Saarbrücken

Kurzer Kopf-an-Kopf-Wahlkampf im Saarland

Rund 800 000 Saarländer können an diesem Sonntag einen neuen Landtag wählen. Nach dem Auseinanderbrechen der Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP am Dreikönigstag werden die politischen Karten an der Saar neu gemischt. Doch allzu groß sind die Wahlmöglichkeiten im kleinsten Flächenland nicht.

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Saarbrücken. Rund 800 000 Saarländer können an diesem Sonntag einen neuen Landtag wählen. Nach dem Auseinanderbrechen der Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP am Dreikönigstag werden die politischen Karten an der Saar neu gemischt.

Doch allzu groß sind die Wahlmöglichkeiten im kleinsten Flächenland nicht. Denn es geht wohl nur noch um die Frage, ob Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) oder SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas die Große Koalition als Regierungschef anführt. Dass die Schwarzen mit den Roten die neue Regierung bilden, scheint nach Bekunden beider beschlossene Sache zu sein.

Auseinandersetzung ohne Höhepunkte

So kann es auch nicht verwundern, dass der kurze Wahlkampf an der Saar eher farblos und ohne Höhepunkte verläuft. Harte Bandagen und gewetzte Messer gehören da nicht zur Tagesordnung. Denn die politischen Gemeinsamkeiten bei den Kernthemen sind so auffällig, dass man den Eindruck gewinnen kann, die Große Koalition wird ohne Sondierungen und Verhandlungen die Regierungsgeschäfte aufnehmen können.

Natürlich geht es auch im Saarland ums liebe Geld – oder besser gesagt ums fehlende Geld. Das grundsätzliche Bekenntnis zur Schuldenbremse ist inzwischen allen Parteien ins Programm geschrieben. Lediglich bei der Frage, wie man die Neuverschuldung stoppen will – Heiko Maas spricht von 65 Millionen Euro, die es jährlich einzusparen gilt –, lassen sich Unterschiede erahnen.

Die sind zwischen den beiden Großen in der Bildungspolitik nicht mehr auszumachen. Die SPD stellt die von Jamaika mit Unterstützung der Linken durchgesetzte Verfassungsänderung, die Gymnasium und Gemeinschaftsschule als gleichberechtigte weiterführende Schulangebote definiert, nicht mehr infrage. Dafür signalisiert die CDU Zustimmung bei der Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Und der Streit um einen gesetzlichen Mindestlohn (rot) oder eine tariflich festgelegte Lohnuntergrenze (schwarz) scheint auch mehr Wortgeplänkel als ideologischer Grabenkampf zu sein.

CDU und SPD in Meinungsumfragen gleichauf

Bei so viel Vertrautheit ist es nicht verwunderlich, dass sich SPD und CDU in den Meinungsumfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern. Fast übereinstimmend sehen die Forschungsgruppe Wahlen und Infratest dimap beide Parteien zwischen 33 und 34 Prozent. Während die Linken mit Zugpferd Oskar Lafontaine bei 15 bis 16 Prozent liegen, können die beiden aus der Jamaika-Koalition katapultierten kleineren Parteien keine großen Wählerscharen hinter sich vereinen. Die FDP landet bei den Meinungsforschern gerade einmal zwischen 2 und 3 Prozent und fügt sich damit nahtlos in den bundespolitischen Abwärtstrend. Ihr Wiedereinzug in den Landtag gilt als nahezu ausgeschlossen. Um den müssen aber auch die Saar-Grünen bangen. Die Demoskopen sagen der Partei aktuell rund 5 Prozent voraus. Das sieht bei den Piraten etwas komfortabler aus. Sie liegen derzeit bei 6 Prozent und haben gute Chancen, nach dem Erfolg in Berlin jetzt ein zweites Länderparlament zu entern.

Nach den aktuellen Befragungen ist es mehr als unwahrscheinlich, dass sich erneut fünf Parteien die 51 Sitze im Saarbrücker Landtag teilen. Nicht ausgeschlossen ist, dass sich Linke und Piraten nach der Wahl am Sonntag allein auf den Oppositionsbänken wiederfinden. Mit dieser Rolle will sich vor allem die Linkspartei noch nicht anfreunden. Ihre Ausnahmestellung in einem westlichen Bundesland ist natürlich zu einem großen Teil in der Persönlichkeit Oskar Lafontaines begründet. Und genau der gibt den versierten Taktiker und stellt seinen ehemaligen Parteifreunden in Aussicht, einen SPD-Ministerpräsidenten zu wählen, falls die CDU aus der Wahl als stärkste Kraft hervorgeht. Dass dies nicht sein einstiger Ziehsohn Heiko Maas sein kann, steht außer Frage. Zu vehement hat sich der oberste Saar-Genosse von den Linken abgegrenzt, zu oft hat er das Regierungsbündnis mit der Union als einzige Option propagiert. Wird er jetzt wortbrüchig, hätte die SPD ihren zweiten „Fall Ypsilanti“, an dem die Partei auch bundespolitisch lange zu knabbern hatte.

Es ist genau dieses Geplänkel abseits der beschlossenen Großen Koalition, das dem saarländischen Wahlkampf zumindest etwas Würze gibt. Aber es sind auch die bevorstehenden Neuwahlen in Nordrhein-Westfalen (13. Mai) und der Urnengang in Schleswig-Holstein eine Woche zuvor, die die größeren bundespolitischen Schlagzeilen schreiben und das Saarland mit seiner vermeintlichen Ministerpräsidenten-Urwahl nicht nur geografisch an den Rand drängen. Zumal die Ergebnisse aus Düsseldorf und Kiel auch einen entscheidenden Einfluss auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat haben können.

Von unserem Nachrichtenchef Markus Kratzer