Finnland

Die finnische Art der Entspannung: In der Region Lahti können Reisende der Saunatradition auf den Grund gehen

Von Christina Nover
Im Päijänne-Nationalpark gibt es mehr als 50 Inseln, die es zu entdecken gibt.
Im Päijänne-Nationalpark gibt es mehr als 50 Inseln, die es zu entdecken gibt. Foto: Christina Nover

Gemächlich tuckert das alte Schiff über den See, die leicht gekräuselte Oberfläche teilt sich an seinem Bug, und sanfte Wellen bleiben zurück. Esa Mykkänen blickt über das Ruder hinweg auf das Wasser, auf dem sich die Abendsonne spiegelt. Immer wieder tauchen kleine Inseln im Sichtfeld auf. Manche bieten nur Möwen und anderen Wasservögeln ein zu Hause, auf anderen stehen bunte Holzhäuser vor dunkel emporragenden Nadelhölzern. Während der Kapitän die MS „Happy Days“ sicher zwischen den Inseln hindurchnavigiert, heizt seine Tochter Lotta gerade die Sauna im hinteren Teil des Boots auf. Bald steigt Rauch aus dem Schornstein auf, und die Sauna ist bereit für die Gäste.

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Esa Mykkänen bietet zusammen mit seiner Familie seit 2011 Rundfahrten über die weitläufige Seenplatte an, die sich hinter der Stadt Lahti in Richtung Norden erstreckt. Zum authentischen Finnland-Erlebnis gehört dabei auch das Schwitzen an Bord. Zwar kommt die holzbeheizte Sauna der „Happy Days“ nur auf 60 Grad, doch was der Sauna an Hitze fehlt, macht der Ausblick wett. Wer sich auf den Holzbänken niederlässt, kann durch Fenster auf drei Seiten hinaus aufs Wasser schauen – wenn die Gläser nicht gerade durch den Dampf eines Aufgusses beschlagen sind. Zum Abkühlen geht es danach bei Wunsch direkt in den See. „Die Sauna ist ein Muss“, erklärt Esa Mykkänen mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.

Viele finnische Boote haben eine Sauna an Bord, sodass man beim Schwitzen den Blick aufs Wasser genießen kann.
Viele finnische Boote haben eine Sauna an Bord, sodass man beim Schwitzen den Blick aufs Wasser genießen kann.
Foto: Christina Nover

Saunen findet der Finnland-Besucher tatsächlich überall. Nicht nur nur auf Booten, sondern zum Beispiel auch in der Sibelius-Halle, der Konzert- und Kongresshalle in Lahti. Dort können nicht nur Orchestermitglieder vor oder nach ihrem Auftritt schwitzen, sondern auch Gäste, die den exklusiven Saunabereich mieten. Wer möchte, kann in Finnland aber auch mit dem Saunabus fahren, in einer Saunagondel 20 Meter über dem Boden schwitzen oder im Saunarestaurant dinieren. Zusammen mit allen mobilen Varianten gibt es in Finnland schätzungsweise an die drei Millionen Saunen – theoretisch könnten also alle Bewohner des Landes, rund 5,5 Millionen Menschen, gleichzeitig in die Sauna gehen. Wer eine Einladung zum Saunagang erhält, die mitunter auch von wildfremden Menschen kommen kann, denen man während einer Seetour mit dem Kajak oder dem SUP-Board begegnet – sollte sich geehrt fühlen. Eine Ablehnung gilt als unhöflich.

Naturheilerin Maaria Alén: „Saunieren ist die finnische Art der Meditation.“
Naturheilerin Maaria Alén: „Saunieren ist die finnische Art der Meditation.“
Foto: Christina Nover

Wie tief verwurzelt das gemeinsame Schwitzen in der finnischen Kultur verankert ist, weiß Maaria Alén. Die 48-Jährige hat sich der Naturheilkunde verschrieben und kennt die Ursprünge der Saunakultur. Mehr als 2000 Jahre lang suchen die Finnen ihren Worten zufolge schon Saunen auf. Die rußgeschwärzten Rauchsaunen, die sich mitunter heute noch großer Beliebtheit erfreuen, dienten zu früheren Zeiten nicht nur der Entspannung, sondern es waren vor allem spirituell geprägte Orte. Hier wurden Kinder geboren und Tote auf ihre letzte Reise vorbereitet. Traditionen wie die Brautsauna, der Saunagang vor der Hochzeit, haben sich bis heute gehalten. Auch vor Weihnachten und am Tag der Sommersonnenwende treibt es besonders viele Menschen in die Saunen. „Jeder Finne weiß, wie er sich in der Sauna verhalten muss – das Bewusstsein über die besondere Bedeutung liegt uns im Blut“, erklärt Alén. Das finnische Wort für Dampf ist „Löyly“ und steht zugleich für den Teil der Seele, den der Mensch mit seinem ersten Atemzug erhält und der mit seinem letzten den Körper verlässt. Die Sauna wird als Ort der körperlichen und seelischen Reinigung gesehen. „Saunieren ist die finnische Art der Meditation“, sagt Alén. Doch die Sauna dient auch als gesellschaftlicher Treffpunkt. Dabei ist es üblich, dass Männer und Frauen getrennt in die Sauna gehen, lediglich Familien gehen gemeinsam saunieren.

