Brüssel/Berlin

Kippt Brüssel die Rabatte für Ökostrom? 88 Firmen im Land betroffen

Brüssel beanstandet, dass stromintensive Betriebe weitgehend von der Finanzierung des Ausbaus von Solar-, Wind- und Biomasse-Anlagen befreit sind. Foto: dpa
Brüssel beanstandet, dass stromintensive Betriebe weitgehend von der Finanzierung des Ausbaus von Solar-, Wind- und Biomasse-Anlagen befreit sind. Foto: dpa

Die neue Bundesregierung bekommt zum Amtsantritt gleich mächtig Ärger mit Brüssel: Die EU-Kommission stellt die milliardenschweren Ökostrom-Rabatte für die deutsche Industrie infrage. Damit könnten auf Betriebe mit hohem Stromverbrauch hohe Rückforderungen zukommen. Allein in Rheinland-Pfalz wären 88 Unternehmen betroffen.

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Nach Ansicht der EU-Kommission verstoßen die Rabatte gegen die Grundprinzipien des fairen Wettbewerbs in Europa. Die Behörde hat daher am Mittwoch gegen Deutschland ein Verfahren wegen des Verdachts auf unzulässige Beihilfen eröffnet.

Brüssel beanstandet, dass stromintensive Betriebe weitgehend von der Finanzierung des Ausbaus von Solar-, Wind- und Biomasse-Anlagen befreit sind. Dies könnte ein „selektiver Vorteil“ sein. Die Kommission prüft, ob die Teilbefreiungen von der sogenannten EEG-Umlage „gerechtfertigt sind, ob sie verhältnismäßig sind und ob sie den Wettbewerbs möglicherweise in ungebührender Weise verfälschen.“ Ihr Verdacht: Es scheint, dass die Rabatte aus staatlichen Mitteln finanziert werden. In diesem Falle handelt es sich um eine Staatsbeihilfe – diese müssen von Brüssel genehmigt werden. Das EU-Verfahren bezieht sich auf die Zeit seit 2012. Besonders heikel ist die Frage, ob die Unternehmen mit hohen Nachzahlungen rechnen müssen. In diesem Fall müssten aus handelsrechtlichen Gründen Rückstellungen erfolgen.

In Mainzer Regierungskreisen hieß es am Mittwoch, dass dieser Punkt nicht klar ist. Der neue Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) rechnet offenbar im EU-Verfahren nicht damit, dass die Industrie erhaltene Ökostromrabatte tatsächlich zurückzahlen muss. „Es wird keine Nachzahlungen geben“, meinte er.

In der rheinland-pfälzischen Wirtschaft geht die Sorge vor einem Wegfall der Härtefallregelung um. „Ohne diese Teilbefreiung werden viele Betriebe schließen müssen, auch in Rheinland-Pfalz“, erklärte Werner Simon, Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU). Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) sprachen sich für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aus. db/dpa