RZ-KOMMENTAR: Kanzlerin Angela Merkel kann der FDP dankbar sein

Rena Lehmann
Rena Lehmann Foto: Jens Weber

Viele Beobachter wollen gesehen haben, dass Kanzlerin Angela Merkel bei der Verkündigung des Kandidaten Joachim Gauck angeschlagen wirkte. Die unangreifbare Kanzlerin, gegen die persönlich die SPD sich zuletzt nicht einmal einen Wahlkampf zutraute, musste sich öffentlich vorführen lassen vom kleinen Koalitionspartner FDP. Was für eine Niederlage.

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Viele Beobachter wollen gesehen haben, dass Kanzlerin Angela Merkel bei der Verkündigung des Kandidaten Joachim Gauck angeschlagen wirkte. Die unangreifbare Kanzlerin, gegen die persönlich die SPD sich zuletzt nicht einmal einen Wahlkampf zutraute, musste sich öffentlich vorführen lassen vom kleinen Koalitionspartner FDP. Was für eine Niederlage.

Doch Merkel münzte die überraschende Wende im Handumdrehen um in einen persönlichen Sieg. Sie selbst schließlich hat den Weg frei gemacht für einen Kandidaten, den CDU und FDP, SPD und Grüne unterstützen, ist nun aus ihrem Umfeld zu hören. Und: Ohne sie wäre Gauck gar nicht möglich geworden. Sie zeigt sich einmal mehr als machtbewusste Teflon-Kanzlerin.

Dass die FDP sie hintergangen hat, ist zwar ein starkes Stück. Am Ende jedoch haben die Liberalen ihr einen großen Gefallen getan. Die Kanzlerin selbst drohte nach der vollmundigen Erklärung vom Freitag, diesmal alles anders zu machen, die Präsidentenfrage doch erneut zur parteipolitischen Machtfrage werden zu lassen. Das Volk aber hatte sich, wie vor zwei Jahren, schon für Joachim Gauck entschieden. Merkel schien dem zum Trotz wiederum einen eigenen Kandidaten ins Schloss Bellevue manövrieren zu wollen. Ein Taktieren und Verhandeln um das höchste Amt im Staate ist dem Bürger aber nicht mehr vermittelbar. Indem die FDP die Kanzlerin zu Gauck nötigte, wird das Land nun den Präsidenten bekommen, den Merkel ihm am Freitag versprochen hatte: den Bundespräsidenten für alle. Und sie selbst wird in der öffentlichen Wahrnehmung rückblickend die Kanzlerin sein, unter deren Führung dies möglich wurde.

Indes werden die Koalitionäre nun alles daran setzen, das laute Knirschen im Gebälk der Regierung nicht nach außen dringen zu lassen. So richtig einig war man sich seit 2009 ohnehin selten. Jetzt aber sind die Liberalen für die Union vollends unberechenbar geworden.

E-Mail:rena.lehmann@rhein-zeitung.net