Datenschutzgrundverordnung: Der Bürger ist bald der König seiner Daten

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Das alles sind Auswirkungen im Zuge der europäischen Datenschutzgrundverordnung, die am 25. Mai wirksam wird und die Rechte des einzelnen Bürgers stärken soll. Denn „Meine Daten gehören mir!“ ist das eher europäische Verständnis vom Umgang mit personenbezogenen Daten und dem Recht auf Privatheit. In den USA – der Heimat von Amazon, Facebook und Co. – gibt es eine grundsätzlich andere Wertung des Umgangs mit Daten. Während dort Informationen über andere Menschen Eigentum desjenigen sind, der sie sammelt, steht in Europa der Schutz des Einzelnen an erster Stelle.

Dessen Wille und Selbstbestimmung wird durch die neuen Regeln noch einmal besonders betont. Gesetze von Land und Bundesländern wurden in den vergangenen Monaten entsprechend angepasst. Von Online-Shopping über Marketingaktionen bis hin zur Mitgliederwerbung – vieles ist auch mit der neuen Gesetzgebung noch möglich. Doch müssen sich Unternehmen, Behörden, Vereine und Verbände beim Umgang mit personenbezogenen Daten in der Regel immer das Einverständnis des Betroffenen einholen. Das darf er auch jederzeit wieder zurückziehen. Erlaubt sind aber auch Aktivitäten, für die die Verantwortlichen ein berechtigtes Interesse nachweisen können. Die neue Verordnung mit ihrem weitreichenden Auswirkungen wird vor allen Verbraucherschützern als Revolution gefeiert. „Das ist das digitale Grundgesetz“, meinte dazu kürzlich Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands, bei einer Veranstaltung im Mainzer Landtag. Die bei schweren Datenschutzverstößen möglichen Geldstrafen hält er für „relevant, angemessen“.

Die wichtigsten Verbraucherrechte auf einen Blick

Grundsatz der Einwilligung: Die Verarbeitung personenbezogener Daten – wie Namen, Adressen und E-Mail-Kontakte, Telefon- und Kontonummern oder andere Daten, die Rückschlüsse auf Personen zulassen – ist immer nur zulässig wenn die betroffene Person ausdrücklich eingewilligt hat oder eine gesetzliche Vorschrift das erlaubt.

Recht auf Information: Jeder hat das Recht darauf, zu wissen, welche ihn betreffenden Daten zu welcher Verwendung von öffentlichen oder privaten Stellen gespeichert und weiterverarbeitet werden, was weitergegeben und von Dienstleistern genutzt wird und wann die Daten wieder gelöscht werden. Ausführlich ist das künftig unter anderem in der Datenschutzerklärung auf den Internetseiten von Unternehmen, Vereinen und Verbänden nachzulesen.

Recht auf Auskunft: Jeder Einzelne darf künftig nachfragen, ob in einem Betrieb oder einem Verein seine persönlichen Daten verarbeitet werden. Ist dies der Fall, kann er weitere darüber Auskunft verlangen, welche Daten betroffen sind, zu welchem Zweck sie verarbeitet und wie lange sie gespeichert werden. Wer zum Beispiel Kundenkarten nutzt, kann sich nun nach der Datenspur erkundigen, die er hinterlassen hat. Solche Fragen waren auch früher schon legitim, nur kann der Verbraucher ihnen jetzt durch eine Frist mehr Nachdruck verleihen. Die Anfrage muss innerhalb eines Monats beantwortet werden.

Aber Achtung: Unternehmen, Behörden oder Vereine müssen nicht automatisch Auskunft erteilen, sondern nur, wenn ein konkreter Antrag vorliegt. Und der Verantwortliche kann diese Informationen auch nur demjenigen herausgeben, der nachweist, dass er der wirkliche „Eigentümer“ dieser personenbezogenen Daten ist.

