Graswurzelrevolution im Netz sprießt

US-Firmen, die unter Korruptionsverdacht stehen, sollten sich vorsehen. Sie könnten bald Opfer eines Angriffs der „Anonymous“ (Anonyme) werden. Die Internetaktivisten, die ganz wesentlichen ANteil an den derzeitigen Protesten gegen Bankenmacht und soziale Verwerfeungen durch die Finanzkrise haben, plant eine Attacke auf die US-Wirtschaft.

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Berlin/New York – US-Firmen, die unter Korruptionsverdacht stehen, sollten sich vorsehen. Sie könnten bald Opfer eines Angriffs der „Anonymous“ (Anonyme) werden. Die Internetaktivisten, die ganz wesentlichen Anteil an den derzeitigen Protesten gegen Bankenmacht und soziale Verwerfeungen durch die Finanzkrise haben, plant eine Attacke auf die US-Wirtschaft.

Wie aus Dokumenten hervorgeht, die unserer Zeitung vorliegen, wollen sie die Geschäftsberichte mit legalen Mitteln durchleuchten. Dazu planen die Anons – so nennen sich die Aktivisten -, Kontakt zu Firmenmitarbeitern aufzunehmen, die über die Machenschaften ihres Arbeitgebers reden wollen. Die Informationen sollen dann im Internet nach dem Vorbild der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht werden.

Ein ziviler Widerstand im Internet. Das Beispiel zeigt, wie die neue Protestbewegung, die aus den USA nach Europa und Deutschland schwappt, gegen die Mächtigen in Banken und Wirtschaft zu Felde zieht. Für viele der Aktivisten wäre dies eigentlich die Aufgabe der Politik. Doch diese erleben sie als machtlos. Also nehmen sie die Sache selbst in die Hand.

Aber längst spielt sich der Widerstand nicht mehr nur im Internet ab. In Berlin, Frankfurt, Düsseldorf, München, Hamburg, Köln, Leipzig, Magdeburg und Bremen planen die „Anons“, wie sie sich selbst nennen, am kommenden Samstag zusammen mit anderen Globalisierungskritikern und Befürwortern von mehr Demokratie zahlreiche Demonstrationen.

Die Planungen dafür laufen natürlich wieder online. Und das macht die Proteste für die Politik so unberechenbar. Denn jeder, der den Link im Internet kennt oder auf die Seiten der Aktivisten stößt, kann sich beteiligen. Informationen laufen im Netz zusammen, wo man gemeinsam arbeitet. Dort kann jeder Ideen hinterlassen, Vorschläge anderer bewerten und weiterentwickeln oder an Formulierungen für Pressemitteilungen feilen. Absprachen zu Zeit, Ort und Art der Aktionen treffen die Aktivisten ebenfalls hier.

So sind auch die Organisationsteams in den neun Großstädten über das Internet vernetzt. Wird eine gute Idee an einem Standort entwickelt, sehen dies die anderen und übernehmen sie in die eigene Planung. „Es sieht zum Beispiel so aus, dass die Idee, mit Kreideschriftzügen auf die Aktionen am 15. Oktober aufmerksam zu machen, in allen Städten übernommen wird“, meint Colin Bredow, Organisatior der Aktion „Occupy (Besetzt) Frankfurt“. Die Dokumente im Netz stellt dort die Piratenpartei zur Verfügung. „Einige von uns sind Anhänger der Partei, viele auch bei Anonymous aktiv“, sagt Bredow. Hier werden momentan auch die Forderungen für die Veranstaltung am 15. Oktober gesammelt. Am Morgen war das Dokument noch leer, am Abend steht dort unter anderem: „(Nachhaltige) Regelung der Finanzmärkte“ und „Mindestlöhne flächendeckend.“ So könnte eine neue Graswurzelrevolution im Internet entstehen.

Von Christian Kunst und Sandra Elgaß