Wien

Tatort-Preview: Politkrimi mit realem Hintergrund

Mord an einer Journalistin: Die Ermittler Fellner (Adele Neuhauser) und Eisner (Harald Krassnitzer) übernehmen den Fall.  Foto: Petro Domenigg/Cult Film/ARD Degeto/ORF/dpa
Mord an einer Journalistin: Die Ermittler Fellner (Adele Neuhauser) und Eisner (Harald Krassnitzer) übernehmen den Fall. Foto: Petro Domenigg/Cult Film/ARD Degeto/ORF/dpa

Redakteur Andreas Galonska hat sich den neuen „Tatort“ angesehen. Sein Urteil: ein klassischer Krimi aus Österreich, spannend bis zum Ende.

Lesezeit: 2 Minuten
Anzeige

„Finger weg von allem, wo Lütgendorf draufsteht“, lautet die unmissverständliche Warnung, die sich die beiden Wiener „Tatort“-Kommissare Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) von ihrem Chef, Oberst Ernst Rauter (Hubert Kramar), anhören müssen. Doch natürlich pfeifen die beiden langjährigen Ermittler auf den freundlichen Hinweis von ihrem „Ernstl“ und graben in „Wahre Lügen“ an diesem Sonntag weiter in einem Fall mit einem realen Hintergrund aus der österreichischen Politik.

1981 wurde Karl Lütgendorf tot aufgefunden, der von 1971 bis 1977 parteiloser Verteidigungsminister unter Kanzler Bruno Kreisky war. Lütgendorf trat wegen angeblicher illegaler Waffengeschäfte zurück, sein Tod einige Jahre später wurde als Suizid deklariert, obwohl bis heute massive Zweifel daran geblieben sind. Die Waffe, mit der der Minister Selbstmord begangen haben soll, lag in seiner linken Hand, Lütgendorf war aber Rechtshänder.

Im „Tatort“ hat die junge Journalistin Sylvie Wolter neues Material im Fall Lütgendorf erhalten, das ihr zum Verhängnis wird. Eisner und Fellner werden gerufen, als die Leiche der jungen Frau aus einem Auto geborgen wird, das im Wolfgangsee versenkt wurde. Bei seinen Recherchen stößt das Wiener Team auf den früheren Polizeikollegen Hans-Werner Kirchweger (ein Wiedersehen mit Peter Matic), der seinen Ruhesitz am malerischen Wolfgangsee genommen hat. Er beichtet Eisner und Fellner von einem Kontakt mit der ermordeten Journalistin, die nicht an den Suizid des ehemaligen Verteidigungsministers geglaubt hat.

Später taucht Sybille Wildering (stark: Emily Cox), die Lebenspartnerin von Sylvie Wolter, im Wiener Kommissariat auf und ist zutiefst schockiert vom Tod ihrer Freundin. Die Trauer hält allerdings nicht lang an, da Sybille Wildering schon rasch auf eigene Faust bei der Zeitung „Aktuell“ den Schreibtisch ihrer Partnerin auf Hinweise nach dem Täter durchsucht. Bibi Fellner und Moritz Eisner besuchen erst später die Redaktion und finden lediglich eine ausgeräumte Schublade vor.

Sybille Wildering hat mittlerweile David Weimann, eiskalt gespielt von dem großartigen Robert Hunger-Bühler, als den Mörder ihrer Geliebten ausfindig gemacht, der als internationaler Waffenschieber tätig sein soll, sich aber ein seriöses Äußeres gegeben hat. Sybille Wildering taucht plötzlich in dem Hotel auf, in dem David Weimann residiert, und bandelt dem Schein nach mit ihm an, wobei der Zuschauer sofort spürt, dass sie allein Rache im Sinn hat. Doch dann kommt alles anders. Eisner und Fellner müssen zusehen, wie ihre Arbeit durch ein Team von der Inneren Sicherheit blockiert wird, die sämtliche Untersuchungen zu Weimann unterbinden will.

Regisseur Thomas Roth liefert mit „Wahre Lügen“ einen spannenden „Tatort“, der sehr klassisch erzählt ist, was aber nach Ausflügen unter anderem in die Westernkomödie (in Weimar) wirklich gut tut. Etliche Schauplätze sind an verregneten Orten oder mitten in der Nacht an dunklen Straßen angesiedelt und wirken schon etwas klischeehaft. Die Geschichte bleibt aber nicht zuletzt wegen dem sehr überzeugenden Auftritt von Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser bis zum Schluss spannend.

Der neue „Tatort“ erinnert deutsche Zuschauer an die Folge „Borowski und der freie Fall“, in der der „Tatort“-Kommissar ebenfalls in einen echten Politkriminalvorgang verwickelt war. Eines sei noch verraten: Der reale Fall Lütgendorf kann im „Tatort“ nicht aufgelöst werden – anders als die Geschichte um die ermordete Journalistin.