Wichtige Fragen und Antworten: Was von der Rente übrigbleibt

Rente
Eine ältere Frau zählt Geld. Foto: Marijan Murat/Illustration

Kaum ein Thema treibt die Deutschen so um wie die Rente. Obwohl die Menschen immer länger arbeiten müssen, kommt künftig weniger raus. Viele stellen sich da die Frage: Kann ich meinen Lebensstandard halten? Oder droht gar die Altersarmut? Im Gespräch mit unserer Zeitung rechnet Hans-Georg Arnold von der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz vor, was ausgewählten Modellpersonen unterm Strich konkret nach einem langen Arbeitsleben übrig bleibt. Der Rentenexperte sagt auch, wie sich die Rentenbeiträge im Durchschnitt verzinsen, ob die Altersbezüge künftig sinken werden und was genau die neue Mütterrente bringt, die die Große Koalition jüngst beschlossen hat.

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Was erhält ein Durchschnittsverdiener mit 3156 Euro brutto, der 45 Jahre Beiträge gezahlt hat, derzeit nach Abzug der Sozialversicherungen an Rente?

Die Frage bezieht sich also auf den Standardrentner. Wenn diese Modellperson 45 Jahre lang Beiträge gezahlt und immer genau durchschnittlich verdient hat, erhält sie die Standardrente von derzeit 1441 Euro im Monat. Davon gehen in der Regel die Rentneranteile zur Krankenversicherung in Höhe von 7,3 Prozent ab. Hinzu kommen 1 Prozent durchschnittlicher Zusatzbeitrag und der Anteil an der Pflegeversicherung (2,55 Prozent), sofern der Rentner Kinder hatte oder hat. Unter dem Strich bleiben ihm dann 1285 Euro im Monat vor Steuern. Wichtig: Die Standardrente ist nicht mit der Durchschnittsrente gleichzusetzen. Die ergibt sich aus dem durchschnittlichen Betrag aller gezahlten Altersrenten.

Muss unser Modellrentner Steuern zahlen? Und wenn ja: Wie viel?

In unserem konkreten Rechenbeispiel, bei dem wir von der Steuerklasse 1, Kirchensteuer in Rheinland-Pfalz, keinen weiteren Einkünften und einem Rentenbeginn ab 1. Juli 2018 ausgehen, fallen nach Abzug der Sozialversicherung noch 32 Euro Steuern an. Unterm Strich bleiben unserem Modellrentner also 1253 Euro netto. Grundsätzlich gilt: Wer 2018 erstmals in Rente gegangen ist, muss erst Steuern zahlen, wenn die Bruttorente höher als 13.800 Euro im Jahr ist (bei Verheirateten 27.600 Euro) oder wenn zur Rente noch weitere Einkünfte vorhanden sind.

Wie viel Geld hat unser Modellrentner inklusive Arbeitgeberanteil in 45 Jahren eingezahlt?

Nehmen wir an, dass der Rentner von Anfang 1973 bis Ende 2017 über 45 volle Jahre den Durchschnittsverdienst erzielt und Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt hat, dann sind jeweils 102.550 Euro Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil gezahlt worden. Wichtig: Mit diesen Beiträgen wird nicht nur die Altersrente finanziert. Darin enthalten sind auch Reha, die Absicherung gegen Erwerbsminderung und die Absicherung der Hinterbliebenen im Todesfall.

Wie lange muss unserer Modellrentner leben, um sein Geld wieder rauszubekommen?

Das hängt davon ab, wie hoch künftig die Rentenanpassungen ausfallen werden. Das lässt sich aus heutiger Warte nicht vorhersagen. Aber die Modellrechnungen gehen davon aus, dass die Rente auch weiterhin steigen wird. Fakt ist daher: Man bekommt im Regelfall mehr an Rente ausgezahlt, als man an Beiträgen einbezahlt hat. Die Rendite der gesetzlichen Rentenversicherung ist positiv und liegt zwischen 2 und 3 Prozent. Das haben die Wirtschaftsweisen und die Stiftung Warentest bestätigt.

Welche Abschläge hätte unser Standardrentner denn, wenn er früher in Rente geht?

Auch der Standardrentner kann nach 45 Jahren mit Beiträgen abschlagsfrei in Rente gehen. Wer keine 45 Jahre an Beiträgen hat und vor der Regelaltersgrenze, die zurzeit bei 65 Jahren und 7 Monaten liegt, in Rente gehen möchte, muss einen Abschlag von 0,3 Prozent pro Monat in Kauf nehmen. Das ist der Ausgleich für die längere Zeit des Rentenbezuges.

Wie hoch ist die Rente unseres Modellrentners im Verhältnis zum letzten Nettogehalt?

In unserem konkreten Rechenbeispiel, bei dem wir wieder von Steuerklasse 1, Kirchensteuer in Rheinland-Pfalz, keinen weiteren Einkünften und einem Rentenbeginn ab dem 1. Juli 2018 ausgehen, kommt unser Standardrentner mit einem Gehalt von zuletzt 3156 Euro brutto und 1968 Euro netto nach Sozialversicherung und Steuern auf ein Rentenniveau von 63,7 Prozent zum letzten Nettogehalt.

Und wie sieht es bei der Verkäuferin mit zwei Kindern, Babypausen und zuletzt 2840 Euro brutto aus?

Dieser Verkäuferin mit dem 0,9-fachen des Durchschnittsverdienstes bleibt eine monatliche Bruttorente in Höhe von 961 Euro. Nach Abzug von Sozialversicherung und Steuern bleiben der Frau unterm Strich 857 Euro. Das Rentenniveau beträgt dann 47,3 Prozent ihres letzten Nettogehalts. Wichtig: Die Modellrechnung geht erneut von folgenden Annahmen aus: Steuerklasse 1, Kirchensteuer in Rheinland-Pfalz, keine weiteren Einkünfte sowie Rentenbeginn ab dem 1. Juli 2018.

