Fasten wie im richtigen Leben
Mainz – Fastenzeit. Auf irgendetwas muss man jetzt verzichten. Ich hatte überlegt, am Rosenmontag mit dem Rauchen anzufangen, dann könnte ich mich jetzt dem Nikotin-Fasten hingeben.
Eigentlich dient das Fasten ja spirituellen Zwecken. Der gläubige Geist bezwingt das schwache Fleisch, hart gegen dessen Flehen nach Rotwein, Kotelett und Süßigkeiten. Im Mittelalter verhängte man ab Aschermittwoch den Altar mit einem Vorhang, dem Hungertuch oder Schmachtlappen, und man listete penibel auf, was bis Ostern erlaubt und was verboten war. Fisch war erlaubt und schwuppdiwupp erklärten schmachtende Zeitgenossen den Biber zum Fisch, weil er ja im Wasser lebt. Das war schlecht für die Biber und gut für die Freunde brutzelnder Braten. Und ein Beweis dafür, dass auch im schwachen Fleisch ein wacher Geist wohnen kann.
Heutzutage leiten wir die Fastenzeit landauf landab mit politischen Aschermittwochen (Aschermittwochs?) ein. In Mainz ging’s diesmal besonders hoch her, denn in knapp zwei Wochen bzw. bei der Stichwahl in vier Wochen wählen wir den neuen OB. Seit Wochen fragen mich die Leute: „Herr Käzmann, wen soll ich wählen? Wen würden Sie als Kabarettist empfehlen?“ Meine Antwort: „Als Privatmann hätte ich da was für Sie, aber als Kabarettist muss ich mich an dieser Stelle enthalten. Stellen Sie sich vor, der Kandidat meines Vertrauens wird gewählt. Dann wären mir doch beruflich die Hände gebunden. Ich sag‘ da gar nix.“
Einige Gesundheitsbewusste schwören auf vorösterliche Nulldiät. „Heilfasten entschlackt und befreit Körper und Geist.“ Ich hab’s auch schon ein paar Mal gemacht und es stimmt. Natürlich knurrt der Magen und man fühlt sich schwach. Aber der Kopf wird klar, alles bekommt eine ungewohnte Leichtigkeit und man blickt ganz anders auf die Welt. Heilfasten ist eine unglaublich tiefe seelische Erfahrung. Ich hab’s einmal sogar drei Stunden und 22 Minuten lang durchgehalten. Am Stück!
Büb Käzmann alias Markus Höffer-Mehlmer ist Kabarettist und lebt in Mainz (www.bueb-kaezmann.de)
