist mit der „Royal Clipper“. Die Reise wurde unterstützt von Star Clippers Kreuzfahrten und der Reederei Star Clippers.

Bei strahlendem Sonnenschein läuft die „Royal Clipper“ im Zielhafen Piräus ein, allerdings hängen Oscar und sein Rigger-Kollege Naik bereits in 50 Meter Höhe auf den Masten und versuchen, die Segel herunterzuholen, die der Sturm eingerissen hat. Für die nächste Route von Athen nach Rom wird es Oscar nicht mehr schaffen, den Passagieren wird ein Auslaufen unter vollen Segeln wohl verwehrt bleiben. „Vielleicht können wir bis zur Ozeanüberquerung nach Barbados größere Löcher flicken“, ist Chefofficer Rollin optimistisch.

Jetzt muss er erst mal beim Beladen helfen, denn in Piräus kommen Lebensmittel an Bord, damit die zwölf Köche und ihre Helfer den nächsten Schwung Passagiere verköstigen können. Weil die „Royal Clipper“ keine Aufzüge hat, ist die gesamte Crew gefragt. Über die Seile an den Masten werden die Paletten an Bord gehoben und dann in die Küche hinabgelassen. Alle drei Wochen findet ein sogenanntes Masterloading statt, bei dem auf diese Weise rund 40 Tonnen Lebensmittel und Hygieneartikel an Bord gehievt werden. „Nach so einer Nacht ist hoffentlich viel Kaffee mit dabei“, sagt Rollin grinsend und packt mit an. Oscar sitzt bereits an seiner Nähmaschine und flickt, was das Zeug hält. Er möchte den nächsten Passagieren an Bord unbedingt die volle Pracht seiner Segel zeigen.