USA

Juni 2013: Der große Bruder hört mit

Edward Snowden
Erlangte weltweit Bekanntheit: Edward Snowden. Foto: Guardian/Glenn Greenwald/Laura Poitras

Es ist das Jahr von Edward Snowden. Der 30-Jährige, der abertausende Dokumente des mächtigen US-Geheimdiensts NSA an Journalisten weitergibt, löst ein politisches Beben mit nahezu täglichen Erschütterungen aus. Durch die von ihm entwendeten Dateien erfährt die Öffentlichkeit erstmals von der nahezu flächendeckenden Überwachung des Internets durch die NSA.

Lesezeit: 2 Minuten
Anzeige

Von Andrej Sokolow

Dank Snowden weiß Kanzlerin Angela Merkel nun, dass ihr Handy über Jahre abgehört wurde. Seine Enthüllungen sorgen dafür, dass immer mehr Daten verschlüsselt durchs Netz fließen.

„Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles was ich mache und sage aufgenommen wird“, erklärte Snowden sein Motiv. „Sie haben keine Ahnung, was alles möglich ist“, lautet seine düstere Mahnung. Und tatsächlich zeigen sich selbst Experten für IT-Sicherheit von dem Ausmaß der Internetüberwachung erschüttert.

Er selbst bezahlt für diese waghalsige Entscheidung einen hohen Preis. Snowden lässt im Inselparadies Hawaii das bisherige Leben mit seiner Freundin und einem üppig bezahlten Job zurück. Jetzt sitzt er in Moskau fest, sein weiteres Schicksal ist unklar. Die Russen gewähren ihm Asyl nur für ein Jahr, nachdem er ohne gültige Papiere an einem Moskauer Flughafen gestrandet ist. Die USA fordern seine Auslieferung. Ein Asyl in Deutschland oder Europa, wie es etwa der Grünen-Politiker Hans-Christan Ströbele fordert, scheint kaum realistisch.

Seit Anfang Juni kommen immer neue Details über Spionageaktivitäten von Geheimdiensten im Internet ans Licht. Ein Überblick:

Prism: Der Name steht zunächst für die gesamte Affäre, umfasst aber nur einen Teil des Repertoires der NSA. Über Prism hat der Überwachungsdienst Zugriff auf Nutzerdaten großer US-Internetfirmen, darunter Google, Yahoo, Microsoft und Facebook. Ein Geheimgericht ordnet die Herausgabe der Informationen an. Das seien etwa Inhalte von Mails, Suchanfragen oder Chats, berichtet der „Guardian“.

Tempora: Das ist ein Programm des britischen Dienstes GCHQ. Der GCHQ arbeitet eng mit der NSA zusammen. Unter dem Codenamen Tempora soll der GCHQ mehr als 200 Glasfaserkabel anzapfen, über die Daten um die Welt rasen. So habe der GCHQ Zugriff auf den Internetverkehr.

XKeyscore: Die gewaltigen Datenmengen, die die NSA sammelt, müssen irgendwie ausgewertet werden. Dazu dient die Software XKeyscore. Damit können NSA-Analysten wie Snowden die Datenberge nach Verdächtigen durchsuchen. Der Bundesnachrichtendienst soll ebenfalls eine Version von XKeyscore einsetzen.

Knacken von Verschlüsselung: Wenn Daten verschlüsselt durchs Netz geschickt werden, können Geheimdienste nicht einfach so mitlesen. Doch NSA und GCHQ können Medienberichten zufolge mehrere gängige Verschlüsselungstechniken knacken oder aushebeln.

Anonymes Surfen: Auch das Anonymisierungsnetzwerk Tor war Spionageziel der NSA. Damit können Nutzer ihre Spuren im Netz verwischen. Der Geheimdienst schaffte es allerdings wohl nicht, das Netzwerk direkt zu knacken.

Überwachung von ausländischen Staatschefs: Nicht nur Merkels Handy gerät ins Visier der NSA. Laut „Guardian“ wurden Telefone von 35 Spitzenpolitikern überwacht.

Angriff auf Google und Yahoo: Die NSA konnte laut „Washington Post“ den Datenverkehr zwischen den Rechenzentren der beiden Internetriesen abgreifen. In den Rechenzentren werden Informationen aus E-Mail-Diensten, Suchanfragen oder Dokumente der Nutzer gespeichert. Inzwischen sollen die Daten auch zwischen den Rechenzentren verschlüsselt unterwegs sein.