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John Lennon: Vor 30 Jahren – Mord an einer Kultfigur

„Imagine“ – der Titel des Lennon-Songs prangt auf der Gedenkstätte „Strawberry Fields“ im Central Park, die an den Mord vor 30 Jahren erinnert.
„Imagine“ – der Titel des Lennon-Songs prangt auf der Gedenkstätte „Strawberry Fields“ im Central Park, die an den Mord vor 30 Jahren erinnert. Foto: epd

Auf dem letzten Bild von John Lennon ist neben ihm nur der Mörder zu sehen. Mit einem schüchternen Lächeln auf den dicken Lippen und niedergeschlagenen Augen hinter den großen Brillengläsern verfolgt er, wie der Ex-Beatle ihm eine Platte signiert. Ein paar Stunden später sehen sich die beiden Männer wieder, dann zieht Mark David Chapman einen Revolver und schießt dem Star fünfmal in den Rücken. „Weißt du, was du getan hast?“, brüllt ein Portier. Der Mörder antwortet völlig gelassen: „Ich habe gerade John Lennon erschossen.“

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New York. Auf dem letzten Bild von John Lennon ist neben ihm nur der Mörder zu sehen. Mit einem schüchternen Lächeln auf den dicken Lippen und niedergeschlagenen Augen hinter den großen Brillengläsern verfolgt er, wie der Ex-Beatle ihm eine Platte signiert. Ein paar Stunden später sehen sich die beiden Männer wieder, dann zieht Mark David Chapman einen Revolver und schießt dem Star fünfmal in den Rücken. „Weißt du, was du getan hast?“, brüllt ein Portier. Der Mörder antwortet völlig gelassen: „Ich habe gerade John Lennon erschossen.“

John Lennon wäre jetzt 70 Jahre alt geworden.

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Der Musiker wurde am 9. Oktober 1940 in Liverpool geboren. Die Stadt hat ihrem berühmten Sohn einen Flughafen gewidmet.

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Zu Lebzeiten rang der Gründer der Beatles mit Selbstzweifeln und Depressionen.

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Sein langjähriger Jugendfreund Paul McPartney sagte über ihn, er sei „ätzend und schlagfertig gewesen, weil er das musste“, lerne man ihn kennen, liege darunter ein „warmherziger Charakter“.

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Mit 15 Jahren gründete Lennon die Band Quarrymen. Paul McCartney und George Harrison stießen dazu.

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Der erste Hit „Love Me Do“ wurde 1962 bereits unter dem Namen „Die Beatles“ veröffentlicht.

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1969 heiratete Lennon die Avantgarde-Künstlerin Yoko Ono.

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Gemeinsam mit ihr veranstaltete er spektakuläre Aktionen wie das „Bed In“, bei dem das Ehepaar eine lange Woche für den Weltfrieden demonstrierte – öffentlich in einem Hotelbett.

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Lennons Witwe Yoko Ono.

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Am 8. Dezember 1980 wurde Lennon vor seinem Haus erschossen. Der Mörder, Mark David Chapman, hat bis zum heutigen Tag sechs Gnadengesuche eingereicht – alle wurden abgelehnt.

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Lennon war gerade 40 und die Kultfigur für eine ganze Generation. Erst war es seine Musik, die Menschen auf der ganzen Welt begeisterte. Dann waren es seine Ansichten, seine Kunst, seine Happenings, die Millionen faszinierten, verwirrten, abstießen, polarisierten. Auch Chapman. Der junge Texaner war besessen von Lennon. Er heiratete sogar eine japanische Frau, weil auch Lennon mit Yoko Ono eine Japanerin geheiratet hatte. Doch irgendwann schlug die Verehrung in Wut um. Der Engländer sei schuld an seinen Geisteszuständen, glaubte Chapman. Als der religiöse Fanatiker dann noch hörte, dass Lennon die Beatles als „berühmter als Jesus“ bezeichnet hatte, wurde die Wut zum Hass.

Lennon lebte zu dieser Zeit in den USA. New York war zu seiner Heimat geworden, vom teuren Appartement auf der West Side blickte er auf den geliebten Central Park. Doch der erfolgreiche Ex-Beatle war zu einem Getriebenen geworden: getrieben von der Plattenindustrie, der Einwanderungsbehörde, den Fans, den Medien – und vor allem getrieben von sich selbst. Nach Alkohol und Drogen kam die Trennung von Ono, dann die Versöhnung und 1975 sogar Sohn Sean. Das Kind wurde ebenso zu Lennons Lebensinhalt wie der Haushalt, aus der Öffentlichkeit war er fast verschwunden. Der Weltstar war zum Hausmann geworden.

Chapman unterschreibt seinen Urlaubsschein noch mit „John Lennon“, dann fliegt er nach New York. Im Hotelzimmer baut er sich einen Altar auf und setzt hinter das Johannes-Evangelium, im Englischen schlicht „John“, das Wort „Lennon“. Mit einer Ausgabe von J. D. Salingers „Der Fänger im Roggen“, dessen entwurzelter Held sein Vorbild wurde, wartet er vor dem „Dakota“. Als Lennon ihm vor dem Appartementhaus eine Platte signiert, fragt der Weltstar freundlich: „Kann ich sonst noch etwas für dich tun?“ Das sollte der Teufel sein? Überrascht von der Freundlichkeit Lennons lässt Chapman die 38er stecken.

Doch er hat den Revolver noch dabei, ebenso Kassetten mit 14 Stunden Beatles-Musik, als Lennon Stunden später zurückkommt. Der Engländer steigt aus der Limousine und geht an dem 25-Jährigen vorbei. „Mr. Lennon“, ruft der. Dann feuert er fünfmal auf den Musiker.

Lennon lebt noch, als er ins Krankenhaus gebracht wird, doch 19 Minuten nach den Schüssen stirbt er. Der Mörder wird schnell festgenommen. Er hatte vor dem „Dakota“ sein Buch gelesen und auf die Polizisten gewartet. Die Tat ist ein Schock. Völlig unvorbereitet trifft die Welt, dass einer der berühmtesten Pazifisten ermordet wurde.

Überall treffen sich Fans, spielen Lennons Musik und singen seine Lieder. „Ich erinnere mich an den Krach der Leute draußen“, sagt sein Sohn Sean, damals fünf, „an die Feuer und das Singen der Songs und die Polizeiabsperrungen.“ Der 35-Jährige sieht seinem Vater verblüffend ähnlich und singt heute dessen Songs. „Es war, als wäre ich aus einem Traum erwacht, und seitdem war ich nie wieder ein Kind.“

Chapman war seitdem nie wieder in Freiheit. Wann immer eine Bewährung ansteht, kämpft Yoko Ono dagegen – bislang immer mit Erfolg. Lennons Platten werden immer noch verkauft, er ist ein Star. Dass Stars nicht einfach im Bett sterben, hatte er vorausgesehen: „Entweder es erwischt uns bei einem Flugzeugabsturz“, hatte er schon 1965 gesagt, „oder irgendein Irrer knallt uns ab.“