Frust als Anfänger: Probleme rasch ansprechen

Der Start ins Berufsleben endet für viele Azubis mit einer Bruchlandung: Weit mehr als jeder Fünfte bricht seine Lehre ab, wie das Statistische Bundesamt ermittelt hat. Dabei müsste es in den allermeisten Fällen nicht so weit kommen, meinen Experten.

Lesezeit: 2 Minuten
Anzeige

Der Start ins Berufsleben endet für viele Azubis mit einer Bruchlandung: Weit mehr als jeder Fünfte bricht seine Lehre ab, wie das Statistische Bundesamt ermittelt hat. Dabei müsste es in den allermeisten Fällen nicht so weit kommen, meinen Experten.

Das setzt voraus, dass Lehrlinge sich vorab gründlich über ihren Beruf informieren – doch viele junge Menschen haben völlig falsche Vorstellungen von einem Beruf. Wenn sich etwa ein Bäckerlehrling darüber beklagt, dass er morgens um 4 Uhr in der Backstube stehen muss, denken sich Berater manchmal: „Das hätte er auch vorher wissen können.“

Auffällig ist auch, dass von den Ausbildungsabbrechern 38 Prozent vorher nicht mal ein Praktikum in ihrem Ausbildungsberuf gemacht haben. Dabei ist es sehr wichtig, die Lebenswelt des Berufs schon vorher kennengelernt zu haben. Bei einer Umfrage von TNS Emnid unter 400 Ausbildungsabbrechern gaben 21 Prozent zu, sie hätten falsche Vorstellungen von ihrer Tätigkeit gehabt.

Das zweite große Problem sind Konflikte im Betrieb. Sollen Lehrlinge nur den Hof fegen und Kaffee kochen, macht die Ausbildung keinen Spaß. Auch der Lerneffekt bleibt aus. Das macht vielen zu schaffen: 48 Prozent der Abbrecher gaben bei der TNS-Emnid-Umfrage an, dass sie häufig Arbeiten verrichten mussten, die mit der Ausbildung nichts zu tun hatten.

„Man sollte nicht gleich beim ersten Problem die Flinte ins Korn werfen. Aber man muss die Probleme unbedingt klären“, sagt der DGB-Ausbildungsexperte Dirk Neumann. „Wer einen Ausbildungsplatz ergattert hat, sollte mit diesem hohen Gut nicht leichtfertig umgehen.“

Probleme gilt es deshalb sofort anzusprechen. Jeder Lehrling hat laut Neumann das Recht, dass ein Ausbildungsplan aufgestellt und auch eingehalten wird. Gerade in kleinen Betrieben müssten die Lehrlinge ihren Chef dazu aber manchmal ein bisschen drängen.

Erst wenn das alles nichts hilft und die Situation nicht besser wird, sollten Auszubildende über eine Kündigung nachdenken, raten die Experten. Wichtig ist demnach, erst einmal zweigleisig zu fahren. Der Jugendliche kann seine Ausbildung vorerst fortsetzen und trotzdem die Augen offen halten, ob es irgendwo einen passenderen Ausbildungsplatz gibt. Wer aber den falschen Ausbildungsberuf ergriffen hat, wird im nächsten Betrieb auch nicht zufriedener sein.

Behalten Abbrecher den Beruf bei, können sie die Ausbildung im Idealfall lückenlos in einem anderen Betrieb fortsetzen. Bei einem Berufswechsel können sie oft erst zum nächsten Ausbildungsjahr beginnen, weil dann die Berufsschulklassen erneut anfangen.

Wer kündigen und seine Ausbildung in einem anderen Betrieb fortsetzen will, muss dies meist begründen können – beispielsweise mit schlechter Ausbildung oder dem Fehlen eines geeigneten Ausbilders. Wer unzufrieden ist, sollte sich auf jeden Fall Hilfe holen – bei Kollegen, älteren Azubis, dem Betriebsrat oder der zuständigen Kammer. Im Lebenslauf muss sich ein Lehrstellenwechsel nicht zwangsläufig schlecht machen. Entscheidend sind eine fundierte Ausbildung und ein gutes Abschlusszeugnis.

Marc Herwig