Pokémon Go: Wie es funktioniert und welche Gefahren lauern

Der Hype um das Spiel erobert die ganze Welt. 
Der Hype um das Spiel erobert die ganze Welt.  Foto: dpa

Pokémon Go„ hat auf der ganzen Welt ein Jagdfieber ausgelöst. Hinter dem Phänomen steckt aber mehr als nur die Begeisterung für die Kultmonster, die es seit rund 20 Jahren gibt. Die App “Pokémon Go" sagt auch etwas über unsere digitale Zukunft aus. Das Spiel ist die erste Anwendung, die erweiterte Realität (Augmented Reality) mit einer breiten Masse von Menschen in Kontakt bringt.

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Wie die Software funktioniert, was es mit erweiterter Realität auf sich hat und warum die App aus Sicht eines Programmierers eher mangelhaft ist, erklärt der Koblenzer Forscher Bastian Krayer im Interview. Der 26-Jährige ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Computervisualistik der Universität Koblenz-Landau und beschäftigt sich mit erweiterter und virtueller Realität.

Virtuelle Monster, die in Arenen gegeneinander antreten: Wie genau funktioniert das Spiel eigentlich?

In „Pokémon Go“ ist man als Pokémon-Trainer unterwegs. Als solcher hat man die Aufgabe, möglichst viele verschiedene Pokémon, tierartige Wesen, zu fangen. Diese findet man an vielen Orten in der Welt verteilt. Dank mobiler Internetverbindungen und GPS können Spieler mit ihrem Smartphone in der wirklichen Welt herumwandern und diese Orte finden. Dabei werden auf dem Smartphone eine Karte der Umgebung, eine Repräsentation des Spielers und weitere Informationen eingeblendet.

Befindet sich etwa ein Pokémon in der Nähe, zeigt es sich auf dem Bildschirm. Berührt man es, beginnt ein simples Geschicklichkeitsspiel, in dem man einen sogenannten Pokéball wirft, in dem das Wesen dann gefangen wird. Hierbei wird mittels Augmented Reality (AR) das Pokémon auf dem Kamerabild dargestellt, sodass es in der wirklichen Welt zu existieren scheint. Man erhält zum Beispiel für einen gelungenen Fangversuch Bonbons für die jeweilige Art von Monster. Die Bonbons können dafür genutzt werden, um die Monster weiter zu entwickeln, also in eine stärkere Version zu verwandeln.

An bestimmten Orten sind Arenen platziert, die von einem der drei im Spiel vorkommenden Teams besetzt werden können. Um die Arena von einem anderen Team zu beanspruchen, müssen die dortigen Pokémon im Kampf besiegt werden, was wiederum ein kleines Geschicklichkeitsspiel ist.

Was ist der Reiz an dieser virtuellen Schnitzeljagd?

Der wohl größte Reiz kommt vermutlich von den Pokémon selbst. Die Spiele erfreuen sich seit etwa 20 Jahren großer Beliebtheit, auch wird voraussichtlich dieses Jahr noch eine neue Generation erscheinen. Der Anime, der japanische Zeichentrickfilm, hat ebenfalls viele Menschen begeistert, wodurch beispielsweise auch das Maskottchen Pikachu über die Grenzen von Spiel und Serie hinaus bekannt ist. Bei „Pokémon“ ging es immer darum, in die Welt hinauszugehen, verschiedene Arten von Pokémon zu treffen und Abenteuer zu erleben. „Pokémon Go“ erlaubt es zum ersten Mal, wenn auch sehr rudimentär, dies nachzuerleben.

Worin liegt die Herausforderung bei der Programmierung eines solchen Spiels?

Die Herausforderungen liegen an vielen Stellen. Auf der einen Seite muss die virtuelle Welt verwaltet werden, damit allen Spielern die gleiche Umgebung gezeigt werden kann. Dazu gehört zum Beispiel die Platzierung der Monster in der Welt. Auf der anderen Seite muss das mobile Gerät Interaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stellen. Bei Augmented-Reality-Anwendungen ist dies vor allem der Blick durch die Kamera und die Beeinflussung durch Berührung des Bildschirms.

Damit Objekte auf dem Bildschirm so erscheinen, als gehörten sie in die Welt, müssen viele schwierige Probleme gelöst werden. Dazu zählt beispielsweise die Bestimmung der Position der Kamera in der Welt, etwa durch Identifikation bestimmter Muster im Bild, oder die korrekte Beleuchtung, die möglichst derjenigen in der Umgebung entsprechen sollte. Da solche Aufgaben sehr komplex sind, reicht die Rechenleistung von Smartphones kaum aus.

Wurden diese Probleme in der App gut gelöst?

Aus Programmierersicht ist die App eher unsauber gemacht. Sie stürzt ab und zu ab, und wenn man die Kamera etwas schneller bewegt, kann es sein, dass es ruckelt. Zudem ist der reine Augmented-Reality-Effekt in „Pokémon Go“ nur rudimentär. Da gibt es andere Anwendungen, in denen Objekte viel stärker so wirken, als seien sie tatsächlich in der Welt. Aber das Spiel hat das Prinzip von Augmented Reality dem Markt nähergebracht.

Erweiterte Realität konnte sich vor „Pokémon Go“ nicht wirklich durchsetzen. Selbst Googles Brille Glass floppte. Kommt mit dem Erfolg des Spiels jetzt der Durchbruch?

Schwer zu sagen. Die Technologie steckt eigentlich immer noch in den Kinderschuhen. Vor allem die Rechenleistung der mobilen Geräte ist ein Problem. Aber ich denke schon, dass uns erweiterte und virtuelle Realität noch lange beschäftigen werden.

Was kommt als Nächstes?

Es gibt viele spannende Projekte. Gut möglich, dass weiterhin das Smartphone als kleines Fenster benutzt wird. Denkbar ist aber auch, dass sich Brillen durchsetzen: Google Glass oder Microsofts Hololense sind interessante Projekte. Ich glaube, dass Augmented Reality zum Beispiel für den Tourismus sehr interessant sein kann. Auch Google Maps ist ja eine Form von erweiterter Realität: Ich bekomme in der Karte in Echtzeit angezeigt, wo sich Restaurants, Bars oder Sehenswürdigkeiten befinden.

Zurück zu „Pokémon Go“: Woher weiß die App, wo ich mich befinde und in welcher Entfernung ich auf Pokémon und Arenen treffen kann?

Durch das GPS auf dem Mobilgerät kann die eigene Position bestimmt werden. Das Spiel kommuniziert mit dem Serversystem, das unter anderem die Pokémon auf der Karte verteilt. Der Spieler erhält dann Rückmeldung über Pokémon, die in einem gewissen Radius um den eigenen Standort angesiedelt sind. Das gleiche gilt auch für Arenen und weitere Spielobjekte.

Wie sicher sind meine Daten, wenn ich „Pokémon Go“ spiele?

Vermutlich ähnlich sicher oder unsicher wie bei vergleichbaren anderen Programmen. Die Spieler müssen sich darüber einfach im Klaren sein, dass ein Teil der eigenen Daten gespeichert wird. Darunter fallen beispielsweise die eigene Position vom GPS oder Accountdetails. Außerdem können anonymisierte Daten auch an Drittanbieter weitergegeben werden. Wie genau diese Daten verwendet werden, ist nicht genau zu sagen.

Die Fragen stellten Giovanna Marasco-Albry und Stefan Hantzschmann