„Das Medium“: Geheimniskrämerei um Geister

Bei «Das Medium» sorgt RTL dafür, dass das TV-Publikum mit einem leichten  Schauder auf dem Rücken Nachrichten aus dem Jenseits bekommt - unter  anderem von Uwe Barschel (Foto).
Bei «Das Medium» sorgt RTL dafür, dass das TV-Publikum mit einem leichten Schauder auf dem Rücken Nachrichten aus dem Jenseits bekommt - unter anderem von Uwe Barschel (Foto). Foto: DPA (Archiv)

Tote leben bei RTL länger. Am Sonntag wird „Das Medium“ dafür sorgen, dass das TV-Publikum mit einem leichten Schauder auf dem Rücken Nachrichten aus dem Jenseits bekommt. Unter anderem von Uwe Barschel, dessen Witwe Freya zu Hause in Mölln Kontakt mit ihm aufnahm.

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Berlin – Tote sind nicht immer tot, sie leben manchmal auch, zumindest wenn ein großer Fernsehsender sie wieder wachrüttelt. RTL setzt jetzt „Das Medium“ auf längst Verblichene an. In drei Fällen hat die in der Schweiz lebende Autorin, Sterbe- und Trauerbegleiterin Kim-Anne Jannes Kontakt zu Verstorbenen aufgenommen. Die Sendung, die schon vor Wochen – kurz nach ihrer Produktion – für Unruhe in der Öffentlichkeit sorgte, ist an diesem Sonntag (19.05 Uhr) zu sehen. Eine Folge ist zunächst geplant. Wenn viele Lebende einschalten, werden für eine Fortsetzung vermutlich noch mehr Tote in ihrer Ruhe von RTL gestört.

In der Pilotsendung, die auf dem Sendeplatz dem erfolgreichen Format „Schwiegertochter gesucht“ folgt, beschäftigt sich das Medium Jannes mit drei Fällen. Der prominenteste Tote ist der ehemalige schleswig-holsteinische Ministerpräsident Uwe Barschel, der 1987 unter bis heute nicht vollständig geklärten Umständen tot in der Badewanne eines Genfer Hotels gefunden wurde. Jannes begab sich zu Witwe Freya Barschel (63), aber – laut RTL – ohne vorher zu wissen, mit welchem Toten sie wirklich reden sollte.

In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ sprach Freya Barschel davon, schon länger mit dem Gedanken gespielt zu haben, sich über ein Medium mit ihrem Mann austauschen zu wollen. Aber sie wäre wohl nie auf den Gedanken gekommen, wenn in ihrem Haus nicht sonderbarerweise immer wieder das Licht und der Fernseher an- und ausgegangen wären. „Es ist kein Hokuspokus!“, beteuerte die Witwe. Journalisten, die sich im Vorfeld für die Sendung interessierten, sandte RTL eine DVD, die aber genau an der Stelle zu Ende war, an der es interessant wurde.

RTL will nach Angaben einer Sprecherin bis zur Ausstrahlung nichts von der Interaktion zwischen Uwe Barschel und dem Medium verraten. Auch keine große Sonntagszeitung werde als PR-Vehikel eingeschaltet. Ungehalten reagierte die Kirche auf die Ausstrahlung ausgerechnet an einem kirchlichen Feiertag. „Der Reformationstag steht für die Verbindung von Glaube und Vernunft“, sagte der Medienbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) der „Leipziger Volkszeitung“. „Eine Hellseherin, die Kontakt mit dem Toten zu haben behauptet, erscheint mir im 21. Jahrhundert überholt.“

Die Bedenken der Kirche und von Medienkritikern, die bereits von „Volksverdummung“ sprachen, zerstreute Freya Barschel. „Ich bin von der Frau begeistert“, zitierten die „Lübecker Nachrichten“ die Witwe. „Sie ist hervorragend. Mein verstorbener Mann ist bereit gewesen, mit uns zu sprechen“, sagte sie. Allerdings, schränkte die Witwe ein, habe das „Medium“ so viel geredet, dass sie selbst leider nicht dazu gekommen sei, all das zu fragen, was ihr auf dem Herzen liege.

„Medium“ Jannes ist im Fernsehen keine Unbekannte. Im Jahr 2003 strahlte RTL die Sendung „Gespür für Mord – Hellseher ermitteln“ aus. Darin nahmen Jannes und ein Kollege angeblich Kontakt mit einem Mordopfer auf. Sie war bei TV-Pfarrer Jürgen Fliege zu Gast und bei „Galileo Mystery“ (ProSieben). Ihre Fähigkeit habe sie von der Ur-Oma mütterlicherseits geerbt, berichtete die zweifache Mutter in einem Interview mit RTL. Im Prinzip könne jeder ihren Job machen, sie unterscheide sich lediglich in der Intensität und Schnelligkeit in der Wahrnehmung.

Außer Freya Barschel gibt es noch zwei weitere Fälle, mit denen sich „Das Medium“ beschäftigt. Sie sind aber weitaus weniger spektakulär als die Barschel-Geschichte. Lisette und Harald Hartung trauern um ihre Tochter Sarah. Die 18-Jährige war vor zwei Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Die Frage, wie es zu der Katastrophe kam, quält die Eltern bis heute. Tina Boog macht sich Vorwürfe, dass sie den Hinweis der Ärzte, ihre Mutter liege im Sterben, ignorierte und zu spät ins Krankenhaus kam. Die 23-Jährige will sich bei ihr entschuldigen.