Berlin/Rheinland-Pfalz

Energiewende bekommt die Kurve nicht

Die Energiewende gerät in vielen Regionen immer mehr ins Stocken. Es fehlen Speichermöglichkeiten für den regenerativ gewonnenen Strom, zudem kommt der Netzausbau nicht voran. Die Kritik: Die Bundesregierung geht das Thema nicht energisch genug an.

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Berlin/Rheinland-Pfalz. Die Energiewende gerät in vielen Regionen immer mehr ins Stocken. Es fehlen Speichermöglichkeiten für den regenerativ gewonnenen Strom, zudem kommt der Netzausbau nicht voran. Die Kritik: Die Bundesregierung geht das Thema nicht energisch genug an.

„Die Energiewende kann nur gelingen, wenn der Ausbau der Netze mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien Schritt hält“, erklärte der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, im jüngsten Monitoringbericht. Die Übertragungsnetze in Deutschland sind demnach längst nicht für die Bedürfnisse der erneuerbaren Stromgewinnung ausgelegt. 73 von 149 bis zum Jahr 2014 geplanten Ausbaumaßnahmen im Netz waren im zweiten Quartal 2011 laut Bundesnetzagentur bereits verzögert oder von „einer Verschiebung des Zeitrahmens betroffen“.

Besonders bei den als Prestigeobjekten geltenden Windkraft-Anlagen auf See gibt es große Probleme. Hier hat sich die Regierung das Ziel gesteckt, bis 2020 vor der deutschen Küste 10 000 Megawatt Leistung zu errichten. Bis zum Jahr 2030 sollen es sogar 35 000 Megawatt sein. Diese Ziele erscheinen bereits heute unerreichbar. An fast jedem Tag bis zum Jahr 2020 müsste eine Anlage auf See in Betrieb genommen werden, um die erste Stufe des Ziels zu erreichen. Laut Hans Bünting, ab Juli Chef der RWE-Ökostrom-Tochter Innogy, ist der geplante Ausbau der Windenergie vor der deutschen Küste auf 10 000 Megawatt Leistung „auf keinen Fall“ zu schaffen. Weil der Netzausbau viel zu schleppend vorangeht, hat laut Bünting auch das Vertrauen der Investoren massiv gelitten. RWE Innogy kann sein eigenes Projekt „Nordsee Ost“ – 35 Kilometer nördlich von Helgoland gelegen – erst mit einem Jahr Verspätung umsetzen, weil sich der Netzanschluss der 48 geplanten Anlagen verzögert.

Gerade im Norden und Osten Deutschlands nehmen die Probleme bei der Einspeisung von Energie in die Übertragungsnetze täglich zu, immer wieder müssen Windkraft-Anlagen abgeschaltet werden. Jährlich gehen so viele Millionen Kilowattstunden Strom verloren – im Jahr 2010 war es nach Expertenschätzungen ein Verlust von 150 Gigawattstunden. Künftig drohen Regionen wie Rheinland-Pfalz, die Ökostrom exportieren, Probleme mit dem Übertragungsnetz.

Noch in diesem Jahr will die Bundesnetzagentur einen Netzentwicklungsplan vorlegen. Agenturpräsident Kurth forderte „alle Interessenträger auf, an diesem Ziel weiterhin aktiv und konstruktiv mitzuwirken“. Er sieht die Politik in der dringenden Pflicht, den Netzausbau zu forcieren.

Von unserem Redakteur Volker Boch