Mainz

Abpumpen oder ablassen – Wohin mit gefährlicher Fracht der Waldhof?

Foto: Suzanne Breitbach

Der auf dem Rhein gekenterte Säuretanker soll nach der Vorstellung der Einsatzkräfte gedreht werden, so dass die Ladung in einen danebenliegenden Tanker gepumpt werden kann. Es laufen aber auch weiter die Planungen dafür, die Säure in den Rhein abzulassen.

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Mainz – Der auf dem Rhein gekenterte Säuretanker soll nach der Vorstellung der Einsatzkräfte gedreht werden, so dass die Ladung in einen danebenliegenden Tanker gepumpt werden kann. Es laufen aber auch weiter die Planungen dafür, die Säure in den Rhein abzulassen.

Suzanne Breitbach

Vorsichtig werden Frachtschiffe an dem Havaristen vorbeigeschleppt.

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Wenn der „optimale Zustand nicht erreichbar ist“ – also das Umpumpen, „denken wir über ein kontrolliertes Einlassen in den Rhein nach“, erklärte Innenstaatssekretär Roger Lewentz (SPD). Die Entschiedung soll erst getroffen werden, wenn das Schiff gedreht beziehungsweise aufgerichtet ist. Denn erst dann ist klar, wie beschädigt das Schiff auf dem Oberdeck ist.

Am Donnerstagmittag kämpft sich am Mittelrhein das erste Kranschiff rheinaufwärts zur Unglücksstelle an der Loreley.

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Das erste Kranschiff ist unterwegs zur Loreley

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Vorbei am Wallfahrtsort Bornhofen ging es für Grizzly, Atlas und Büffel aus Duisburg bis zur Havariestelle an der Loreley.

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Für das große Kranschiff aus Duisburg war es eine Reise mit Hindernissen, tagelang lag es in der Ruhr bei Hochwasser vor einer Brückendurchfahrt fest.

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Die Kranausleger Grizzly, Atlas und Büffel passieren die Feindlichen Brüder bei Kamp-Bornhofen

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Vorbei an Kestert hat der Schubverband nur noch knapp sieben Stromkilometer bis zur Loreley zu fahren.

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Pro Sekunde etwa 50 Liter Schwefelsäure in vier Millionen Liter Rheinwasser

Beim kontrollierten Ablassen ist vorgesehen, pro Sekunde etwa 50 Liter der geladenen Schwefelsäure abzulassen. 2400 Tonnen Schwefelsäure hat die „Waldhof“ geladen. Weil Schwefelsäure deutlich schwerer als Wasser ist – ein Liter wiegt rund 1,84 Kilogramm – entspricht das rund 1,3 Millionen Litern Schwefelsäure. Würde die Säure kontinuierlich ohne Unterbrechung in dem Tempo abgelassen, wäre das Schiff nach etwa acht Stunden geleert.

Im Moment fließen an dieser Stelle nach Darstellung der Behörden pro Sekunde vier Millionen Liter Wasser vorbei. „Das verdünnt ganz enorm“, sagte Lewentz. Alle Genehmigungen für eine solche Aktion lägen vor, außerdem sind alle Wasserwerke entlang des Rheins bis zu den Niederlanden informiert.

Allerdings wissen die Fachleute noch nicht, ob die Schwefelsäure sich überhaupt abpumpen lässt: Bei einem Wert von unter 10 Grad wird reine Schwefelsäure hart, der Rhein hat eine Temperatur von sieben Grad und könnte die Ladung schon heruntergekühlt haben. „Deshalb warten wir auch mit Spannung darauf, was uns im Schiff erwartet“, so Uwe Gilberg-Rindsfüßer, Sprecher der Einsatzleitung. Gelagert hatte das Schiff 96-prozentige Säure, da liegt der Schmelzpunkt niedriger, deshalb dürfte die Säure auch noch flüssig sein.

Treffen Wasser und Schwefelsäure aufeinandertreffen, entsteht Wärme. Wenn das Schiff auseinanderbrechen würde und Tonnen von Säure auf Tonnen auf Wasser prallen würden, „dann würde der Rhein für einige Sekunden brodeln, es würden Dampffontänen entstehen“, so Chemiker Martin Keller, Leiter des Referats Gewässermonitoring bei der Bundesanstalt für Gewässerkunde. „Das wäre allerdings nach einigen Sekunden auch wieder vorbei.“ Zudem könnte nicht die gesamte Menge Säure auf einmal frei werden, weil sie in sieben Kammern gelagert ist.

Folgen größerer Art für die Natur fürchten die Verantwortlichen nicht. „Ganz lokal, rund um die Unfallstelle, 250 bis 500 Meter: Wenn dort Fische wären, kann zwar was passieren, aber wir schließen eigentlich nach allen Expertenmeinungen größere Auswirkungen auf die Umwelt aus“, betonte er.

Politiker appelieren: Keinen „Havarietourismus“ aufkommen lassen

Lewentz appellierte an die Bevölkerung, keinen „Havarietourismus“ aufkommen zu lassen. Bereits am vergangenen Sonntag habe es an der Unfallstelle – auch wegen des Tankers – einen Hochwassertourismus gegeben. „Das können wir am nächsten Wochenende und in den Tagen danach überhaupt nicht gebrauchen. Wir werden über die Polizei absperren.“ Der Unfallort sei eine technische Arbeitsstelle, von der auch die eine oder andere Gefahr ausgehen könne. Er rief deshalb auf, die Arbeiten via Internet oder von den Rheinhöhen aus zu beobachten.