Kreis Bad Kreuznach

Teer-Mafia zockt Grundstücksbesitzer im Kreis Bad Kreuznach ab

Die Kreishandwerkerschaft Rhein-Nahe-Hunsrück warnt vor dubiosen Haustürgeschäften einer irischen Drückerkolonne.

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Kreis Bad Kreuznach – Die Kreishandwerkerschaft Rhein-Nahe-Hunsrück warnt vor den dubiosen Haustürgeschäften einer irischen Drückerkolonne:

Wanderarbeiter fahren mit Lastwagen und Walzen vor und bieten Haus- und Hofbesitzern mal eben über den Gartenzaun an, deren Einfahrt oder den Hof zum Schnäppchenpreis zu asphaltieren. Die Handschrift der „Teer-Mafia“ klebt bereits auf einigen Grundstücken im Kreis Bad Kreuznach. In einem Fall muss jetzt ein Bad Kreuznacher Autohändler seinen kompletten Hof wieder aufreißen lassen.

Die irischen Bautrupps halten gezielt Ausschau nach unbefestigten Flächen auf Privatgrundstücken. Sie geben vor, beim Straßenbau beschäftigt zu sein und überschüssigen Asphalt zu haben. So schnell wie sie gekommen sind, sind sie dann auch wieder verschwunden. Kassiert wird bar auf die Hand. Wenn Mängel auftauchen, kann man die Teerpfuscher nicht mehr belangen, weil sie sich längst aus dem Staub gemacht haben, eine falsche Firmenadresse im Ausland angeben und nicht mehr erreichbar sind. Am Ende ist die Asphaltdecke mangelhaft, und die Auftraggeber müssen im Nachhinein schlampige Arbeiten teuer ausbessern lassen.

Dieses Ende nahm jüngst ein Fall in der Kurstadt: Die Teermafia klingelte vor knapp zwei Wochen bei einem Autohändler, vereinbarte mit ihm an der Haustür, das Betriebsgelände professionell herzurichten, Unebenheiten zu beseitigen und neu zu teeren. „Die Arbeiten wurden unsachgemäß ausgeführt, die aufgetragene Bitumenschicht ist nicht annähernd ausreichend“, klagt der geprellte Autohändler nun. Die Folge: Auf seinem gesamten Betriebsgelände muss er den Splitt abtragen und die Fläche neu teeren lassen. An die Teer-Mafia zahlte er 1500 Euro. Laut Kreishandwerkerschaft bleibt er jetzt auf erhebliche Mehrkosten sitzen – und eine Zivilklage gegen die Firma mit dubioser Pariser Adresse ist nahezu aussichtslos. „Seriöse Handwerker ziehen niemals von Haustür zu Haustür oder machen Geschäfte am Telefon“, sagt Gerhard Schlau, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. Er weiß: Auf diese Weise können aus 1500 Euro schnell 10 000 Euro Kosten werden. Die Behörden aber scheinen mit dieser Art von Kriminalität völlig überfordert zu sein. Denn die Banden sind weiter in ganz Deutschland unterwegs. Und das schon seit Jahren.

Im Internet finden sich zahlreiche Bericht über die wandernden Bautrupps. Auch Hans-Ernst Gerharz, Inhaber einer Baufirma aus Bad Kreuznach, kann ein Lied davon singen. Es ist kein Loblieb auf die Behörden. Seit 15 Jahren geht er gegen die Teermafia auf die Barrikaden. Ohne Erfolg.

Polizei, Ordnungsämter, Steuerfahndung, Baugewerbeverband, Kreishandwerkerschaft, Industrie- und Handelskammer – sie alle hat er nach eigenen Angaben schon angeschrieben und hoffte, so der Teermafia das Handwerk zu legen. Mittlerweile hat der 72-Jährige resigniert: „Die können machen, was sie wollen, das interessiert niemanden“, klagt er. Der Bauunternehmer berichtet von zahlreichen Baustellen, auf denen er die Iren im Naheland schon angetroffen hat. „Die pfuschen in unserem Handwerk herum, für die ist das ein Riesengeschäft an der Steuer vorbei“, sagt er.

Für die Polizei ist das Ganze ein Ärgernis: „Das ist das Verschulden der Leute, die mit Dollarzeichen in den Augen ihr Gehirn ausschalten“, wettert Stephano Borrero-Wolff, Leiter der Bad Kreuznacher Kriminalpolizei. Den Ordnungshütern liegt bislang nur eine einzige Anzeige aus diesem Jahr vor. „Vom 22. bis 24. Juni haben die bei uns wieder fleißig geteert“, so Borrero-Wolff. Dass die wandernden Bautrupps in Europa ihre Dienst anbieten, sei nicht verboten. Schwarzarbeit hingegen schon. Für die Arbeiter wie auch für die Auftraggeber.

Von Denise Bergfeld