Fotografie im Wandel: Neuste Trends auf der größten Fotomesse der Welt

Es ist die größte Fotomesse der Welt – aber die normale Kompaktkamera findet man auf der Photokina in Köln kaum noch. Nur wenige Anbieter haben die typische Kamera im Gepäck, die viele Hobby-Fotografen lange in der Hosentasche trugen. Neue Modelle sorgen auf der Messe zwar noch für Blitzlichtgewitter. Doch die Kompakten sind in Zeiten des Smartphones auf dem Weg zur bedrohten Spezies – zumindest bei einfacher Ausstattung und im unteren Preisbereich.

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„Die ganz preiswerten Modelle findet man praktisch nicht mehr im Handel, manche Hersteller haben sich aus diesem Segment ganz zurückgezogen“, sagt Constanze Clauß vom Photoindustrie-Verband (PIV). Die Smartphones haben hier fast komplett übernommen.

Anders sieht es bei höherwertigen Kompakten etwa zwischen 200 und 600 Euro aus. „Da ist die Bandbreite groß, es gibt etliche Innovationen. Da lohnen sich Investitionen für die Industrie auf jeden Fall“, sagt Clauß. „Früher waren Kompaktkameras meistens die kleinen, preiswerten Geräte für die Jackentasche, heute sind sie voluminöser, und es steckt viel mehr Technik drin.“

Fotodrohnen und Action-Cams stehen im Mittelpunkt

Die Photokina mit rund 1000 Ausstellern aus 40 Ländern und mehr als 180 000 erwarteten Besuchern bis Sonntag spiegelt das wider. Die Hauptrolle spielen diesmal Systemkameras und neue Gerätetypen wie Fotodrohnen, Action-Cams oder 360-Grad-Aufnahmegeräte. Viele stellen aber auch neue Kompakt-Kamera-Modelle vor – im höheren Preisbereich. An den Ständen von Panasonic, Fujifilm, Nikon oder Sony gibt es dazu einige Premieren. Fast alle Neuen lassen sich dabei mit dem Smartphone verbinden, bieten teilweise Zeitlupenfunktion und wollen mit erhöhter Bildqualität punkten – zu haben ab 650 Euro.

Der Fotomarkt steckt im Umbruch, die Zahlen sind düster: Der Absatz von Digitalkameras halbierte sich von 2011 bis 2015 von 8,5 Millionen im Jahr auf vier Millionen Apparate. Kompaktkameras haben einen bedeutenden Anteil: Ihr Absatz schrumpfte von 7,5 Millionen auf gut 3 Millionen Stück. Der Negativtrend setzt sich auch 2016 fort: Der Gesamtabsatz sinkt nach PIV-Prognose auf 3,5 Millionen Stück. Darin enthalten sind 2,6 Millionen Kompaktkameras – ein Minus von 14 Prozent, das noch stärker ausfallen würde ohne die eingerechneten boomenden Action-Cams. Clauß prophezeit: „Damit dürfte der Bodensatz dann aber auch erreicht sein.“

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Photokina 2016 startet: Fotomarkt steckt im Umbruch

Die weltgrößte Fotomesse «photokina» 2016 startet und die Branche verzeichnet ein deutliches Minus am Absatz klassischer digitaler Kompaktkameras. Kleine Action-Cams sind der aktuelle Trend. Bei Ihnen auch?

Nein, ich nutze sogar noch meinen analogen Fotoapparat
61%
137 Stimmen
Ja, ich fotografiere und filme alles mit meiner Action-Cam
3%
6 Stimmen
Ich nutze verschiedene Geräte: Klassische Kamera, Action-Cam und mein Smartphone
30%
67 Stimmen
Ich finde fotografieren doof.
6%
15 Stimmen

Was bieten die tendenziell höherwertigen Kompaktkameras? Funktionen wie Zeitraffer- oder Zeitlupeneffekte, Serienbilder, einfache Bedienbarkeit, Scharfstellen auf dem Display, zählt die PIV-Sprecherin auf. „Man braucht sich mit Technik nicht auszukennen, kann sich ganz auf das Bildmotiv konzentrieren.“ Ein Schattendasein für die Kompakten der oberen Liga sieht sie nicht kommen.

Verbraucher wollen ihre Bilder teilen

Der Higthech-Verband Bitkom schätzt das etwas anders ein. Die Kompaktkamera erlebt seiner Ansicht nach einen „massiven Bedeutungsverlust“ und ist insgesamt „nach und nach auf dem Weg in die Nische“, sagt Timm Lutter, Experte für Verbraucherelektronik. „Vor allem der Niedrigpreissektor verzeichnet Einbrüche, weil die Nutzer lieber zum Smartphone greifen.“ Die höherpreisigen Kompaktkameras könnten den insgesamt stark rückläufigen Trend nicht abwenden.

Lutter zufolge gehört zu den entscheidenden Faktoren für einen Markterfolg, ob die neuen Kompakten gut in puncto Vernetzbarkeit sind – ob sie also etwa via WLAN oder Bluetooth problemlos Bilder aufs Smartphone oder ins Internet stellen können. Denn: „Die Möglichkeit, schnell Bilder teilen zu können, steht für die meisten Verbraucher im Mittelpunkt ihrer Kaufentscheidung.“

Die Gesellschaft für Konsumforschung rechnet mit Wachstum nur für Produkte, die „einen signifikanten Mehrwert gegenüber dem Smartphone“ haben. Einfache Kompaktmodelle würden weiter vom Markt gedrängt, „solide“ hätten Bestand. Ein Hersteller formuliert es so: „Wir sehen immer noch die Notwendigkeit einer hochwertigen kompakten Kamera. Aber bei den einfachen Einsteigermodellen reicht uns Modellpflege.“