Karlsruhe

Bundesverfassungsgericht: „Heidenspaß-Party“ an Karfreitag kann erlaubt werden

Foto: dpa/jo

Öffentliche Partys an „stillen“ Feiertagen sind in Bayern verboten, am Karfreitag erst recht. Aus Protest meldete der Bund für Geistesfreiheit die „Heidenspaß-Party“ an und kämpfte sich durch alle Instanzen bis vor das Bundesverfassungsgericht – mit Erfolg. Auf Rheinland-Pfalz hätte das Urteil keine Auswirkungen, meint die Landesregierung,

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Der ausnahmslose Schutz des Karfreitags in Bayern verstößt gegen das Grundgesetz. Das hat das Bundesverfassungsgericht mit einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss festgestellt.

Die Karlsruher Richter gaben einer Verfassungsbeschwerde des Bundes für Geistesfreiheit statt. Die anerkannte Weltanschauungsgemeinschaft vertritt die Interessen konfessionsloser Menschen und will die strikte Trennung von Kirche und Staat. Um die bayerische Regelung gerichtlich prüfen zu lassen, hatte die Gruppierung am Karfreitag 2007 eine Veranstaltung in einem Münchner Theater organisiert.

Die zum Abschluss geplante „Heidenspaß-Party“ wurde – wie abzusehen war – untersagt. Zu Unrecht, sagt nun das Verfassungsgericht. Zwar darf der Karfreitag als „stiller Tag“ laut Beschluss besonders geschützt werden. Jede Befreiungsmöglichkeit von vorneherein auszuschließen, sei aber unverhältnismäßig (Az. 1 BvR 458/10).

Besonders „stille Tage“

Mit Ausnahme des Tags der Deutschen Einheit sind die Feiertage in Deutschland durch Landesgesetze festgelegt. Die sogenannten stillen Tage genießen speziellen Schutz. In Bayern gehören dazu zum Beispiel auch Allerheiligen oder der Heilige Abend. An „stillen Tagen“ sind im Freistaat „öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen nur dann erlaubt, wenn der diesen Tagen entsprechende ernste Charakter gewahrt ist“.

Die striktesten Regeln gelten für den Karfreitag. Dann sind auch Sportveranstaltungen und „musikalische Darbietungen jeder Art“ „in Räumen mit Schankbetrieb“ verboten. Für die anderen Tage sind Ausnahmegenehmigungen möglich, „nicht jedoch für den Karfreitag“.

Diese letzte Regelung erklärt das Bundesverfassungsgericht jetzt für nichtig. Damit muss das Gesetz in diesem Punkt geändert werden.

Es sei zwar grundsätzlich gerechtfertigt, für bestimmte, auch christliche Feiertage einen „qualifizierten Ruheschutz“ zu schaffen, heißt es in dem Beschluss. Gar keine Ausnahmen zuzulassen, sei aber mit der Weltanschauungs- und Versammlungsfreiheit unvereinbar.

Umfrage
Umfrage: Feiertagsruhe

Ist es noch zeitgemäß, an etlichen Feiertagen Musik-, Sport- und Tanzveranstaltungen zu verbieten?

Ja, das ist o.k., wie es ist
75%
1486 Stimmen
Feiertagsruhe ist o.k., aber sie müsste gelockert werden
6%
114 Stimmen
Nein, Religion ist Privatsache, weg mit der Feiertagsruhe
18%
355 Stimmen
Mir egal, ich feiere sowie nie
1%
22 Stimmen
Die Entscheidung bedeutet nicht, dass in Zukunft an Karfreitag jede Party stattfinden darf. Die „Heidenspaß-Party“ hätte aber erlaubt werden müssen, weil es den Veranstaltern nicht nur um Spaß oder kommerzielle Interessen ging. Die Veranstaltung unter dem Motto „Religionsfreie Zone München 2007“ mit einer „Atheistischen Filmnacht“ und dem schließlich verbotenen „Freigeister-Tanz“ habe die öffentliche Meinungsbildung und Weltanschauungen berührt.

Das hätten die Behörden und Gerichte berücksichtigen müssen. Der Beschluss weist insbesondere darauf hin, dass die Veranstaltung in einem geschlossenen Raum mit einer überschaubaren Teilnehmerzahl stattfinden sollte. Im Zweifel hätte man Auflagen machen müssen.

Regelungen in Rheinland-Pfalz weniger starr?

Die rheinland-pfälzische Landesregierung sieht nach der höchstrichterlichen Entscheidung keinen unmittelbaren Handlungsbedarf, wie Juristen erklären. Auch das für das Feiertagsgesetz zuständige Innenministerium verweist darauf, dass sich die rheinland-pfälzischen Vorschriften von den bayerischen unterscheiden. Zwar verbietet es auch Tanzveranstaltungen etwa an Karfreitag, Allerheiligen oder Toten- und Volkstrauertag, aber es erlaubt den örtlichen Ordnungsbehörden auch, „aus wichtigen Gründen Ausnahmen“ zuzulassen“, wenn Gottesdienste nicht gestört werden. Damit liegt die „Starrheit“ des bayerischen Rechts nicht vor, erklärt das Ministerium.

In Rheinland-Pfalz regelt das Feiertagsgesetz in §6: … sind öffentliche Versammlungen, Aufzüge und Umzüge, soweit sie nicht der Religionsausübung dienen oder dem Charakter des Feiertages entsprechen, sowie alle der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veranstaltungen und Darbietungen, die nicht dem Charakter des Feiertages angepaßt sind, verboten:

  • am Karfreitag, am Totensonntag und am Volkstrauertag jeweils ab 4.00 Uhr,
  • am Allerheiligentag von 13.00 bis 20.00 Uhr und
  • am Tag vor dem 1. Weihnachtstag ab 13.00 Uhr.

§10 erlaubt Ausnahmen: (1) Die örtlichen Ordnungsbehörden können aus wichtigen Gründen Ausnahmen von den Verboten nach §§ 5 bis 8 zulassen. Eine unmittelbare Störung der Gottesdienste darf durch die ausnahmsweise genehmigten Veranstaltungen nicht eintreten. Die zuständigen kirchlichen Stellen sind vor der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zu hören.

dpa/us/jo