Als Smartphones noch faxten: Seit 20 Jahren gibt's die intelligenten Telefone

Nokia Communicator 9000
Vor 20 Jahren kam mit dem Nokia Communicator 9000 das erste Smartphone auf den Markt. Foto: Nokia/dpa

Chatten, Fotografieren, im Netz surfen – das Smartphone ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Es ist ein kleines, nützliches Gerät für jedermann. Das erste Smartphone, das vor 20 Jahren auf den Markt kam, war noch als mobiles Büro mit Faxanschluss konzipiert – und konnte sich nicht durchsetzen. Erst das iPhone schaffte den Durchbruch.

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Ein typischer Smartphonenutzer in Deutschland sieht im Schnitt 88-mal täglich aufs Handy. Das geht aus einer Studie des Bonner Wissenschaftlers Alexander Markowetz hervor. 35-mal überprüft der Anwender nur, ob eine Mitteilung eingetroffen ist, oder will wissen, wie spät es ist. Immerhin 53-mal am Tag entsperrt der Nutzer das Gerät, um eine Nachricht zu schreiben, ein Foto aufzunehmen, eine App zu starten oder im Internet zu surfen.

Die Bedeutung im Alltag schlägt sich auch in den Verkaufszahlen nieder: 2016 werden wohl allein in Deutschland nach Schätzungen des Branchenverbandes Bitkom rund 28 Millionen Smartphones über die Ladentheke wandern.

Dieser Massentrend war zu Beginn der Smartphone-Ära vor 20 Jahren noch nicht in Sicht. Dieses Zeitalter begann im Jahr 1996 – mehr als zehn Jahre vor dem ersten iPhone. Auf der Cebit in Hannover kündigte der finnische Mobilfunkkonzern Nokia den Nokia 9000 Communicator als „Büro im Westentaschenformat“ an, der dann am 15. August 1996 in die Läden kam. Als eine der wichtigsten Funktionen wurde damals angepriesen, dass der aufklappbare Communicator auch Faxe senden und empfangen konnte. Außerdem brachte das satte 400 Gramm schwere Gerät, das damals für 2700 Mark verkauft wurde, auch einen elektronischen Kalender, ein digitales Adressbuch, eine Notizanwendung und einen Taschenrechner mit.

Manche Experten sehen im Simon Personal Communicator das erste Smartphone der Welt. Dieses Gerät wurde bereits ab August 1994 von IBM in den USA verkauft. Doch im Gegensatz zum Communicator von Nokia konnte man mit dem klobigen Simon von IBM nicht im Internet surfen, was für die meisten Technikhistoriker den Begriff Smartphone mitdefiniert. Und während IBM sich bald wieder vom Markt zurückzog, legte Nokia immer weiter nach. 1999 brachten die Finnen mit dem Nokia 7110 das erste WAP-Handy auf den Markt, mit dem man für mobile Verbindungen formatierte Internetseiten aufrufen konnte. Zusammen mit Samsung begründete Nokia dann 2004 mit seinen Geräten die dritte Mobilfunkgeneration UMTS in Deutschland.

Den entscheidenden Impuls gab aber erst Apple-Chef Steve Jobs dem Smartphone. In einer inzwischen legendären Präsentation zum Auftakt der Messe MacWorld am 9. Januar 2007 versprach er dem Publikum gleich drei Geräte: einen Musikplayer mit berührungsempfindlicher Bedienoberfläche, ein revolutionäres Telefon und einen grundlegend neu konzipierten Internetkommunikator. Jobs wiederholte die drei Begriffe so oft, bis es alle im Saal begriffen hatten und laut johlten: Alle drei Funktionen steckten in einem Gehäuse. Das iPhone kam auf den Markt und krempelte ihn grundlegend und nachhaltig um. Die damaligen Mobilfunkpioniere Nokia, Motorola und Blackberry wurden von der iPhone-Ankündigung eiskalt erwischt und hatten selbst Jahre später noch große Schwierigkeiten, eine angemessene Antwort zu geben. Nur Google mit seinem damaligen Chef Eric Schmidt war gut vorbereitet. Schmidt saß seit 2006 auch im Verwaltungsrat von Apple und hatte wohl mitbekommen, in welche Richtung sich der Zukunftstrend im Mobilfunk bewegen wird.

