Berlin/Mainz

Betreuungsgeld: SPD steht dazu

Ein Jahr nach der Einführung des Betreuungsgeldes für Eltern, die ihre unter dreijährigen Kinder nicht in eine Kita geben, ist der Streit um die umstrittene Leistung neu entflammt.

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Von unserer Berliner Korrespondentin Rena Lehmann

„Das Betreuungsgeld ist absoluter Unsinn“, sagte Grünen-Fraktionschef Katrin Göring-Eckardt. „Ich bedaure es ausdrücklich, dass die neue Bundesregierung an dieser nachweislich verfehlten Leistung festhält“, sagte die rheinland-pfälzische Familienministerin Irene Alt (Grüne). Die Grünen wollen das Betreuungsgeld abschaffen.

Je geringer der Bildungsgrad der Eltern, desto häufiger wird das Betreuungsgeld in Anspruch genommen. Eine Umfrage der Technischen Universität Dortmund und des Deutschen Jugendinstituts unter mehr als 100 000 Eltern hat ergeben, dass 54 Prozent der Eltern ohne Berufsausbildung oder mit einem Hauptschulabschluss lieber die 100 Euro monatlich nehmen. Ab 1. August wird der Betrag auf 150 Euro erhöht. Unter Eltern mit mittlerer Reife bevorzugen nur 14 Prozent die neue Leistung, die auf Druck der CSU als Ausgleich auf den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz im vergangenen Jahr eingeführt worden war.

Eltern sollte damit mehr Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung ermöglicht werden. Unter Akademikern würden nur 8 Prozent das Betreuungsgeld nehmen. Ein Viertel der Familien mit Migrationshintergrund würde zugunsten des Betreuungsgeldes auf einen Kita-Platz verzichten. Für Kritik sorgt, dass die Eltern für die Studie bereits im März 2013, also vor der Einführung des Betreuungsgeldes befragt wurden.

Das SPD-geführte Bundesfamilienministerium, in dessen Auftrag die Studie erstellt wurde, hielt sich gestern bedeckt und forderte nicht die Abschaffung des Betreuungsgeldes. „Wir halten uns an den Koalitionsvertrag“, sagte eine Sprecherin. Die SPD-Fraktionsvize Carola Reimann erklärte dagegen: „Wir sind sofort bereit, dass Betreuungsgeld wieder abzuschaffen.“. Es führe dazu, dass Kindern „Entwicklungschancen vorenthalten werden“, sagte sie der „Passauer Neuen Presse“.

In der Union weist man die Kritik zurück. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt erklärte: „Das Betreuungsgeld ist das Gegenstück zum Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für unter Dreijähre.“ Der Staat dürfe nicht „ein Erziehungsmodell bevorzugen“.

Mehr als 145 000 Eltern bezogen im ersten Quartal dieses Jahres bundesweit Betreuungsgeld. In Rheinland-Pfalz erhielten es zwischen August 2013 und Juni 2014 mehr als 12 000 Elternpaare. Seit Juli werden im Land keine Daten mehr erhoben, heißt es aus dem Landesfamilienministerium. Begründung: Man wolle kein Personal für eine Leistung aufwenden, die man nie habe einführen wollen. Mit dem Betreuungsgeld wird sich auch das Bundesverfassungsgericht befassen. Das Land Hamburg hat eine Klage eingereicht.