Rheinland-Pfalz

Der Nürburgring lebt – aber wie geht es weiter?

„Der Nürburgring lebt.“ Zum Beweis wirbt das große Schild an der A 61 für das 24-Stunden-Rennen 2013. Ist alles wie immer – auch in der Pleite? Es gibt jedenfalls 2013 wieder Rennen, von denen die Eifel lebt. Trotzdem ist die Zukunft offen. Das letzte Urteil spricht die EU. Verhängt sie Strafen, dann steht fest, wie viele Millionen Euro versenkt wurden. Fragen und Antworten:

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Warum wurde ein Freizeit- und Geschäftszentrum in die Eifel geklotzt?

Die nahezu landeseigene Nürburgring GmbH schrieb schon 2002 rote Zahlen. Denn Formel-1-Chef Bernie Ecclestone verlangt für die Rennen der Königsklasse Gebühren in Millionenhöhe. Zudem hatte der Ex-Ring-Manager Walter Kafitz millionenschwere Projekte an die Wand gefahren, nicht nur die Erlebniswelt von 1998. Mit dem Geschäfts- und Freizeitzentrum sollte endlich ganzjährig so viel Geld verdient werden, dass man Formel 1 und Arbeitsplätze in der Eifel sichert.

Seit wann gab es den Plan?

Er stammt von 2004. Damals regierte mit der SPD noch die FDP. Sie war skeptisch, weil ähnliche Pläne zuvor auf dem Markt durchgefallen waren. Die Liberalen bestanden auf der Risiko-Bremse: mindestens 50 Prozent Privatkapital als Beleg dafür, dass sich die Pläne rechnen könnten. Ein zusätzliches Risiko musste intern bestens bekannt gewesen sein. Die Besucherzahlen galten als geschönt.

Was änderte sich 2006?

Ministerpräsident Kurt Beck regierte plötzlich mit der SPD allein. Ex-Finanzminister Ingolf Deubel, als kühler Rechner mit Hang zu kreativen Finanzmodellen bekannt, wurde Aufsichtsratsboss am Ring. In seiner Ära wuchs das Projekt in immer gigantischere Dimensionen. Dazu gehörte auch eine Achterbahn, die bis heute nicht funktioniert. Fatal für Deubel: Er verließ sich beim Ziel der Privatfinanzierung auf falsche bis dubiose Partner. Am Ende zog er keine finanzstarken Investoren ins Land, sondern nur einen geplatzten Scheck. Deubel musste im Juli 2009 seinen Hut nehmen.

Was geschah nach dem Flop?

Der damalige Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD) erbte die Scherben. Er trennte Besitz und Betrieb. Mieter der Anlage wurden 2010 Hotelier Jörg Lindner und der Ex-Investor Kai Richter, den Deubel mit 85 Millionen Euro gestützt hatte. Die landeseigene Förderbank gab einen Kredit über 330 Millionen Euro. Kurt Beck beteuerte stets: Der Steuerzahler wird für das Infrastrukturprojekt in der Eifel nicht belastet. Dies überzeugte nicht alle. Die SPD erlitt 2011 schwere Verluste. Folge: eine Koalition mit den Grünen, die das Projekt bekämpft hatten.

War die Pleite unausweichlich?

Die Nürburgring GmbH konnte die Schulden nicht bedienen, weil die Pacht nicht ausreichte. Hinzu kam, dass die Pächter die Summe auch nicht voll bezahlten und mit Forderungen aus dem Vertrag verrechneten – ob zu Recht oder nicht, ist eine Streitfrage. Sie sind zum Ende des Monats gekündigt. Eine Rettungsbeihilfe des Landes wollte die EU, die ohnehin wegen illegaler Beihilfen des Landes ermittelt, nicht genehmigen. Folge: Infrastrukturminister Roger Lewentz, seit 2011 für den Ring zuständig, musste die Insolvenz beantragen.

Bleibt die Formel 1 in der Eifel?

Die gekündigten Pächter, die Ende Oktober den Ring räumen sollen, verhandeln mit Ecclestone. Notfalls wollen sich auch die gerichtlich bestellten Sanierer Thomas B. Schmidt und Jens Lieser einschalten. Sie verhandeln auch noch mit den Pächtern, Jörg Lindner und Kai Richter, über die Räumung. Ein Formel-1-Rennen ist in Deutschland für 2013 fest geplant. Ob es aber in der Eifel oder am Hockenheimring startet, ist noch unklar. Für Rock am Ring und große ADAC-Veranstaltungen gibt es aber auch für 2013 feste Zusagen. In der Insolvenz sind jetzt die Sanierer des Nürburgrings auf der schwierigen Investorensuche, bei der die EU mitredet.

Ursula Samary