Smartphones – wie hier das iPhone – erobern die Welt.
Smartphones – wie hier das iPhone – erobern die Welt.
Foto: dpa

Bereits im Sommer 2005, also gut eineinhalb Jahre vor der iPhone-Präsentation, hatte Google die Start-up-Firma Android übernommen, um eine Steuerungssoftware für Kameras zu entwickeln. Doch nach der iPhone-Premiere wurde das Projekt völlig neu ausgerichtet und im November 2007 die Open Handset Alliance mit mehreren Hardware-Herstellern als Gegenspieler zu Apple positioniert. Im Oktober 2008 kam mit dem HTC Dream das erste Android-Smartphone auf den Markt. Apple-Chef Jobs tobte, weil die Android-Oberfläche dem iPhone so sehr ähnelte. Es gelang Apple allerdings nicht, das Google-System vor Gericht auf breiter Front stoppen zu lassen. Jobs' Nachfolger Tim Cook beendete schließlich den Patentkrieg.

Neben Google kann sich Samsung als Gewinner des danach einsetzenden Android-Booms fühlen. Im ersten Quartal 2012 lösten die Südkoreaner Nokia endgültig als weltgrößten Mobilfunkhersteller ab. Diese Spitzenposition hatte Nokia seit 1998 inne. Der Abstieg der Finnen beschleunigte sich aber ab 2011, weil die Nokia-Entwickler nicht in der Lage waren, ihr Symbian-System zu einer attraktiven Alternative zu Apples iOS oder Android von Google zu erneuern. Der damalige Nokia-Chef Stephen Elop beschwor im Februar 2011 seine Mitarbeiter: „Wenn man auf einer brennenden Ölplattform steht, hat man zwei Möglichkeiten: Entweder zu bleiben und zu verbrennen oder ins kalte Wasser zu springen.“

Nokia wagte den Sprung ins Wasser und wurde vom Rettungsboot Microsoft mit seinem Windows-System aufgenommen. Doch konnte das Manöver die Nokia-Smartphone-Sparte nicht vor dem Untergang bewahren. Dieser Geschäftsbereich von Nokia sowie die Patente der Finnen landeten im April 2014 für 5,4 Milliarden Euro bei Microsoft. Nach einer Serie von schlechten Quartalsergebnissen wurde die Sparte vom neuen Microsoft-Chef Satya Nadella aber auch schon wieder abgewickelt.

Schaut man sich die aktuellen Absatzzahlen der unterschiedlichen Smartphonesysteme an, kann man klar erkennen, wie sehr sich letztlich Android am Markt durchgesetzt hat: Knapp 294 Millionen Geräte mit dem Google-System wurden im ersten Quartal 2016 verkauft, fast sechsmal mehr als die 51,6 Millionen iPhones, die in diesem Zeitraum abgesetzt wurden. Allerdings fährt Apple immer noch den Löwenanteil der Gewinne ein, während andere Hersteller kaum schwarze Zahlen erzielen. Microsoft landet mit 2,6 Millionen Windows Phones in der Absatzstatistik abgeschlagen auf Platz drei. Und die Blackberry-Smartphones fallen mit 0,6 Millionen Stück schon fast aus der Statistik raus.

Inzwischen fragen sich etliche Beobachter, ob der Boom der Smartphones nicht seinen Höhepunkt überschritten hat. Denn die jüngsten Absatzzahlen lagen nur noch marginal über den Vorjahreswerten. Und da die Preise immer weiter fallen, verzeichnete die Branche erstmals seit langer Zeit einen Umsatzrückgang. Apple-Chef Tim Cook zumindest glaubt aber nicht an diese These. Seiner Meinung nach ist das Smartphone inzwischen für das Leben der Menschen essenziell. Und er ist überzeugt, dass Künstliche Intelligenz diesen Trend noch verstärken wird. „Da das Telefon immer stärker dein Assistent wird, gehört es zu den Dingen, ohne die man das Haus nicht verlässt.“ Christoph Dernbach

Smartphones erobern die Welt

  • Im vergangenen Jahr wurden insgesamt gut 1,4 Milliarden Smartphones verkauft. Das waren rund 10 Prozent mehr als im Vorjahr.
  • Das Wachstum kommt vor allem aus Schwellenländern wie Indien oder Indonesien, in denen meist günstige Geräte gefragt sind. 

  • In China haben Smartphones einen Marktanteil von mehr als 80 Prozent beim aktuellen Absatz. In Indien oder Afrika machen sie erst rund die Hälfte der Verkäufe aus.
  • Ende 2015 gab es weltweit rund 7,3 Milliarden Mobilfunkanschlüsse, davon wurden 3,4 Milliarden per Smartphone genutzt. Zum Jahr 2021 dürften 6,4 Milliarden Computertelefone im Markt sein.
  • In Westeuropa wird pro Smartphone durchschnittlich ein Datenvolumen von zwei Gigabyte monatlich übertragen. In Nordamerika sind es 3,8 Gigabyte.