Die EZB will den Euro um jeden Preis retten

EZB Zinsen
Die EZB hat auch diesmal nicht an der Zinsschraube gedreht: Der Leitzins bleibt bei 0,75 Prozent. Foto: Fredrik von Erichsen

Die Europäische Zentralbank (EZB) will den Euro retten – um jeden Preis. Sie hat angekündigt, kurzfristige Anleihen kriselnder Südländer in unbegrenztem Umfang aufzukaufen. Das Ziel: Die Rekordzinsen für das Leihen frischen Geldes, die Länder wie Spanien und Italien immer stärker unter Druck bringen, sollen sinken.

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Die Europäische Zentralbank (EZB) will den Euro retten – um jeden Preis. Sie hat angekündigt, kurzfristige Anleihen kriselnder Südländer in unbegrenztem Umfang aufzukaufen. Das Ziel: Die Rekordzinsen für das Leihen frischen Geldes, die Länder wie Spanien und Italien immer stärker unter Druck bringen, sollen sinken.

Ein finanzieller Kollaps dieser Schwergewichte, der die gesamte Währungsunion gefährden könnte, soll verhindert werden. „Der Euro ist unumkehrbar“, unterstrich EZB-Chef Mario Draghi nach dem Beschluss in Frankfurt. Er nannte das Kaufprogramm einen „effektiven Schutzschild“ für die Euro-Zone gegen die Stürme an den Märkten.

Mario Draghi
EZB-Präsident Mario Draghi. Die EZB zeigt sich entschlossen: Zur Rettung des Euro wollen die Währungshüter alle Register ziehen.
Foto: Boris Roessler

Die Notenbanker knüpfen die Stützungskäufe von Anleihen mit Laufzeiten von bis zu drei Jahren an Bedingungen. Sie wollen nur Ländern unter die Arme greifen, die beim Rettungsfonds EFSF und seinem Nachfolger ESM einen Hilfsantrag stellen und sich als Gegenleistung zu einem Spar- und Reformprogramm verpflichten. Erfüllt ein Land die Auflagen nicht, werden die Käufe gestoppt. Zudem will die EZB nur gemeinsam mit den Rettungsfonds EFSF und ESM aktiv werden. Letztere sollen Anleihekäufe am Primärmarkt – also direkt bei der Emission durch die Staaten – tätigen, bevor die EZB am Sekundärmarkt – wo bereits existierende Schuldschiene gehandelt werden – tätig wird.

Damit wollen die Notenbanker den Fehler ihres ersten Aufkaufprogramms vermeiden. Damals nutzten die Krisenländer, insbesondere Italien, die von der EZB gekaufte Zeit nicht für schmerzhafte Strukturreformen – und die Zinsen stiegen wieder. Insgesamt hat die EZB 209 Milliarden Euro Schuldenpapiere schlingernder Euro-Länder in ihrem Besitz.

Bundesbank-Chef Jens Weidmann stimmte als Einziger im EZB-Rat gegen das Aufkauf-Programm. Er sieht darin einen Verstoß gegen das Verbot einer Staatsfinanzierung durch die unabhängige EZB.

Draghi verteidigte seine Linie. Der EZB-Chef betonte, die Zentralbanker handelten „strikt innerhalb unseres Mandats“ und sicherten die Preisstabilität. Die Wirkung der herkömmlichen EZB-Geldpolitik sei wegen des Misstrauens in den Euro gestört. Die hohen Zinsen auf Staatspapiere trieben indirekt die Kreditzinsen für die Verbraucher nach oben. Der rekordniedrige Leitzins der Notenbank von 0,75 Prozent komme bei den Bankkunden nicht an. Es sei nötig, Verzerrungen auf den Staatsanleihenmärkten zu bekämpfen. „Zerstörerische Szenarien können so verhindert werden, die die Preisstabilität in der Euro-Zone nachhaltig beeinflussen könnten.“

Neu an der zweiten Runde der Anleihenkäufe ist, dass die EZB als Gläubiger nicht mehr bevorzugt behandelt werden will. Dies hatte private Käufer beim ersten Programm abgeschreckt. So war die Notenbank zum Beispiel um eine Beteiligung am Schuldenschnitt für Griechenland herumgekommen, obwohl sie wegen der Anleihenkäufe seit Mai 2010 einer der größten Gläubiger Athens ist.

Von Ökonomen erhielt EZB-Chef Draghi am Donnerstag einigen Zuspruch, allerdings warnten zahlreiche Experten auch vor den Risiken der EZB-Aktion. Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon wählte deutliche Worte der Kritik: „Anleihekäufe sind der falsche Weg, da sie dringend notwendige Sparbemühungen und Strukturänderungen in den öffentlichen Haushalten der hoch verschuldeten Länder unterlaufen und Anreize nehmen. Die Europäische Zentralbank darf nicht in die Rolle einer Ersatzregierung gedrängt werden.“

Durch die Krise hat die EZB enorm an Macht gewonnen. Der Grund: Die Notenbank mit ihrer unbegrenzten Geldmenge gilt für viele als einzig glaubwürdiger Retter in der Not. Der Politik ist trotz aller Hilfspakete und Schutzschirme eine Kehrtwende im Kampf gegen die Schuldenkrise bisher nicht gelungen. Auch deshalb, weil die Rettungsfonds zu klein sind, um Schwergewichte wie Italien und Spanien vom Markt zu nehmen und voll aufzufangen. „Nur die Zentralbank kann den Großbrand löschen“, betonte Spaniens Außenminister José Manuel García-Margallo am Donnerstag.