RZ-Kommentar von Dietmar Brück: Warum fängt das Land erst jetzt an zu sparen?

Rheinland-Pfalz muss sparen – mehr denn je. Wer noch Zweifel daran hatte, dass es sträflich und gefährlich ist, ungehemmt Schulden aufzutürmen, der braucht nur nach Griechenland zu schauen.

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Rheinland-Pfalz muss sparen – mehr denn je. Wer noch Zweifel daran hatte, dass es sträflich und gefährlich ist, ungehemmt Schulden aufzutürmen, der braucht nur nach Griechenland zu schauen.

Der Aufruhr in Athen lehrt uns: Wer zu lange auf Pump lebt, dem geht irgendwann die Puste aus. Unter der Sonne Hellas' herrschen inzwischen Heulen und Zähneklappern. Dieses Beispiel muss auch Deutschland und seinen Bundesländern eine Warnung sein. Für die Landespolitik bedeutet dies: Auch im rot-grün regierten Wohlfühlland Rheinland-Pfalz gibt es schlichtweg keine Alternative zum Sparen.

Dabei dürfen sich die Rheinland-Pfälzer keinen Sand in die Augen streuen lassen. Auch eine geringere Nettoneuverschuldung ist eine höhere Verschuldung. Um einen Vergleich zu bemühen: Wer weniger zunimmt, nimmt deswegen noch lange nicht ab. Die langfristige Diät ist das, was die Haushälter Konsolidierungspfad nennen. Nur wenn sie längere Zeit diszipliniert durchgehalten wird, führt sie zum Erfolg.

Denn zunächst muss man konstatieren: Auch mit dem Entwurf zum Doppelhaushalt 2012/13 wächst der rheinland-pfälzische Schuldenberg – 2012 um 1,09 Milliarden Euro, 2013 um 932 Millionen Euro. Dennoch wurde die Neuverschuldung klar gedrückt. Der Grund: Der Landesregierung blieb gar nichts anderes übrig, als sich verfassungsgemäß dem Diktat der Schuldenbremse zu beugen. Diese eherne Regel schreibt vor, dass der gigantische Schuldenberg des Landes ab dem Jahr 2020 nicht mehr höher werden darf. Also müssen die Ausgaben runter. Dass damit Interessen verletzt und Lobbys zum Widerstand provoziert werden, steht außer Frage. Diesem wütenden Aufschrei muss die Landesregierung standhalten – mit Rückgrat und guten Argumenten. Und auch die Opposition sollte nicht blindlings Öl ins Feuer des Protestes gießen. Die Verantwortung für ein zukunftsfestes Rheinland-Pfalz müssen alle Parteien tragen. Und nicht nur sie – alle Bürger sind gefragt. Dabei gilt es, ein Stück Verzicht zu akzeptieren.

Insgesamt ist in dem jetzt vorgelegten Zahlenwerk durchaus ein ernsthafter Sparwille zu erkennen. Alle Ministerien müssen mit den Kosten runter, Personal wird reduziert, die Verwaltungsstrukturen werden gestrafft. Zugleich ist es der rot-grünen Landesregierung gelungen, die politischen Leuchttürme Bildung, Entlastung der Kommunen und Energiewende ausreichend zu befeuern. Und noch etwas kann Rot-Grün auf der Habenseite verbuchen: Die noch immer recht unerfahrene Koalition hat die anstrengenden Haushaltsverhandlungen relativ lautlos über die Bühne gebracht. Daran ändert auch nichts, dass es zuweilen bei den Gesprächen mit dem Wirtschaftsministerium gehakt haben soll. Richtig öffentlich wurden diese Konflikte nie. Fazit: Am aktuellen Doppelhaushalt gemessen, hat Rot-Grün relativ schnell in ein professionelles Fahrwasser gefunden.

Dennoch muss sich vor allem die SPD fragen lassen, warum sie erst jetzt die Zügel halbwegs straff anzieht. Eine weitgehend solide Haushaltspolitik hätte viel früher das Gebot der Stunde sein müssen. Rheinland-Pfalz versucht, um fünf vor zwölf die Kurve zu kriegen. Das ist erfreulich, aber alles andere als eine politische Großtat. Dietmar Brück