Leipzig

Diese fünf Richter entscheiden in Leipzig über Flughafenausbau

Das Nachtflug-Tribunal: Diese fünf Richter entscheiden ab diesem Dienstag in Leipzig, ob die Mainzer ruhig schlafen können.
Das Nachtflug-Tribunal: Diese fünf Richter entscheiden ab diesem Dienstag in Leipzig, ob die Mainzer ruhig schlafen können. Foto: dpa

Der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts mit dem Vorsitzenden Richter Rüdiger Rubel (Mitte) berät ab diesem Dienstag in Leipzig über das Nachtflugverbot für den Frankfurter Flughafen – genauer gesagt über die Planfeststellung des Landes Hessen aus dem Jahr 2007.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Leipzig – Der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts mit dem Vorsitzenden Richter Rüdiger Rubel (Mitte) berät ab diesem Dienstag in Leipzig über das Nachtflugverbot für den Frankfurter Flughafen – genauer gesagt über die Planfeststellung des Landes Hessen aus dem Jahr 2007.

Weil der Hessische Verwaltungsgerichtshof die darin enthaltene Nachtflugregelung gekippt hat, ist das Land Hessen in die Revision gegangen. Dem Senat gehören außerdem an: Ulrike Bumke, Renate Philipp, Alexander Jannasch und Helmut Petz.

Ruhe erwünscht: Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Klagen gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens.
Ruhe erwünscht: Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Klagen gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens.
Foto: dpa

Die Leipziger Richter sind bereits auf einen umfangreichen Prozess vorbereitet: Zwei volle Verhandlungstage haben sie sich freigehalten, um die Planfeststellung für Deutschlands wichtigsten Flughafen zu überprüfen. Der größte Saal im Bundesverwaltungsgericht ist reserviert und wird am Dienstag voraussichtlich dennoch nicht ausreichen. Denn aus Frankfurt und Umgebung wird ein ganzer Tross von Anwälten, Politikern, Journalisten und lärmgeplagten Anwohnern erwartet. Auf ein Urteil werden sie noch einige Wochen warten müssen, denn dazu wird ein separater Verkündungstermin festgelegt.

Planfeststellung des Landes Hessen liegt auf dem Tisch

Auf dem Tisch der Richter liegt die Planfeststellung des Landes Hessen aus dem Jahr 2007, verantwortet von der CDU-Alleinregierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Roland Koch. Sie enthält entgegen früheren Absprachen in der Vermittlungsphase (Mediation) die Zahl von durchschnittlich 150 Flügen zwischen 22 und 6 Uhr, von denen wiederum durchschnittlich 17 in der „Mediationsnacht“ zwischen 23 und 5 Uhr stattfinden dürfen.

In erster Instanz hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) Kassel genau diese Nachtflugregelung gekippt und für besseren Lärmschutz der Bürger „nahe null“ Nachtflüge verlangt. Nur gegen diesen Teil des Urteils hat das Land Revision eingelegt. Die übrigen acht Kläger – Kommunen und Privatleute – wollen hingegen die gesamte Planfeststellung kippen oder zumindest einschränken.

Der Flughafenbetreiber Fraport, sein wichtigster Kunde Lufthansa und auch das Wiesbadener Verkehrsministerium hatten sich geirrt, als sie meinten, den Kasseler Richterspruch einstweilen ignorieren zu können. Wenige Wochen vor Eröffnung der neuen Landebahn im Oktober 2011 verhängte der VGH bis zur endgültigen Klärung ein vorläufiges Nachtflugverbot zwischen 23 und 5 Uhr. Lufthansa Cargo musste die bereits fest geplanten Nachtflüge streichen und ihre Umläufe kostspielig umbauen. Den Umsatzverlust bezifferte die Lufthansa-Tochter auf rund 40 Millionen Euro.

Wut entlädt sich in Demonstrationen

Politisch muss Koch-Nachfolger Volker Bouffier (CDU) derzeit hart mit den Lärmfolgen des Flughafenausbaus kämpfen, obwohl nachts derzeit ja sogar noch Ruhe ist. Die stadtnahe Variante der Landebahn, für die ein ganzes Chemiewerk aus dem Weg geräumt werden musste, hat die Bürgerschaft in den neu betroffenen südlichen Stadtteilen Frankfurts sowie in weiten Gebieten bis nach Mainz aufgebracht. Jeden Montag entlädt sich ihre Wut über Lärm und Schmutz in mächtigen Demonstrationen im Flughafenterminal.

Fraport, Lufthansa und Condor hielten jüngst dagegen, indem sie eine Demonstration Tausender Ausbaubefürworter auf dem Frankfurter Römerberg organisierten. Die meisten gehörten wohl zu den rund 70 000 Menschen, die dem zentralen deutschen Drehkreuz ihren Job verdanken. Weitere Arbeitsplätze sollen folgen, wenn mithilfe der neuen Bahn die Kapazität in den nächsten Jahren auf mehr als 700 000 Flugbewegungen mit etwa 90 Millionen Passagieren steigt. Zum Vergleich: 2011 waren es laut Fraport 487 162 Flugbewegungen mit 56,44 Millionen Passagieren.

Bouffier versucht, mit viel Geld die absehbaren Folgen für die Menschen im Ballungsraum zu lindern. Land und Fraport würden in den nächsten Jahren 335 Millionen Euro zusätzlich in die Hand nehmen für aktiven und passiven Schallschutz, verspricht der Ministerpräsident. Die Opposition im Landtag hält dagegen: Die Schutzmaßnahmen kämen zu spät und mit ihrer Revision kämpfe die Landesregierung für die von den Bürgern abgelehnten Nachtflüge.

„Nachtruhe von 22 Uhr bis 6 Uhr bleibt die Kernforderung unseres Bündnisses“, sagt Bürgerinitiativensprecher Helmut Hahn. „Die Mediation war schon ein ziemlich fauler Kompromiss, und nicht mal daran hat sich die Landesregierung gehalten.“ Bouffier hat angesichts der Proteste versprochen, null Nachtflüge umzusetzen, wenn dies mit dem Urteil aus Leipzig möglich sei.

Von Christian Ebner