Buntes Licht, aromatische Düfte und entspannende Musik haben übrigens mit finnischer Sauna nichts zu tun. Echte finnische Saunen sind schwach beleuchtet, es gibt keine Musik und keinen Duft außer dem nach Holz und frischer Birke. Zu einem finnischen Saunagang gehört es nämlich, dass sich die Besucher mit Bündeln aus Birkenzweigen abklopfen. Diese Pakete gibt es in jedem Supermarkt zu kaufen und finden sich in den Wintermonaten in Gefrierschränken, damit die Blätter nicht abfallen. Das Abklopfen mit den Birkenbündeln dient der Förderung der Durchblutung und wird von Heilern wie Maaria Alén dazu eingesetzt, um die Lebensgeister zu wecken. Dafür spickt sie die Bündel mit zusätzlichen Zweigen anderer Bäume und Sträucher aus den Wäldern, denen besondere Wirkung nachgesagt wird. „Wir nutzen die Energie der Pflanzen“, sagt Alén. Bei ihren Behandlungen reibt sie mit den Zweigen über den Körper, klopft sie auf Arme, Beine und Rücken und legt sie auf verspannte Körperpartien. „15 bis 20 Minuten ersetzen eine 45 minütige Massage“, betont die Saunaexpertin.

Während ihre Patienten auf der Saunabank ruhen, singt sie – eine altertümliche, beruhigende Melodie, ohne festen Text oder vorgegebene Noten. Dabei trägt sie eine Filzmütze: „Die schützt das Gehirn vor der Hitze und hilft dabei, länger in der Sauna zu bleiben“, so Alén. Die Mützen können auch unerfahrenen Saunagängern dabei helfen, die hohen Temperaturen in der Sauna zu ertragen. Denn: Der heilende und reinigende Prozess beginnt mit dem Schweiß. Der Dampf ist laut Alén der Schlüssel – denn durch die Luftfeuchtigkeit, die beim Aufguss entsteht, wird der Aufenthalt erträglicher, auch wenn es zunächst heißer im Raum wird. Aber es müssen auch nicht immer 80 Grad oder heißer sein. Auch in der 50-Grad-Sauna kann man schon ins Schwitzen kommen: beispielsweise beim Saunayoga, das sich in Finnland wachsender Beliebtheit erfreut. Egal, wie sauniert wird: Das Wohlbefinden sollte immer im Vordergrund stehen – das Verlassen der Sauna ist jederzeit möglich. Alén betont: „Man sollte auf seinen Körper hören.“

Wissenswertes für Reisende

Zielgruppe: Die Region Lahti ist geeignet für Naturliebhaber ebenso wie für kulturell interessierte Menschen. Beste Reisezeit: April bis Oktober

Unsere Ausflugstipps:

SUP-Tour auf dem See Päijänne (beispielsweise mit Kitetirri)

Motorboottour durch den Päijänne-Nationalpark mit Besuch einer der Inseln (beispielsweise mit Kiuasniemi)

Eine Runde Frisbee-Golf im Lehmonkärki-Resort (18 Bahnen im Wald, zwischen 120 und 58 Metern lang)

Backworkshop mit finnischem Roggen in der Kinnari Farm

Besuch der Stadt Lahti. Sehenswürdigkeiten sind unter anderem die Skisprungschanze mit Schwimmbad im Landebereich (in den Sommermonaten), die aus Holz errichtete Konzerthalle Sibelus Hall und der Lanu-Skulpturenpark. Außerdem zu empfehlen: Whisky-Tasting in der Teerenpeli-Destillerie, Besuch im traditionellen Kunstdruckstudio Painovoima mit der Möglichkeit, selbst eine Tasche zu bedrucken.

Unsere Autorin ist gereist mit Finnair und hat übernachtet im Lehmonkärki Resort (Asikkala) und dem Solo Sokos Hotel Lahden Seurahuone (Lahti). Diese Reise wurde unterstützt von Visit Lahti.

Von unserer Redakteurin Christina Nover

Weitere Informationen zu den Angeboten der Region Lahti gibt es auf https://visitlahti.fi/en