Nachruf: Stadtchefin verliehder Politik ihre eigene Note

Wer Veronika Fischer erlebt hat, der weiß: Diese Frau konnte zupacken. Im übertragenen Sinne wie auch in der persönlichen Begegnung. Ihr Händedruck war verbindlich, zur Begrüßung nahm sie ihr Gegenüber freundlich und fest in den Blick. Respektvoll hieß sie so jedes Mitglied des Mayener Stadtrates mit einem Handschlag willkommen.

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Die Volljuristin als Powerfrau: Ausgestattet mit exzellenten Referenzen, erklomm sie nach der Zwischenstation in der Kreisverwaltung Ahrweiler zügig die Karriereleiter. Als Bürgermeisterin setzte die damals 36-jährige Christdemokratin wichtige Akzente in der Mayener Politik: Sie zeichnete für den Neubau der St.-Veit-Brücke ebenso verantwortlich wie für andere Straßenprojekte. Ihr besonderes Augenmerk galt Kindergärten und Schulen. Sie machte den Weg frei, dass Kinder genügend Raum zum Spielen und Lernen hatten. Ein Engagement im sozialen Bereich, das nicht jedem gefiel. So hatte sie alle Hände voll zu tun, sich in der Männerdomäne Kommunalpolitik zu behaupten.

In Mayen, wo in der Stadtpolitik mitunter ein rauer Ton herrscht, schaffte sie es, sich Respekt zu verschaffen. Mit Geschick und Fleiß wusste sie die Gunst der Stunde zu nutzen, als der Stern ihres Vorgängers zu sinken begann. Und dank eines ausgeklügelten Netzwerkes mit vielen Sympathisanten feierte sie im Jahr 2008 einen haushohen Sieg gegen den Amtsinhaber.

Die Mayener Politik hatte ein anderes Gesicht bekommen, charmant und eloquent. Während Veronika Fischer auf dem Parkett glänzte, bürdete ihr das Amt unliebsame Prüfungen auf. Sie arbeitete unermüdlich, oft in der Nacht. Ihre Hobbys, Reiten und Lesen, kamen zu kurz. Fast alle Themen führte sie persönlich zur Entscheidungsreife, sie straffte die Struktur in der Verwaltung. Und musste zuletzt mit einer schwierigen Pattsituation im Rat klarkommen. Dass sie vieles eigenmächtig ins Werk setzte, rief Kritiker auf den Plan.

Ihr Verlust schmerzt sehr, menschlich wie politisch: Die Stadt Mayen verliert mit Veronika Fischer eine tatkräftige, zupackende Oberbürgermeisterin. Der Gedanke an ihr sympathisches Lächeln wird die tiefe Trauer ein wenig erträglicher machen.

Thomas Brost