Brüssel

Kritiker: Europa wird von der Innenpolitik bestimmt

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Es gibt nur einen Unterschied: Im Polit-Ring gehen alle als Sieger nach Hause. So auch diesmal: Bundeskanzlerin Angela Merkel wertete die Ergebnisse als Erfolg für Deutschland und die EU. Auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sah sich und Europa als Gewinner.

Doch nicht alle Partner bewerten das so positiv. „Es ist bitter, dass Europa derzeit von der Innenpolitik Deutschlands und Frankreichs bestimmt wird“, heißt es aus dem integrationsfreundlichen kleinen Luxemburg. Dort denkt man, was Wirtschaftsminister Rainer Brüderle im kleinen Kreis in Berlin ausgeplaudert haben soll: Merkels Politik ist derzeit allein auf die anstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ausgerichtet – daheim wie international. Und bei zentralen Fragen liegt das deutsch-französische EU-Führungsduo über Kreuz. In der Libyen-Frage beispielsweise unterstellen die Deutschen Sarkozy, dass er mit seinem Vorpreschen die Pariser Nähe zu den gestürzten Herrschern vergessen machen und seine Popularitätswerte im Vorfeld der Präsidentschaftswahl aufpolieren will. Paris wiederum beklagt, Deutschland profitiere als Export-Vizeweltmeister zwar gern wirtschaftlich von der Globalisierung, wolle aber nicht die politische Verantwortung, die seiner Stärke entspricht, übernehmen.

Auch beim Euro gibt es unübersehbare Konflikte: Eigentlich war die größte Reform der Währungsunion schon vor dem Treffen durch. Doch Merkel sorgte für Verstimmung, weil sie das bereits von den Finanzministern geschnürte Paket zum permanenten Krisenmechanismus nur deshalb aufschnürte, um im Jahr der Bundestagswahl die Berliner Bareinzahlung – und damit die Neuverschuldung – zu drücken. Dies gelang, die Zahlungen werden nun über fünf Jahre gestreckt. Doch der Eindruck deutscher Zuchtmeister-Attitüde hat sich bei vielen Partnern in der Euro-Krise festgesetzt.

„Kann sie Europa zusammenhalten“, fragte der „Economist“ jüngst mit Blick auf Angela Merkel. „Der Kanzlerin fehlt das europäische Führungskonzept“, meint Joachim Fritz Vannahme, Leiter der Europa-Projekte in der Bertelsmann-Stiftung. Und aus Luxemburg heißt es: „Sie navigiert nur noch auf Sicht.“

Nicht nur dort vermisst man die Miss Europa von 2007. Damals rettete Angela Merkel unter deutschem Ratsvorsitz den EU-Reformvertrag. Der sollte Europa mehr Einheit bringen. Mehr als ein Jahr nach Inkrafttreten ist davon nichts zu erkennen. „Die EU-Außenpolitik ist ein Scherbenhaufen“, sagt Vannahme. Die wichtigste Lehre aus der Euro-Krise ziehen die Regierungen zudem nur halbherzig. Die Währungsunion braucht eine gemeinsame Wirtschaftspolitik, um dauerhaft krisenfest zu werden. Diese rückt mit dem Reformpaket zwar näher, ist aber noch lange nicht da.

Von Anja Ingenrieth und Birgit Marschall