Toxikologe: Dämpfe keinesfalls einatmen

Prof. Dr. Bernd Kaina
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Wie gefährlich ist das Quecksilber, das in Energiesparlampen enthalten ist? Wir fragten Professor Bernd Kaina, den Leiter des toxikologischen Instituts an der Uni Mainz. Welche Dosis schadet Menschen?

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Wie gefährlich ist das Quecksilber, das in Energiesparlampen enthalten ist? Wir fragten Professor Bernd Kaina, den Leiter des toxikologischen Instituts an der Uni Mainz.

Welche Dosis schadet Menschen?

Es gibt einen Richtwert, der die täglich duldbare Menge bei einem Erwachsenen mit 70 Kilogramm Körpergewicht auf 50 Mikrogramm Quecksilber pro Tag begrenzt. Bei Kindern ist das entsprechend weniger. Mit der Nahrung nehmen wir maximal drei Mikrogramm am Tag auf. Gleiches gilt für Amalgam (quecksilberhaltige Zahnfüllungen). In der Regel erreichen wir den gesetzlichen Grenzwert also nicht.

Was bewirkt das Gift im Körper?

In der Energiesparlampe (ESL) ist metallisches Quecksilber enthalten, das verdampft, wenn die Lampe zerbricht. Wenn man es einatmet, schädigt es vor allem Darm und Nieren. Das kann so weit gehen, dass der Patient sich fortwährend selbst vergiftet, Nieren und Darm zerstört werden und der Mensch durch starke Durchfälle austrocknet. Akute Vergiftungsanzeichen sind Kopfschmerzen, Übelkeit und ein metallischer Geschmack im Mund. Bei organischem Quecksilber, das in der Natur vorkommt, sind die Symptome ganz anders: Wenn man es etwa über kontaminierten Fisch aufnimmt, reichert es sich in Gehirn und Rückenmark an und wirkt als Nervengift. Erst nach ein bis zwei Monaten treten Störungen wie Kribbeln auf, Taubheitsgefühle, Seh- und Sprachstörungen, die Schrift ist beeinträchtigt. Es dauert Monate, bis diese Symptome wieder abklingen.

Welchen Unterschied macht es, ob ich Quecksilber über die Haut aufnehme, einatme oder schlucke?

Das Schlimmste ist, wenn ich verdampftes Quecksilber einatme. Dann gelangt es sehr schnell ins Blut, wird in den ganzen Körper umverteilt und ist in allen Geweben zu finden, wo es toxisch wirkt. Durch die Haut dringt es nicht besonders gut. Wer seine Hände gründlich wäscht, ist relativ gut geschützt. Wenn Kinder am Boden krabbeln und Quecksilberkügelchen verschlucken, werden die über den natürlichen Weg wieder ausgeschieden, ohne unterwegs allzu viel Schaden anzurichten.

Wie lässt sich die Quecksilberkonzentration im Körper messen?

Durch Blutuntersuchungen. Bei einer akuten Vergiftung kann man das auch im Urin machen. In der Regel führen das die klinischen Toxikologen an größeren Krankenhäusern durch. Bei organischem Quecksilber ist das vertrackter: Die Menge im Blut entspricht nicht der Menge, die sich in Hirn oder Rückenmark anreichert. Da ist die Vergiftung schwieriger festzustellen.

Kann ich den Körper entgiften?

Für eingeatmete (metallische) Dämpfe gibt es recht gute Entgifter. Das sind Verbindungen, die in der Notfallmedizin eingesetzt werden – meist über Injektion oder auch zum Einnehmen. Bei organischem Quecksilber, das wir durch Umweltbelastungen aufnehmen, haben wir kein vernünftiges Gegengift.

Wie groß schätzen Sie die Gefahr ein, die von einer zerbrochenen Energiesparlampe ausgeht?

Wenn eine aufgeheizte Lampe zerbricht, kann das verdampfende Quecksilber Spitzenwerte von einem Mikrogramm pro Quadratmeter erreichen. Einatmen darf ein Kind weniger als ein Mikrogramm pro Tag – folglich sind wir hier in einem kritischen Bereich. Bei Unfällen sollten verunsicherte Eltern einen Arzt aufsuchen.

Gemessen am Gesundheitsrisiko: Ist es da nicht trotzdem sinnvoller, Amalgamfüllungen auszutauschen und weniger Fisch zu essen?

Unnötige Belastungen sollte man vermeiden. Was den Fisch angeht: Der ist gesund. In Deutschland wird der Schwermetallgehalt in Lebensmitteln ständig überprüft. Wenn Sie die mögliche Kontamination von Nahrungsmitteln mit den Giftstoffen vergleichen, die ein Raucher inhaliert – neben 60 hoch karzinogenen (also krebserregenden) Substanzen auch Schwermetalle und eine enorme Menge an Feinstaub -, kommt einem die Angst vor einer Energiesparlampe wiederum ein bisschen übertrieben vor.

Das Gespräch führte Nicole Mieding