Berlin

Merkel wendet Koalitionsbruch ab – Kanzlerin gibt Druck von Liberalen und Opposition nach

„Wir brauchen etwas Stabileres“
(in der Rhein-Zeitung am 20.02.2012)
„Wir brauchen etwas Stabileres“ (in der Rhein-Zeitung am 20.02.2012) Foto: Jürgen Tomicek

Das Chaos beginnt mit einer Eilmeldung. Um 15.43 Uhr schlägt in Berlin die Nachricht ein, dass sich das FDP-Präsidium für den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten ausgesprochen hat. In der Union kocht die Wut hoch.

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Berlin. Das Chaos beginnt mit einer Eilmeldung. Um 15.43 Uhr schlägt in Berlin die Nachricht ein, dass sich das FDP-Präsidium für den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten ausgesprochen hat.

So weit die Räder tragen ... (in der Rhein-Zeituung am 29.02.2012)

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„... dann bist du gleich wieder flott!“ (in der Rhein-Zeitung am 28.02.2012)

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Paketdienst (in der Rhein-Zeitung am 28.02.2012)

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Mineralölkonzert (in der Rhein-Zeitung am 24.02.2012)

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„Der Bilderrahmen kommt mir bekannt vor ...“ (in der Rhein-Zeitung am 21.02.2012)

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„Wir brauchen etwas Stabileres“ (in der Rhein-Zeitung am 20.02.2012)

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„... sie führen auch noch andere Marken!“ (in der Rhein-Zeitung am 18.02.2012)

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„Was gibt's denn jetzt wieder zu meckern, Herr Schäuble?“ (in der Rhein-Zeitung am 16.02.2012)

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„Wir sollten allmählich an Umschulung denken!“ (in der Rhein-Zeitung am 15.02.2012)

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„... die Verjährung seiner Flensburger Punkte!“ (in dedr Rhein-Zeitung am 10.02.2012)

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(in der Rhein-Zeitung am 09.02.2012

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Jürgen Tomicek

Wackel-Wulff (in der Rhein-Zeitung am 03.02.2012)

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„Könnten Sie mir mit etwas Heißluft aushelfen?“ (in der Rhein-Zeitung am 02.02.2012)

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„ ... das sollte Sie nicht kränken!“ (in der Rhein-Zeitung am 01.02.2012)

Horst Haitzinger

In der Union kocht die Wut hoch. Die FDP schlägt sich auf die Seite von Rot-Grün. Der Koalitionskrach ist da. Die Parteistrategen der Union verbreiten umgehend, dass man Gauck nicht akzeptieren werde.

Gauck gilt bis zur Stunde in der Union als nicht vermittelbar. CDU und CSU wollen eigentlich nicht den Mann zum Bundespräsidenten wählen, der vor zwei Jahren gegen den CDU-Mann Christian Wulff angetreten war und sie nun eine Amtszeit lang an die eigene Fehlbarkeit erinnern wird. „Gauck geht gar nicht. Das wäre für die Union ebenso als sollten SPD und Grüne ein Regierungsmitglied von uns wählen“, sagt ein hochrangiges CDU-Mitglied unserer Zeitung. Die dramatische Wende kommt um 20.30 Uhr. Der Druck auf die Kanzlerin ist enorm. Sie gibt nach und akzeptiert Gauck. Wenige Minuten später sickert die Nachricht durch.

Dem Einlenken der Kanzlerin waren dramatische Stunden vorausgegangen, in denen die Koalition zwischenzeitlich am seidenen Faden hängt: Im Kanzleramt um 15 Uhr unterbrechen die Spitzen von Union und FDP ihre Beratungen über die Wulff-Nachfolge. Alle Teilnehmer eilen in getrennte Räume, um sich mit Mitgliedern der Spitzengremien ihrer Partei telefonisch zu beraten.

Die FDP-Spitze einigt sich nach nach Angaben aus Parteikreisen darauf, dass der ehemalige Bischof Wolfgang Huber und der frühere Umweltminister und Chef des UN-Umweltprogramms Klaus Töpfer als Kandidaten für das höchste Staatsamt nicht gewünscht sind. In einer weiteren Telefonschaltkonferenz am Abend wird sogar deutlich, dass die Liberalen sowohl den SPD-nahen Huber wie auch den von den Grünen hoch geschätzten Töpfer für eine Provokation halten. Dafür sorgen die Liberalen für eine faustdicke Überraschung: Das Präsidium spricht sich einstimmig dafür aus, dass man Gauck unterstützen wolle.

Als die liberalen Verhandlungsführer Parteichef Philipp Rösler und Fraktionschef Rainer Brüderle in die Verhandlungen mit der Union zurückkehren, ist der Krach da. Denn in der Präsidiumsschalte der CDU wiederum waren die Vorbehalte gegen Gauck erneut deutlich geworden. Dafür stoßen Huber und Töpfer als mögliche Kandidaten auf große Resonanz in der Parteiführung. Nach Planung der Kanzlerin sollten in der Zeit, in der zwischen Union und FDP die Fetzen fliegen, die Regierungsparteien eigentlich schon mit den Vertretern der Opposition im Kanzleramt sitzen und über einen Nachfolger für den zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff beraten.

Roth: „Ein unwürdiges Treiben“

Während sich die Regierungsparteien streiten, wird zwischen SPD und Grünen viel über einen Plan B telefoniert. Sollte es Union und FDP nicht gelingen, einen aus Oppositionssicht geeigneten Kandidaten zu finden, will man erneut versuchen, einen gemeinsamen Kandidaten zu küren. Die Verärgerung der Opposition über das Regierungslager ist groß. Grünen-Chefin Claudia Roth spricht von einem „unwürdigen Treiben“. Die Fraktionschefin der Grünen nennt es ein „quälendes Schauspiel“.

Gabriel erhöht den Druck

„Rufen Sie doch Frau Merkel an“, sagt Gauck selbst in Wien auf Fragen von Journalisten nach einer möglichen zweiten Kandidatur und lacht dazu schelmisch. Er fügt noch hinzu: „Ich habe doch zu diesem Thema die ganze Zeit nichts gesagt. Deshalb warte ich mal – bis morgen oder übermorgen. Schau'n wir mal.“ So lange muss er nicht warten. Der Anruf aus Berlin, ob er abermals bereit ist nun als Kandidat von Union, SPD, Grünen und FDP anzutreten, kommt am Abend.

Trotz der unübersichtlichen Lage vor dem Treffen von Regierung und Opposition im Kanzleramt frohlockt das rot-grüne Lager seit dem Nachmittag.

Mit dem klaren Votum der Liberalen für Gauck wächst der Druck auf die Union, eine Kehrtwende in der Kandidatenfrage zu vollziehen. Doch Liberale und Union stehen sich zunächst unversöhnlich gegenüber. Merkel besteht darauf, dass sie Gauck nicht mittragen will. Die Liberalen bleiben bei ihrem Votum. Alle wissen: Ein Zusammengehen von Liberalen mit SPD und Grünen, also eine Art Ampelkoalition für die Präsidentenwahl, wird den Bruch der Koalition bringen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel wittert angesichts der verhärteten Fronten innerhalb des Regierungslagers seine Chance und baut vor den Gesprächen Druck auf. Die SPD setze weiterhin darauf, dass Kanzlerin Merkel am Ende Gauck als Kandidat akzeptieren werde, heißt es aus Parteikreisen. Das tritt dann auch ein.

RZ-Korrespondentin Eva Quadbeck