Recht auf Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung: Darüber hinaus hat der Verbraucher das Recht, eine Korrektur zu verlangen, wenn die über ihn gespeicherten Daten nicht richtig sind. Sofern die Datenhaltung nicht oder nicht mehr notwendig ist, kann er auch auf eine Löschung bestehen oder und die Verarbeitung einschränken lassen. Ist eine Löschung zum Beispiel aus technischen Gründen nicht möglich, kann zumindest eine Sperrung der Daten gefordert werden.

Recht auf Datenübertragbarkeit: Die neuen Rechte sehen vor, dass der Verbraucher die Herausgabe seiner gebündelten Daten in einem gängigen Format einfordern kann. Als Beispiel für einen solchen „Datenrucksack“ nennen die Initiatoren dieser Verordnung die Übergabe von Daten beim Wechsel eines Mobilfunkanbieters. Wie sich diese Regel auswirkt, ist – nach Ansicht von Professor Dieter Kugelmann, der rheinland-pfälzische Landesbeauftragte für den Datenschutz – „spannend und in seinen Auswirkungen unabsehbar“.

Recht auf Widerspruch gegen die Verarbeitung und automatisierte Entscheidungsfindung: Die Verbraucher können dem Umgang mit ihren personenbezogenen Daten auch widersprechen, wenn sie plausible Gründe dafür nennen. Wenn es keine anderslautenden Vorschrift gibt, ist es nicht erlaubt, aufgrund von personenbezogenen Daten Entscheidungen zu treffen, die allein auf automatisierte Verfahren (Scoring) beruhen.

Wer gibt Auskunft? Wer informiert? In erster Linie wenden sich die Verbraucher konkret an die Datenschutzbeauftragten der Unternehmen, Behörden, Vereine oder Verbände, deren Kontaktdaten – zumindest die E-Mail-Adresse – idealerweise im Internet veröffentlicht werden sollte. Falls das Unternehmen sich entschließt, die Art der Verarbeitung zu verändern oder zu erweitern, sollte es dem Nutzer darüber Bescheid geben. Passieren große oder kleinere Datenpannen – auch wenn zum Beispiel ein Versicherungsvertreter ein Laptop mit Kundendaten im Zugabteil vergessen hat – muss nicht nur die Aufsichtsbehörde informiert werden, sondern unter Umständen auch der betroffene Kunde.

Wer hat die Aufsicht? Aufsichtsbehörde ist der Landesbeauftragte für den Datenschutz im jeweiligen Bundesland, der unter Umständen auch die Rechte der Verbraucher gegenüber den Verantwortlichen in anderen europäischen Ländern durchsetzt. Der Einfluss des Landesbeauftragten ist auch deshalb groß, weil er empfindliche Geldbußen und andere Sanktionen verhängen kann. Regina Theunissen

Datenschutzgrundverordnung? Fragen Sie unsere Experten – noch bis 16 Uhr

Datenschutzgrundverordnung – das ist ein Buch mit sieben Siegeln? Nicht für unsere Experten. Rufen Sie am Montag, 14. Mai, zwischen 14 und 16 Uhr bei uns an.

Unter

0261/892-291 erreichen Sie Christian Gollner, Referent für Verbraucherrecht und Datenschutz

bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Mainz, der die Fragen aus Verbrauchersicht beantwortet.

Rene Hissler, Finanzvorstand des Bundesverbandes deutscher Vereine und Verbände , kann Ihnen unter 0261/892-293 weiterhelfen, wenn es um die Anforderungen des Datenschutzes für Vereine und Verbände geht.

Professor Dr. Dieter Kugelmann ist der Landesbeauftragte für den Datenschutz und Informationsfreiheit, und damit Chef der Aufsichtsbehörde. Er ist für Ihre Fragen unter der Nummer

0261/892-292 erreichbar.

Helene Rörig,

Referentin Recht und Steuern bei der Industrie- und Handelskammer Koblenz, hat schon zahlreiche Unternehmen in Sachen Datenschutzgrundverordnung beraten. Ihre Rufnummer bei uns: 0261/892-294.

