Energiewende: Schatten über dem Geschäft mit der Sonne

Das Licht spiegelt sich grell auf der hektargroßen Solarmodulfläche, die auf freiem Feld nahe der Lindauer Autobahn steht. Es ist der Stolz der 22 000 Einwohner zählenden Stadt Leutkirch im württembergischen Allgäu.

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Schon seit Langem sind sich die Bürger der Stadt bewusst, dass sie von der Sonne verwöhnt werden. Der südöstlichste Zipfel Baden-Württembergs genießt mit die meisten Sonnenstunden im Jahr. Daher ist es nicht verwunderlich, dass das Städtchen schon seit Jahren die Liste der mittelgroßen Städte bei der Solarbundesliga anführt.

Mit der Rangliste kürt die Fachzeitschrift „Solarthemen“ jährlich deutsche Städte und Gemeinden, die viel Fotovoltaikleistung produzieren. Nun hat Leutkirch mit dem neuen Solarpark ihren Abstand zum Zweitplatzierten, der nahe gelegenen Stadt Wangen im Allgäu, noch weiter ausgebaut. Mehr als 280 Bürger sind mittlerweile Mitglied bei der einträglichen Energiegenossenschaft Leutkirch, die an dem Solarpark zusammen mit dem Energieversorger EnBW sowie dem Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW) beteiligt ist.

Ein Beispiel dafür, warum die sonnigen Südländer Baden-Württemberg und Bayern ganz vorn bei der Erzeugung von Sonnenenergie liegen. Eigentlich sollte es bei so viel Sonnenschein und Bürgerengagement um die Solarbranche im Südwesten bestens bestellt sein. Warum also gehen deutsche Solarfirmen trotzdem reihenweise in die Insolvenz – auch im Südwesten, wie zum Beispiel der Anlagenbauer Centrotherm aus Blaubeuren (Alb-Donau-Kreis) oder der Modulproduzent Sunways aus Konstanz am Bodensee?

Wer genau hinsieht, erkennt schnell einen Teil des Problems: Der Solarpark Leutkirch ist, wie viele andere Solarparks und Scheunendächer, bestückt mit mehr als 20 000 Solarmodulen der Firma Yingli aus dem fernen China. „Die chinesischen Hersteller können wegen ihrer großen Fabriken einfach billiger produzieren“, erklärt Carsten Tschamber, Geschäftsführer des SolarClusters Baden-Württemberg e.V..

Sind also die deutschen Hersteller zu klein aufgestellt? Ja, meint Tschamber. Hinzu komme eine massive staatliche Förderung der Branche in dem asiatischen Land. In dem Punkt hat die Solarbranche in Deutschland eine ganz eigene Geschichte: Anfang des Jahrtausends seien die Einspeisevergütungen für Sonnenenergie noch sehr hoch gewesen, erklärt Tschamber. Doch dann habe die Politik wegen der explodierenden Förderkosten den Geldhahn schnell wieder zugedreht.

Hinzu kam der rapide fallende Strombörsenpreis. „Viele Modulhersteller, wie zum Beispiel QCells in Ostdeutschland, hatten dann Probleme, so schnell darauf zu reagieren.“ Daher mussten viele von ihnen Insolvenz anmelden – so auch Centrotherm und Sunways. Centrotherm hat inzwischen wieder das Insolvenzverfahren verlassen, steht aber sehr geschwächt da. Der Verlust konnte zwar in den ersten neun Monaten (per 31. Oktober 2013) von 372,1 Millionen auf 77,4 Millionen Euro eingedämmt werden. Doch das lag vor allem an der harten Umstrukturierung: Tochterunternehmen wurden verkauft, Hunderte von Mitarbeitern entlassen.

Nun sucht Centrotherm sein Heil in einem zweiten Standbein im Halbleiterbereich. Dennoch bleibt das Unternehmen weiterhin am Tropf des Fotovoltaikmarktes hängen. Auch das Insolvenzverfahren über Sunways wurde wieder aufgehoben – schon zuvor war ein chinesischer Partner eingestiegen. Die Projektierer und Maschinenbauer sowie viele kleinere Solarteure in Oberschwaben profitieren weiterhin von der sonnenreichen Region.

Zwar kommen die Module, die in Solarparks aufgestellt und auf Dächer geschraubt werden, inzwischen nicht mehr aus Deutschland, dafür kaufen aber die ausländischen Modulproduzenten ihre Fertigungsanlagen noch beispielsweise bei dem Maschinenbauer Manz AG aus Reutlingen. „Wir sehen hier in Zukunft Chancen, gerade für unsere Cigs-Dünnschicht- Technologie mit höherem Wirkungsgrad“, sagt Axel Bartmann, Leiter der Unternehmenskommunikation bei Manz. Die Hoffnung ruht auch im Südwesten Deutschlands auf einer weltweiten Erholung des Solarmarktes in diesem Jahr.

Doch momentan sind die Folgen der vergangenen harten Jahre noch deutlich sichtbar. Der Anteil des Solarsegments am Gesamtumsatz hat sich bei Manz in der Neunmonatsbilanz 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 10 auf 3,5 Prozent reduziert. Schuld daran sei die zurückhaltende Investitionsbereitschaft der Kunden, hieß es im Geschäftsbericht.

Zudem sind lediglich etwa 150 Manz-Arbeitsplätze in Deutschland in dem Bereich Solar übrig geblieben – von einst mehr als 400. Manz hat den Bereich Solar nicht aufgegeben, aber „wir haben 2008 frühzeitig eine Diversifizierungsstrategie verfolgt“, sagt Bartmann. Inzwischen verdient der Konzern gut 65 Prozent seines Umsatzes im Bereich Display und profitiert dabei vom Boom bei Touchscreengeräten wie Smartphones. 2008 war das Segment Solar noch für 60 Prozent des Umsatzes der Reutlinger verantwortlich. Susanne Schulz