Welche Rente hat ein heute 25-jähriger Berufseinsteiger zu erwarten, der 4000 Euro brutto verdient und dessen Gehalt später im gleichen Maße wie das Durchschnittseinkommen steigt?

Der Berufseinsteiger kommt dann auf 42 Beitragsjahre, bis er im Alter von 67 in Rente geht. Bei einem Verdienst von 4000 Euro im Monat erhält er daraus 1,27 Entgeltpunkte. Die Entgeltpunkte sind der Verhältniswert aus individuellem Verdienst und Durchschnittsverdienst aller Versicherten. Angenommen, sein Verdienst steigt im gleichen Maße wie das Durchschnittseinkommen, bleibt es bei 1,27 Entgeltpunkten pro Jahr. Nach 42 Jahren erhält er 53,34 Entgeltpunkte (42 mal 1,27). Stand heute entspricht dies einer Rente von rund 1708 Euro im Monat. Wichtig: Künftige Rentensteigerungen bis zum Rentenbeginn werden diesen Betrag noch erhöhen.

Kommen wir zu den Geringverdienern. Welche Rente hat eine heute 20-jährige Frau ohne Kinder zu erwarten, die 45 Jahre lang auf 450-Euro-Basis arbeitet?

Die Altersrente liegt dann, in heutigen Werten ausgedrückt, bei höchstens 206 Euro im Monat.

Welche Rente erhält dieselbe Frau, wenn sie 45 Jahre lang halbtags arbeitet und 1000 Euro brutto im Monat verdient?

Die Altersrente liegt dann in heutigen Werten ausgedrückt bei höchstens 457 Euro im Monat.

Welchen Anspruch auf Mütterrente erwirbt eine Frau, die drei Kinder zur Welt bringt? Und was bringt die jüngste Reform?

Für Geburten ab 1992 gibt es nach wie vor maximal drei Entgeltpunkte pro Kind – bei drei Kindern also maximal neun Entgeltpunkte. Der Rentenanteil aus diesen neun Entgeltpunkten liegt in heutigen Werten ausgedrückt bei 288 Euro im Monat. Für Geburten vor 1992 gibt es seit dem Rentenpaket des Jahres 2014 maximal zwei Entgeltpunkte pro Kind – bei drei Kindern also maximal sechs Entgeltpunkte. Der Rentenanteil aus diesen sechs Entgeltpunkten liegt, in heutigen Werten ausgedrückt, bei 192 Euro im Monat. Nach dem geplanten weiteren Rentenpaket der Großen Koalition soll es für Geburten vor 1992 nun maximal 2,5 Entgeltpunkte pro Kind geben – und zwar ab 1. Januar 2019. Bei drei Kindern sind das also maximal 7,5 Entgeltpunkte. Der Rentenanteil aus den 7,5 Entgeltpunkten würde dann, in heutigen Werten ausgedrückt, bei 240 Euro im Monat liegen.

Gibt es eine Mindestrente?

Eine Mindestrente gibt es in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht. Die gesetzliche Rente ist lohn- und beitragsbezogen. Heißt: Je länger man eingezahlt und je höher man verdient hat, umso höher ist die spätere Rente.

Wie berechnet sich ein Rentenpunkt? Und wie viel ist er wert?

Die Entgeltpunkte sind das Verhältnis von individuellem Verdienst zum Durchschnittsverdienst aller Versicherten. Ein Jahr Durchschnittsverdienst entspricht also einem Entgeltpunkt. Diese Berechnung wird Jahr für Jahr durchgeführt, und die Entgeltpunkte werden anschließend zusammengezählt. Das Modell der Standardrente beruht auf 45 Entgeltpunkten. Ein Entgeltpunkt entspricht aktuell 32 Euro Rente im Monat.

Werden die Renten den Modellrechnungen zufolge real sinken?

Die Renten werden nominal auch in Zukunft steigen, jedoch nicht unbedingt in gleichem Maß wie die Löhne. Wie hoch sie real steigen, hängt davon ab, wie sich die Inflation entwickelt. Modellrechnungen liegen der Deutschen Rentenversicherung nicht vor. Aber: Zwischen 2008 und 2017 sind die Renten – gemessen an der Standardrente – um 21,2 Prozent gestiegen, die Inflation im gleichen Zeitraum um 11 Prozent. Rentner haben also nicht nur nominal, sondern auch real mehr in der Tasche.

Wie viele Milliarden Euro kostet genau 1 Prozentpunkt mehr beim Rentenniveau?

Nach einer Faustformel derzeit einen halben Beitragssatzpunkt oder rund 7 Milliarden Euro.

Wie hat sich der Zuschuss zur Rente aus dem Bundeshaushalt entwickelt? Und wie viel Geld müsste fließen, um die doppelte Haltelinie auch nach 2025 zu halten, ohne die Beiträge zu erhöhen?

Was die Bundeszuschüsse zur Rente betrifft, sind die Mittel beständig von rund 20 Milliarden Euro im Jahr 1990 auf 87,4 Milliarden Euro (2016) gestiegen. Darin enthalten sind aber auch etwa Beiträge für Kindererziehungszeiten, einigungsbedingte Leistungen und Invalidenrenten. Aktuelle Zahlen zu Rentenmodellen für die Zeit nach 2025 liegen der Rentenversicherung nicht vor. Das ist die Aufgabe der Rentenkommission, die von der Bundesregierung im Juni eingesetzt worden ist. Dirk Eberz