Berlin

Medizinisch-psychologische Untersuchung soll transparenter werden: Videoaufzeichnung bei Test?

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will noch in dieser Wahlperiode die medizinisch-psychologische Untersuchung für Autofahrer reformieren. Für die Betroffenen sollen die Regeln transparenter und fairer werden. Im Volksmund spricht man auch vom „Idiotentest“, den Autofahrer absolvieren müssen, die ab 1,6 Promille am Steuer erwischt wurden oder die notorisch zu schnell fahren.

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Von unseren Berliner Korrespondenten Jan Drebes und Eva Quadbeck

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Vorwürfe gegen die MPU, dass diese für die Betroffenen nicht transparent genug sei, es keine Einspruchsmöglichkeiten gegen negative Entscheidungen gibt und auch das Geschäft rund um die MPU und ihre Vorbereitungskurse in Teilen nicht seriös sei. An diesen Kritikpunkten wollen die Verkehrspolitiker der Großen Koalition nun ansetzen. „Die Ziele der MPU-Reform lauten: mehr Qualität, Transparenz und Akzeptanz“, sagte Dobrindt unserer Zeitung.

Auch die Fachpolitiker der Großen Koalition sehen Handlungsbedarf. „Wir brauchen für die MPU Klarheit und Einheitlichkeit“, sagte Unionsfraktionsvize Arnold Vaatz (CDU). SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte: „Die MPU sollte durch ausgewiesene Experten durchgeführt werden. Eine Ombudsstelle könnte den Teilnehmern helfen, ihr MPU-Gutachten noch einmal zu überprüfen.“ Der SPD-Verkehrsexperte sprach sich auch dafür aus, mehr Transparenz durch Videoaufzeichnungen bei den entscheidenden Gesprächen zwischen dem Psychologen und dem Autofahrer zu schaffen. „Dann kann es die Möglichkeit zum Einspruch geben, und eine weitere Person entscheidet, ob das Gespräch nach den Grundsätzen abgelaufen ist, die wir aufstellen werden“, sagte seine Fraktionskollegin, die verkehrspolitische Sprecherin Kirsten Lühmann.

Die Autofahrerlobby ADAC fordert schon seit Jahren Reformen. „In Deutschland muss es endlich ein Siegel für MPU-spezialisierte Verkehrspsychologen geben, damit sich Betroffene an geeignete Adressen wenden können“, sagte ADAC-Verkehrsjurist Markus Schäpe. Betroffen sind jährlich zwischen 90 000 und 100 000 Führerscheininhaber, die zur MPU müssen. Der Grund ist in fast jedem zweiten Fall auffälliges Verhalten unter Alkoholeinfluss, bei 23 Prozent der Betroffenen führen Drogen- oder Medikamentenkonsum zum psychologischen Gespräch. Und in 16 Prozent der Fälle müssen Menschen zur MPU, die ohne Einfluss von Alkohol und Drogen verkehrsauffällig geworden sind.

Die Durchfallquoten bei der MPU sind mit rund 40 Prozent hoch. Zwar kann der Test wiederholt werden, aber für die Betroffenen ist er sehr teuer. Mit Vorbereitung, Urin- und Haarproben sowie dem eigentlichen Test belaufen sich die Kosten auf 1600 bis 2000 Euro.

Ein zentraler Kritikpunkt an der MPU ist auch das Geschäftswesen rund um den Test. „Wir müssen auch den wenigen schwarzen Schafen der Branche das Handwerk legen“, sagte Lühmann. Es gehe nicht, dass die Vorbereitung auf die MPU und die eigentliche MPU zwar von verschiedenen Firmen für teures Geld durchgeführt würden, im Endeffekt aber dennoch in einer Hand lägen. Lühmann sprach sich auch für eine längere Vorbereitungszeit aus.

Es sei unfair, wenn den Betroffenen mitgeteilt werde, dass sie innerhalb von acht bis zwölf Wochen die Entscheidung der MPU beim Straßenverkehrsamt vorlegen müssten. Insbesondere Menschen, die mit einer hohen Promillezahl am Steuer erwischt worden seien, brauchten ausreichend Zeit, ihren Alkoholkonsum zu überdenken. „Die Fristen sollten bei sechs bis zwölf Monaten liegen.“

Der im Volksmund sogenannte Idiotentest heißt eigentlich MPU: medizinisch-psychologische Untersuchung. Getestet wird nicht nur, wer betrunken am Steuer erwischt wird oder zu viele Punkte in der Verkehrssünderdatei hat. Auch körperliche oder psychische Einschränkungen wie Schwerhörigkeit oder ein hohes Aggressionspotenzial können den Besuch bei einem Gutachter erfordern. Die MPU besteht aus vier Teilen: einer schriftlichen Befragung, einer medizinischen und psychologischen Untersuchung sowie Leistungstests, die Reaktionsfähigkeit, Aufmerksamkeit und Konzentrationsvermögen prüfen. Die gesamte Untersuchung nimmt rund zweieinhalb Stunden in Anspruch, an Kosten kommen schnell mehr als 1000 Euro zusammen.

Eine Liste der Begutachtungsstellen gibt es unter ku-rz.de/mpu16