Die EU wählt bald ihr neues Parlament

Rund 400 Millionen Bürger in den 28 Staaten der Europäischen Union sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben – so viele wie noch nie. Die größte Erweiterungswelle der EU liegt ziemlich genau zehn Jahre zurück.

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Am 1. Mai 2004 traten Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowenien, Slowakei, Tschechien, Ungarn und Zypern der EU bei. Am 1. Januar 2007 folgten dann noch Bulgarien und Rumänien, die beiden ärmsten Länder der EU, am 1. Juli 2013 kam Kroatien hinzu.

Wie und wann wird gewählt?

Alle fünf Jahre wird das EU-Parlament gewählt, diesmal vom 22. bis 25. Mai. Großbritannien und die Niederlande wählen bereits am 22. Mai, andere an den folgenden drei Tagen. Deutschland wählt wie die meisten anderen EU-Staaten am 25. Mai. Jeder Wahlberechtigte hat dabei eine Stimme, mit der er eine Partei oder politische Vereinigung wählen kann. In Deutschland benötigt eine Partei 3 Prozent der Stimmen, um ins EU-Parlament zu kommen.

Wie groß wird das neue EU-Parlament?

Das neue Parlament wird 751 Abgeordnete haben, derzeit sind es (nach dem Beitritt Kroatiens) 766. Das EU-Parlament ist damit das größte multinationale Parlament der Welt. Mit 96 Abgeordneten stellt Deutschland die meisten Parlamentarier aller Mitgliedsländer, es folgt Frankreich mit 74. Luxemburg, Estland, Zypern und Malta stellen mit je sechs die wenigsten Abgeordneten. Ein Vergleich zeigt die ganze Spannbreite des EU-Parlaments Ein deutscher Abgeordneter steht für 828 911 Bundesbürger, während ein maltesischer Parlamentarier 82 520 Wählerstimmen hinter sich hat. Derzeit gibt es sieben Fraktionen, nach den Wahlen könnte ein Verbund der Rechtspopulisten hinzukommen. Zur Bildung einer Fraktion sind mindestens 25 Abgeordnete aus sieben EU-Ländern nötig. Hauptsitz des Parlaments ist Straßburg, weitere Plenartagungen gibt es in Brüssel. Der Pendelverkehr zwischen Brüssel und Straßburg verschlingt 200 Millionen Euro im Jahr, beklagen Kritiker.

Wie wichtig ist das Parlament für die Politik der 28 EU-Länder?

Das Parlament hat wichtige Kompetenzen in der EU-Gesetzgebung. Es muss dem jährlichen EU-Haushalt zustimmen. Auch der mehrjährige Finanzrahmen muss von den Abgeordneten gebilligt werden. Seit dem Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages 2009 hat sich die Machtbalance weiter zugunsten des Europäischen Parlaments verschoben, weil die Parlamentarier inzwischen für alle Politikbereiche mitzuständig sind. Sie haben lediglich – im Unterschied zu allen nationalen Volksvertretungen – keine Regierung vor sich, die man unterstützen oder gegen die man opponieren kann.

Warum gibt es diesmal Spitzenkandidaten?

Vom Wahlergebnis wird erstmals auch abhängen, wer Präsident der EU-Kommission wird. Nötig ist die absolute Mehrheit der Stimmen im Europaparlament, also 376. Die Entscheidung fällt wohl zwischen dem deutschen Sozialdemokraten Martin Schulz, der als Spitzenkandidat für Europas Sozialdemokraten antritt, und Luxemburgs früherem Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker, dem Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei (EVP), in deren Fraktion sich christlich-demokratische und liberal-konservative Parteien aus 27 Ländern zusammengeschlossen haben. Damit können die rund 390 Millionen Wahlberechtigten in den 28 Mitgliedstaaten zum ersten Mal Einfluss auf die Besetzung der beiden höchsten Ämter in der EU nehmen: die beiden Präsidenten der Kommission und – zumindest indirekt – auch des Parlaments.

Wenn es heißt, „die“ EU habe etwas beschlossen – wer ist das dann eigentlich?

Die Staats- und Regierungschefs aller Mitgliedstaaten kommen mindestens viermal im Jahr zu ihren Gipfeltreffen zusammen, konkrete Entscheidungen über die europäische Alltagspolitik aber treffen sie da nicht. Ihre Ergebnisse stellen sie deshalb auch lediglich in einem Dokument zusammen, das sich „Schlussfolgerungen“ nennt und eine Art Leitlinie für die konkrete Gesetzesarbeit darstellt. Die wird von den anderen drei Institutionen geleistet. Vereinfacht gesagt: Die EU-Kommission erstellt einen Vorschlag, die Vertreter der Mitgliedstaaten beschließen im Ministerrat, das Europäische Parlament entscheidet. Doch im Alltag sind die Instrumente sehr viel feiner abgestimmt, beispielsweise um sicherzustellen, dass die großen Mitgliedstaaten nicht die kleinen gängeln – oder die Kleinen sich zusammenschließen, um einen Großen über den Tisch zu ziehen.

dd/dpa