London

Reaktionen: Thatcher machte Politik mit der Handtasche

Das Lächeln des Kanzlers täuscht: Helmut Kohl und Margaret Thatcher waren sich oft spinnefeind.
Das Lächeln des Kanzlers täuscht: Helmut Kohl und Margaret Thatcher waren sich oft spinnefeind. Foto: DPA

Der frühere Kanzler Helmut Kohl soll einmal über Margaret Thatcher gesagt haben, dass er sie meidet „wie der Teufel das Weihwasser“. Die „Eiserne Lady“ hat sich ihren Beinamen in der nationalen und internationalen Politik mit Hartnäckigkeit und Durchsetzungsstärke erarbeitet. Politikern und Wirtschaftsbossen gegenüber zeigte sich die streng konservative britische Ex-Premierministerin ebenso unerbittlich wie gegenüber Terroristen.

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In den vergangenen Jahren kamen auch immer mehr Dinge ans Tageslicht, die während der Thatcher- Ära verheimlicht worden waren. So musste London zugeben, dass unter der Thatcher-Führung die Rolle der britischen Armee in Nordirland in ein allzu positives Licht gestellt worden war. Argentinien betrachtet die Frau aus der Downing Street noch immer als Kriegsverbrecherin, weil sie im Falkland-Krieg ohne Not den Befehl zum Versenken des Kriegsschiffes „General Belgrano“ gegeben hatte – und damit 323 Menschen in den Tod schickte.

Das Lächeln des Kanzlers täuscht: Helmut Kohl und Margaret Thatcher waren sich oft spinnefeind.
Das Lächeln des Kanzlers täuscht: Helmut Kohl und Margaret Thatcher waren sich oft spinnefeind.
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Noch heute rauchen EU-Diplomaten in Brüssel die Köpfe, wenn es etwa um den von Thatcher 1984 herausgefochtenen „Britenrabatt“ geht, der Großbritannien geringere Netto-Zahlungen in den EU-Topf garantiert. Thatcher hatte damals sinngemäß gesagt: „I want my money back“ („Ich will mein Geld zurück“).

Nicht gerade diplomatisch – aber erfolgreich. Die Verhandlungstaktik der stets hochkorrekt gekleideten Frau mit der Betonfrisur ging als „Handbagging“ in die Politik-Geschichte ein – in entscheidenden Situationen soll sie resolut ihre Handtasche auf den Tisch geschlagen haben. Auch nach ihrem Tod spaltet die „Eiserne Lady“ die Gemüter: Ken Livingstone, früherer Bürgermeister Londons, wettert.

„Für jedes echte Problem“, das Großbritannien heute hat, macht er Thatcher verantwortlich. Sie habe Millionen Menschen arbeitslos gemacht. In der Amtszeit von Thatcher schnellte die britische Arbeitslosenquote auf bis zu 12,5 Prozent hoch – ehe sie gegen Ende ihrer Amtszeit wieder sank. Premierminister David Cameron lobt seine Vorgängerin in den höchsten Tönen. „Sie hat das Land gerettet“, sagt er. Und selbst Kanzlerin Angela Merkel sieht Thatcher als „überragende Führungspersönlichkeit“.

David Hopper, Generalsekretär der Bergleute-Gewerkschaft im nordenglischen Durham, kann dem nicht folgen. Er feierte Thatchers Tod sogar als „großartigen Tag“. Und setzt noch einen drauf: „Für die Gewerkschaft konnte es nicht früh genug kommen, und ich bin froh, dass ich sie überlebt habe“, sagte der 70-Jährige und kündigte eine Gegendemonstration der Kohlebergleute an: am Tag von Thatchers Trauerfeier.

Und Helmut Kohl? Der ist heute voll des Lobes für seine einstige Gegenspielerin: „Margaret Thatchers Tod erfüllt mich mit aufrichtiger Betroffenheit. Margaret Thatcher war eine großartige Frau und eine große Premierministerin des Vereinigten Königreichs Großbritannien. Sie war eine aufrechte Kämpferin und Vertreterin der Interessen ihres Landes. Ich habe Margaret Thatcher wegen ihrer Freiheitsliebe, ihrer unvergleichlichen Offenheit, Ehrlichkeit und Geradlinigkeit sehr geschätzt.“

Von Michael Donhauser