Susanne Terhorst ist die Leiterin der Abteilung Recht bei der Handwerkskammer Koblenz und beantwortet Ihre Fragen unter der Rufnummer 0261/892-297.

Sie können unsere Experten von 14 bis 16 Uhr unter den genannten Nummern erreichen.

Helene Rörig

C. Gollner

Rene Hissler

D. Kugelmann

picture alliance

S. Terhorst

Vermieter müssen Mieterangaben schärfer schützen

Wer glaubt, das neue EU-Recht sei weit weg, der irrt: „Die EU spricht zwar von Unternehmen, aber kleine Privatvermieter kommen da auch nicht raus“, betont Inka-Marie Storm, Chefjustiziarin des Eigentümerverbands Haus & Grund Deutschland. Denn Vermieter erheben und verarbeiten ebenfalls Daten: die ihrer Mieter. Namen, Bankverbindungen, E-Mail-Adressen und Telefonnummern zum Beispiel. Hinzu kommen Zähler von Zentralheizung und Wasser, deren Angaben für die Nebenkostenabrechnung gebraucht werden. Sobald diese Sachen im PC landen, müssen Eigentümer die Datenschutzgrundverordnung beachten.

Es gehört nicht nur das sichere Abspeichern einschließlich Schutz vor Datenklau dazu, sondern auch zu dokumentieren, was mit den Angaben passiert und wer Zugriff hat. Das kann außer dem Eigentümer zum Beispiel die Hausverwaltung sein. Häufig werden es auch von Vermieter und Verwaltung beauftragte Ablesedienste sein.

Sobald solche Dritten ins Spiel kommen, nimmt die Verordnung Vermieter in die Pflicht. „Sie müssen darauf achten, dass der Dienstleister die Regeln nach DSGVO einhält. Vermieter gehen dafür in die Haftung“, warnt Storm. Zu ihrem eigenen Schutz sollten Eigentümer darauf achten, dass ihre Auftragnehmer die Daten auf einem Server innerhalb der EU speichern.

Die Dokumentation brauchen Vermieter, damit sie ihre Mieter informieren können, „was erhoben wurde und wem gegenüber sie offengelegt werden“, sagt die Mietrechtsanwältin Beate Heilmann aus Berlin. Denn Mieter haben das Recht zu erfahren, was der Eigentümer „an Daten über sie besitzt, in Bezug auf sie wo aufbewahrt und verarbeitet.“ In den großen Datentopf darf hinein, was für Anfang, Dauer und Ende des Mietverhältnisses wichtig ist. Das beginnt mit der Selbstauskunft von Wohnungsinteressenten. Neben Personalien bleiben wie bisher Angaben zum Einkommen erlaubt, sofern jemand ernsthaftes Interesse an den Räumen bekundet hat. Fragen nach Religion oder geschlechtlicher Orientierung aber sind tabu und dürfen nicht gespeichert werden. Das bedeutet aber auch: „Personenbezogene Daten von Mietinteressenten, mit denen kein Mietvertrag zustande gekommen ist, dürfen weder gesammelt noch gespeichert werden“, erklärt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. Es sei denn, die Leute sind einverstanden – in der Hoffnung, von Eigentümer, Makler oder Verwalter Infos über die nächste freie Wohnung zu bekommen.

Daten von Mietern dürfen nicht ewig in den Computerspeichern der Eigentümer herumgeistern. Sie sind „ohne unangemessene Verzögerung“ zu löschen. Und zwar, sobald sie ihren Zweck erfüllt haben. Das wird normalerweise beim Auszug sein. „Wenn gekündigt wurde, die Nebenkostenabrechnung und die Kaution abgerechnet sind, ist die Sache erledigt“, sagt Heilmann. Danach hat der Vermieter die Löschtaste zu drücken. Bei eventuellen Prozessen bleiben die Angaben bis zum Ende des Verfahrens erhalten.

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