Vallendar

Gruselfest: Halloween hat christliche Wurzeln

In der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November verkleiden sich die Menschen rund um den Erdball als Vampire, Geister, Gespenter oder Hexen. Wie hier in Hong Kong.
In der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November verkleiden sich die Menschen rund um den Erdball als Vampire, Geister, Gespenter oder Hexen. Wie hier in Hong Kong. Foto: dpa

Es ist wieder soweit: Bettlaken-Gespenster, Vampire und Fledermäuse hüpfen durch dunkle Straßen und fordern Süßes – sonst gibt's Saures. Halloween hat Deutschland fest im Griff.

Lesezeit: 3 Minuten
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Von Iris Leithold

Der noch junge Brauch nervt allerdings auch viele. Verklebte Türklingeln und Papierschlangen im Vorgarten, aber auch der Kommerz um das Geisterfest sorgen für Ärger. Für die christlichen Kirchen ist der Tag eine Herausforderung.

Schließlich ist am 31. Oktober in der evangelischen Kirche Reformationstag, bei den Katholiken der Vorabend des Hochfestes Allerheiligen. Die Kirchen gehen zunehmend pragmatisch und kreativ mit Halloween um. „Ich bin der Ansicht, dass man sich über Halloween nicht aufregen darf, sondern zur Kenntnis nehmen muss, dass Bräuche sich wandeln. Neue kommen, andere gehen unter“, sagt der katholische Theologe Manfred Becker-Huberti, der an der Philosophisch- Theologischen Hochschule Vallendar das Fach Kirche und Kommunikation lehrt.

Kreuz und Kürbis – die Symbolfrucht für das Halloween-Treiben – vertragen sich immer besser. Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche gehen zunehmend unaufgeregt mit dem aus den USA zu uns herübergeschwappten Brauch um.
Kreuz und Kürbis – die Symbolfrucht für das Halloween-Treiben – vertragen sich immer besser. Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche gehen zunehmend unaufgeregt mit dem aus den USA zu uns herübergeschwappten Brauch um.
Foto: Svenja Wolf

Er verweist auf den christlichen Ursprung von Halloween: Am Vorabend von Allerheiligen, so die Vorstellung frühchristlicher Jahrhunderte in Irland, kehren die Geister der Verstorbenen aus dem Fegefeuer zu ihren Gräbern zurück, wo die Angehörigen mit ihnen in Kontakt treten können. Die evangelische Kirche, die am 31. Oktober den Tag begeht, an dem Martin Luther anno 1517 seine 95 Reformthesen an die Kirchentür zu Wittenberg schlug, hat vor einigen Jahren die Flucht nach vorn angetreten.

Annika 10 Jahre fertig gestylt für die Halloweenparty

Immer wieder ein wunderbares Foto – hier hochladen.

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Halloween ist mittlerweile auch in Deutschland sehr beliebt.

Armin Weigel dpa

Das Gruseln hat begonnen!

„Lutherbonbons“ und „Lutherkekse“ werden seither an Halloween verteilt. Bestellungen nimmt seit Jahren die Lutherische Verlagsgesellschaft in Kiel entgegen. „Mit den Lutherbonbons können Christen Süßes geben und zugleich an die Bedeutung des Tags als Reformationstag erinnern“, heißt es auf den Tüten. Jährlich werden rund 3,5 Tonnen Bonbons und 2,5 Tonnen Kekse an Gemeinden, Schulen, Privatkunden und Institutionen bis nach Japan verschickt, wie Antje Harjes von der Marketingleitung der Verlagsgesellschaft berichtet.

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Halloween – Kultparty oder peinlicher US-Import?

Skurile Kostüme, blutverschmierte Gesichter und schaurige Partys: Halloween feiern immer mehr Menschen in Deutschland. Einige nervt das imprtierte Fest aber auch.

Das Kostüm liegt bereit. Halloween-Partys lasse ich mir nicht entgehen.
3%
13 Stimmen
Am 31. Oktober ist Reformationstag. Dafür muss ich mich nicht verkleiden.
30%
132 Stimmen
Der Brauch ist mir egal. Aber die Partys sind super!
5%
23 Stimmen
Verkleiden? Bloß nicht! Mir reicht schon Karneval.
19%
83 Stimmen
Zombies, Hexen und Dracula – einfach nur peinlich.
39%
173 Stimmen
Halloween sollte Feiertag werden. Verkleiden braucht arbeitsfreie Zeit.
4%
20 Stimmen

Eine Initiative aus der katholischen Kirche stellt ein Plakat zum Ausdrucken zur Verfügung, das Halloween-Gegner an ihre Haustür pinnen können. Scannen Kinder den QR-Code auf dem Plakat, landen sie auf einer Internetseite des kirchlichen Blogmagazins frischfischen.de. Dort wartet ein Gewinnspiel. Die dabei gewonnenen Gutscheine für Süßes können bei der Sternsingeraktion am 6. Januar eingelöst werden.

Theologe Becker-Huberti meint: „Das Klügste ist, darüber nachzudenken, warum die Leute Halloween feiern.“ Er halte den Brauch für eine verkappte Art, über Tod und Sterben nachzudenken. „Die Menschen begegnen heute nicht mehr Toten, sie erleben das Sterben nicht mehr.“ Sie suchten eine Art spielerischen Umgang, um sich mit diesem Themenkomplex auseinanderzusetzen. „Wenn man anfinge, das Sterben und den Tod etwas mehr in den Mittelpunkt zu stellen und Trauer nicht auszugrenzen, wäre das eine größere Hilfe, als Bonbons zu verteilen.“

Der Trend geht allerdings in die entgegengesetzte Richtung: Anonyme Bestattungen nehmen zu, weil niemand von der Familie am Ort lebt und das Grab pflegen kann. „Dann ist der alte Bezugspunkt weg, der bei Allerseelen eine Rolle spielt, wo man nach altem Glauben und Tradition den Toten nahe ist“, sagt Becker-Huberti. „In dieser Phase sind wir im Augenblick, die Zahl der Friedhofsbesucher nimmt ab.“

Daraus dürfe man niemandem einen Vorwurf machen, die Dinge änderten sich. Was daraus neu entstehen wird, sei nicht abzusehen. Halloween sieht Becker-Huberti in Deutschland auch schon wieder auf dem absteigenden Ast. Vor allem in Gegenden mit starker St.-Martin-Tradition setze sich der ältere Martinsbrauch durch. Halloween als Partykulisse für Jugendliche laufe noch, aber auch nicht mehr so stark wie noch vor einigen Jahren.