Geldanlage mit Heiligenschein gesucht

Beiwörter wie „ethisch“ kommen in Mode – immer mehr Menschen wollen ihr Geld moralisch einwandfrei anlegen. Die Ansätze der Anbieter sind aber unterschiedlich. Schon die Begriffe gehen durcheinander: Von „ökologischen“, „nachhaltigen“ oder „sozial verträglichen“ Geldanlagen ist die Rede, oft wird auch über „ethisches Investment“ gesprochen. Eines ist allen Varianten gemeinsam: Gesucht ist eine „Anlage mit Heiligenschein“ – zugespitzt formuliert.

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Beiwörter wie „ethisch“ kommen in Mode - immer mehr Menschen wollen ihr Geld moralisch einwandfrei anlegen. Die Ansätze der Anbieter sind aber unterschiedlich.

Schon die Begriffe gehen durcheinander: Von „ökologischen“, „nachhaltigen“ oder „sozial verträglichen“ Geldanlagen ist die Rede, oft wird auch über „ethisches Investment“ gesprochen. Eines ist allen Varianten gemeinsam: Gesucht ist eine „Anlage mit Heiligenschein“ - zugespitzt formuliert.

Doch wer setzt der Geldanlage den Heiligenschein auf? Eine ganze Reihe von Ratingagenturen beschäftigt sich mittlerweile damit, „ethische“ Kriterien bei Unternehmen abzuklopfen. Doch es stellen sich schwierige Grundsatzfragen. Um nur eine aufzuwerfen: Ist es ausbeuterisch, wenn ein Konzern in einem Schwellenland produziert - oder trägt er damit zur wirtschaftlichen Entwicklung bei?

Der Anleger, der sich für einen nachhaltigen Fonds entscheidet - und das dürfte für alle das Mittel der Wahl sein, die das Risiko einer Einzelaktie oder -anleihe scheuen -, muss sich darüber schlaumachen, wer solche Fragen wie beantwortet. Antje Schneeweiß, die beim kirchlich orientierten Südwind-Institut in Siegburg den Bereich „sozialverantwortliche Geldanlagen“ betreut, fordert von den Anbietern deshalb auch Klarheit darüber, ob eine externe Agentur möglichen Anlagezielen auf den Zahn fühlt - oder eine hausinterne Abteilung des Fondsanbieters.

Keine unwesentliche Frage, springen doch immer mehr Banken und Fondsgesellschaften auf den Trend zum „ethischen Investment“ auf. „Nicht wenige Anbieter entdecken die Chance, sich mithilfe eines ethisch klingenden Labels ein neues Kundensegment zu erschließen“, beobachtet Professor Bernhard Emunds von der Jesuiten-Hochschule St. Georgen in Frankfurt. Doch was gehört zum „echten“ ethischen Investment überhaupt dazu?

Ausschlusskriterien: Antje Schneeweiß hält es für unverzichtbar, dass Unternehmen mit unerwünschten Tätigkeiten erst einmal weggefiltert werden - und dass auch klipp und klar im Verkaufsprospekt steht, welche Ausschlusskriterien der Fonds anlegt. Waffen, Alkohol, Tabak, Glücksspiel, Kinderarbeit und Missachtung der Menschenrechte können ebenso zu diesen Tabus zählen wie die Embryonenforschung und das Nutzen von fossilen Energieträgern, Kernkraft oder Tropenhölzern.

Gravierender Nachteil aus Anlegersicht, falls der Kriterienkatalog sehr streng ist: Viele Unternehmen, die breit aufgestellt sind und damit als vergleichsweise sicher gelten können, haben irgendwo in der weitverzweigten Konzernstruktur auch ein Tabu-Töchterchen. Und wenn wichtige Branchen wie Öl, Chemie und Bergbau fehlen, lässt sich das Risiko schlechter streuen.

Positivkriterien: Ist das Unannehmbare herausgefiltert, gehen viele Fonds gezielt auf die Suche nach dem Gewünschten. Beispielsweise sollen die Unternehmen im Bereich der Erneuerbaren Energien angesiedelt sein. Oder es wird danach geforscht, wo die Gleichstellung von Mann und Frau besonders weit gediehen ist.

