Frankfurt/Mainz

Fraport will noch mehr Nachtflüge

Flughafen Frankfurt
Flughafen von Frankfurt am Main. Foto: DPA

Flughafenchef Stefan Schulte will die strikte zeitliche Grenze zum Nachtflugverbot und damit die richterliche Vorgabe des Bundesverwaltungsgerichtsurteils aufweichen. Das empört die Fluglärmgegner.

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Derzeit blieben am größten deutschen Drehkreuz nachts zu viele startklare Jets am Boden, weil die 23-Uhr-Grenze vom Land zu strikt ausgelegt werde, erklärte Schulte am Freitag in Frankfurt. Seit Oktober seien wegen der verweigerten Genehmigungen für 108 Starts bereits knapp 12.000 Passagiere in Frankfurt über Nacht hängen geblieben, teilte Fraport mit. Dazu seien in der vergangenen Nacht noch einmal rund 2000 gestrandete Passagiere gekommen, weil elf Maschinen nicht mehr starten durften, darunter Großraumjets wie ein Airbus A 380 nach Johannesburg oder die Boeing 747 nach Bangkok.

Erneut sei es zu Tumulten gekommen, weil sich Passagiere zunächst weigerten, wieder aus dem Flugzeug auszusteigen. Erst die Polizei konnte die aufgebrachten Reisenden beruhigen.

Ihm schwebt eine Selbstverpflichtung der Luftfahrtindustrie vor, die verspäteten Starts auf ein absolut notwendiges Minimum zu begrenzen, sagte Schulte. Bislang entscheidet das hessische Verkehrsministerium auf Antrag nach einem engen Kriterienkatalog, ob die Verspätung von der jeweiligen Fluggesellschaft selbst zu verantworten ist. Schlechtes Wetter am Flughafen führt regelmäßig zu Startgenehmigungen nach 23 Uhr. Keine grünes Licht gibt es hingegen beispielsweise für Jets, die auf ihren Umläufen früher am Tag witterungsbedingt Verspätungen eingeflogen haben.

Die Mainzer Umweltdezernentin Katrin Eder erteilt solchen Überlegungen eine klare Absage: „Das wäre ein Affront gegen das Urteil eines hohen Bundesgerichtes und ein Affront gegen die ganze Region“, erklärt die Grünen-Politikerin. „Die Fraport muss ihren Fahrplan so steuern, dass alle Flüge vor 23 Uhr abgewickelt sind.“

Es gehöre schon ein gewisses Bewusstsein dazu, um sich so zu äußern, sagt der Marienborner Pfarrer und Fluglärmaktivist Harald Jaensch. „Es ist eine ungeheure Anmaßung, das so offen zu sagen. Ein weiterer Schritt, sich über Menschenrechte hinweg zu setzen. Das ist menschenverachtendes Unrecht, das als notwendig verkauft wird.“ „Das fällt ihm jetzt ein. Da darf doch wohl nicht wahr sein! Das ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten“, sagt Jürgen Schober, Fluglärmaktivist vom Lerchenberg. Die Fluglärmgegnerin Barbara Laddey: „Das Nachtflugverbot ist Bestandteil der Mediation und greift ohnehin schon zu kurz, Es kann nicht sein, dass ein Unternehmen aus Profitstreben eine Region so mit Fluglärm überzieht.“

„Er fährt die Masche der Lufthansa. Die Fraport verstößt permanent gegen die richterliche Vorgabe des Bundesverwaltungsgerichts. Die belasten einfach ihre Kapazität zu hoch“, sagt Dietrich Elsner, Sprecher der Initiativen Fluglärm Mainz und Rheinhessen und erfahrener Logistik-Berater.

Anselm Einsiedel von der Fluglärminitiative Oberstadt: „Ganz klar, dass Herr Schulte, das immer wieder fordern wird. Es wird der Eindruck erweckt, als würde man den Fluglärmbetroffenen entgegenkommen, dabei höhlt man die Vorgaben aus.“ Die Airlines müssten sich auf das Nachtflugverbot einstellen und das sei noch nicht passiert. Das sei alles eine Frage der Flugpläne. Das Bundesverwaltungsgerichtsurteil sei eindeutig. Bezeichnend sei zudem, dass Schulte persönliche Besuche in Mainz stets vermeide.

„Jetzt anfangen, am Nachtflugverbot zu rütteln? Da fehlen mir die Worte“, sagt Ingrid Kopp, Sprecherin der aller Anti-Fluglärm-Bürgerinitiativen im Rhein-Main-Gebiet. Für den Mainzer Bundestagsabgeordneten Michael Hartmann (SPD) ist das Nachtflugverbot schlicht „nicht verhandelbar.“ „Anscheinend hat Fraport die Bedeutung des BVG-Urteils zum Nachtflugverbot nicht verstanden. Das Nachtflugverbot war als Ergebnis der Mediation Bedingung für den Ausbau des Flughafens.“ Die vielen Ausnahmegenehmigungen und Flugausfälle seien nicht Folge des strikten Nachtflugverbots, sondern Folge eines unter falschen Bedingungen hergestellten Flugplans. Hartmann könne die hessische Landesregierung nur davor warnen, das Nachtflugverbot zu unterlaufen." Jochen Dietz