Die meisten Islamisten gelten als politische Realisten

Der Islamist Pierre Vogel sprach in Koblenz vor Hunderten Zuschauern
Der Islamist Pierre Vogel sprach in Koblenz vor dem Hauptbahnhof vor Hunderten Zuschauern. Foto: Marcus Schwarze

Rheinland-Pfalz Auch in Rheinland-Pfalz beobachten Verfassungsschützer eine wachsende Zahl von Islamisten. Der aktuelle Verfassungsschutzbericht rechnet mit rund 830 Islamisten, ein Jahr zuvor waren es noch 820. Dies bedeutet allerdings nicht, dass von diesen Islamisten auch tatsächlich eine Bedrohung ausgeht. „Die Bezeichnung Islamismus hat eine sehr vage Bedeutung“, sagt etwa Professor Günter Meyer vom Geographischen Institut der Universität Mainz.

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„Die Gruppe umfasst dabei nur einen sehr kleinen Teil militanter Muslime, aber auch viele moderate und konservative Muslime“, sagt der Leiter des Zentrums für Forschung zur arabischen Welt. Das Innenministerium charakterisiert die Gruppe damit, dass sie die Religion zu einem politischen Programm erhoben hat. Aber auch hier wird eingeschränkt, dass die meisten Islamisten als politische Realisten gelten: „Die Befolgung der hiesigen Rechtsordnung ist für sie eine Notwendigkeit, solange sich die Muslime in der Minderheit befinden.“ Und eine Mehrheit werden sie auch in Zukunft wohl kaum darstellen. Ohnehin gelten die Islamisten bei einer Gesamtzahl von rund 150 000 Muslimen in Rheinland-Pfalz auch noch als ausgesprochen kleine Minderheit. Dem fundamentalen dschihadistischen Spektrum zuzuordnen sind davon nur die wenigsten.

Der Verfassungsschutzbericht spricht von einzelnen Personen in den vergangenen Jahren. Trotzdem: Der strenggläubige Islam scheint immer mehr junge Menschen anzuziehen. Der Verfassungsschutz bewertet den Salafismus aktuell als „die dynamischste Bewegung innerhalb des Islamismus“. Salafisten streben nach einem rückwärtsgewandten Islam – ähnlich dem Wahhabismus in Saudi-Arabien. In Rheinland-Pfalz fielen Salafisten zuletzt durch ihre Koranverteilungen auf. Charismatische Führer sind etwa Prediger wie Pierre Vogel oder Ibrahim Abou Nagie. Beide traten auch in Koblenz auf. Der Mainzer Forscher Meyer erklärt das Phänomen auch damit, dass die Diskriminierung von Muslimen in der Öffentlichkeit eine immer größere Rolle spiele. „Die wachsende Unzufriedenheit treibt etwa viele junge Arbeitslose mit Migrationshintergrund in die Arme der Radikalen.“ Ein Spezifikum des Islam ist dies aber nicht. „Radikale Elemente gibt es auch in anderen Religionen.“