Bei Fonds mit thematischen Schwerpunkten kann es aber ein ökonomisches „Klumpenrisiko“ geben: Wer im Extremfall nur auf eine Branche setzt, läuft Gefahr, deren Auf- und Abschwünge unmittelbar mitzumachen. Antje Schneeweiß beruhigt allerdings: „So ausschließlich macht das im Grunde kein Fonds.“

Best-in-class-Ansatz: Mehr Sicherheit durch eine breitere Streuung der Anlagemöglichkeiten bietet die Suche nach dem „Klassenbesten“. Gefragt ist etwa der Musterschüler unter den Chemie-, Auto- oder Stromriesen, der sich positiv von seinen Konkurrenten abhebt. Was herauskommt, kann aber für einen ernsthaft ethisch ausgerichteten Menschen schwer verdaulich sein. Denn so kommt natürlich auch ein Atomstromerzeuger infrage, der einen großen Geschäftsbereich Erneuerbare Energie hat. Südwind-Expertin Schneeweiß kritisiert deshalb: „Nahezu alle DAX-Unternehmen sind in irgendeinem Nachhaltigkeitsfonds enthalten. Das ist doch ein Signal an die Unternehmen, dass sie machen können, was sie wollen.“ Befürworter des Ansatzes halten dagegen, durch das „Belohnen“ des relativ Besten bekämen andere einen Anreiz, ihm nachzueifern.

Toleranzgrenzen: Bauchweh dürften viele auch mit dem Ansatz haben, „ein bisschen schlecht“ durchgehen zu lassen. Dann wird beispielsweise bei Sparten, die nur fünf Prozent des Umsatzes beisteuern, ein Auge zugedrückt. Falls dort moralisch fragwürdig gearbeitet wird, muss der Anleger das geflissentlich übersehen. Dafür kommen mehr Großkonzerne ins Portfolio, die Kurse schwanken weniger.

Rendite: Normalerweise ist es die erste Frage des Anlegers - beim ethischen Investment rückt sie oft in den Hintergrund: Wie viel Geld lässt sich mit der Anlage verdienen? Lange wurde dem „ethischen Investment“ eine gewisse Nähe zum Spenden unterstellt. Doch es stimmt nicht, dass sich der Anleger mit dürftigen Erträgen zufriedengeben muss, sagt Antje Schneeweiß: „Mit einem Nachhaltigkeitsfonds lässt sich eine Rendite erzielen, die der eines konventionellen Fonds im vergleichbaren Anlagebereich entspricht.“ Hinzu kommt, dass sich der Anleger über eine „doppelte Rendite“ freuen kann, weil er Dinge unterstützt, die ihm wichtig sind. Schneeweiß betont allerdings, dass das Ergebnis wie bei jedem anderen Fonds von der Qualität des Managements abhängt: „Natürlich gibt es auch schlecht gemanagte Nachhaltigkeitsfonds.“

Berater: Die Südwind-Expertin hält es für ein zusätzliches Qualitätsmerkmal, wenn sich der Fonds von einem Expertengremium beraten lässt - oft gibt es entsprechende Beiräte. Wer darin vertreten ist, sollte aber auch tatsächlich Expertise mitbringen. Schneeweiß ist „wenig überzeugt“, wenn dort ausschließlich Vertreter des kirchlichen Finanzwesens sitzen: „Nicht jeder ist, bloß weil er bei der Kirche arbeitet, Fachmann für Nachhaltigkeit.“

Selbst bei lupenreinen Anbietern können dann immer noch Fehler passieren: In einem Ethik-Fonds der Kölner Pax-Bank fanden sich im vergangenen Jahr überraschend Aktien von Waffen- und Tabakproduzenten. Natürlich verkaufte das katholische Geldhaus die Papiere sofort. Doch der Fall unterstreicht: Leicht ist es nicht, die Geldanlage mit Heiligenschein zu finden.

Jörg Hilpert