Rheinland-Pfalz

Schwarz-Grün in Rheinland-Pfalz durchaus eine Option

Für die einen ist es eine Geisterdebatte, für die anderen eine reizvolle Perspektive: ein Bündnis von CDU und Grünen in Rheinland-Pfalz. Offiziell dürfte im Moment niemand an der schwarz-grünen Koalitionsbande knüpfen.

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Von unserem Redakteur Dietmar Brück

Doch hinter den Kulissen gibt es Politiker, die ihre Fühler vorsichtig ausstrecken. CDU-Vertreter, weil sie 2016 möglicherweise einen Koalitionspartner brauchen, um im Land die Macht zu erobern. Und Grünen-Politiker, weil ihnen die SPD zuweilen etwas zu hochnäsig und skandalbehaftet vorkommt. Zudem wollen sie eine Große Koalition nach der Landtagswahl verhindern.

Schwarz-Grün aus Sicht der CDU: Die sauberste Lösung für die Christdemokraten wäre eine absolute Mehrheit. Unmöglich ist sie nicht, wie Umfragen zeigen, aber nicht wahrscheinlich. Ministerpräsidentin Malu Dreyer ist und bleibt ein starkes Zugpferd. Eine SPD, die ihre Kampagne auf die beliebte Ministerpräsidentin abstellt, ist schwer zu schlagen. Zudem wirkt Dreyer auf viele Beobachter immer noch eine Spur ernsthafter und reifer als CDU-Oppositionsführerin Julia Klöckner. Auch wenn diese längst sanftere Töne anschlägt.

Zudem fehlt den Christdemokraten die Sicherheit, dass es die desolate FDP über die magische 5-Prozent-Hürde schafft. Da könnten die Grünen der rettende Anker sein. Möglich wird Schwarz-Grün, wenn eine Partei wie die Linke oder die Alternative für Deutschland (AfD) in den Landtag einzieht. Regierungsbündnisse mit diesen Kräften sind in Rheinland-Pfalz kaum vorstellbar. Würde es in einem Vier-Parteien-Parlament für Rot-Grün aufgrund einer erstarkten CDU nicht reichen, bliebe nur Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot. Eine Koalition mit den Grünen würde die CDU deutlich weniger Ministerposten kosten und hätte möglicherweise mehr Perspektive. Zudem könnte die CDU auf diese Weise einen Vize-Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer oder Roger Lewentz verhindern, also einen gefährlichen Klöckner-Konkurrenten abblocken. In der Opposition kann sich ein Politiker nur mäßig profilieren.

In den Führungsetagen von christdemokratischer Partei und Fraktion ist die schwarz-grüne Option schon lange kein Schreckgespenst mehr, zumal diese Konstellation im benachbarten Hessen problemlos funktioniert. Es gibt im Land gute Kontakte zwischen beiden Seiten. Aber auch viel Unsicherheit bei der CDU, wie die Grünen einzuschätzen sind.

Schnieder (CDU) zu Schwarz-Grün: Inhalte und Vertrauen entscheiden.
Schnieder (CDU) zu Schwarz-Grün: Inhalte und Vertrauen entscheiden.
Foto: picture alliance

CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder äußert sich gegenüber unserer Zeitung daher eher verhalten: „Ob eine Koalition mit den Grünen realistisch ist, hängt immer auch vom Personal und den Inhalten ab.“ Und davon, ob sich beide Seiten vertrauen können, ergänzt er. Ob Schwarz-Grün als ernsthafte Option wahrgenommen wird, dürfte davon beeinflusst werden, wie solide der Entwurf einer gemeinsamen Programmatik ist. Da muss vor allem die CDU demonstrieren, dass sie gründlich überlegt.

Köbler (Grüne) zu Schwarz-Grün: Das ist absolut kein Thema.
Köbler (Grüne) zu Schwarz-Grün: Das ist absolut kein Thema.
Foto: picture alliance

Schwarz-Grün aus Sicht der Grünen: Glasklare Vertreter eines rot-grünen Bündnisses scharen sich vor allem um Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler. Er erteilt Schwarz-Grün gegenüber unserer Zeitung eine harsche Absage: „Unser Ziel ist, mit starken Grünen die rot-grüne Regierungsarbeit nach 2016 fortzusetzen. Auf Landesebene ist die CDU auf Fundamental-Opposition ausgerichtet.“ Die Frage nach einer schwarz-grünen Option stellt sich für ihn schlicht und ergreifend nicht. Zu Köblers Gefolgsleuten gehört auch die Grünen-Landesvorsitzende Katharina Binz. Das rot-grüne Lager hat reichlich Truppen.

Doch ebenso groß ist die Gruppe der Unentschiedenen. In der Fraktion lässt sich bei vielen Abgeordneten keine Farben-Präferenz erkennen. Und auch auf kommunaler Ebene sind unzählige Grüne nicht festgelegt. In der Ökopartei ist es vor allem der Block um Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne), in dem recht klar gegen eine rot-grüne Vorfestlegung argumentiert wird. Verständlich: Die SPD hat knapp drei Jahre an der Demontage Lemkes als Wirtschaftsministerin gearbeitet. Da hält sich die Liebe in Grenzen. FPD-Landeschef Volker Wissing spricht bereits von einem „Lemke-Lager“ in der CDU. Bewegt sich da was?

Köbler und Lemke wollen grüne Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl 2016 werden. Doch vielleicht müssen sie vorher noch einen Richtungskampf ausfechten. Die rheinland-pfälzischen Grünen wollen wohl kaum Opfer einer Großen Koalition werden. Offiziell wird es weiter eine Menge rot-grüner Treueschwüre geben. Inoffiziell herrscht Realismus: Grüne Inhalte sind vielen wichtiger als die politische Farbenlehre.