Rheinland-Pfalz

Auch unter Rot-Grün: Tanzverbot an Feiertagen bleibt

Foto: fudder.de

Auch die grüne Regierungsbeteiligung hat nichts daran geändert: In Rheinland-Pfalz bleibt es beim Verbot öffentlicher Tanzveranstaltungen an bestimmten christlichen Feiertagen. Eine Petition dagegen ist durchgefallen.

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Rheinland-Pfalz – Auch die grüne Regierungsbeteiligung hat nichts daran geändert: In Rheinland-Pfalz bleibt es beim Verbot öffentlicher Tanzveranstaltungen an bestimmten christlichen Feiertagen. Eine Petition dagegen ist durchgefallen.

Ob es so schrecklich ist, wenn die Halloween-Party um 4 Uhr vorbei sein muss, sei mal dahingestellt. Aber: In der kommenden Woche gilt an Allerheiligen wieder das Tanzverbot – wie noch an ein paar weiteren Feiertagen. Für Tobias Huch, streitbarer 30-jähriger Internetunternehmer aus Mainz und umtriebiger Vorsitzender der JuLis Rheinhessen-Vorderpfalz, wird da vom Staat ein Gesetz missbraucht: „Wenn Leute in einer Disco in einem geschlossenen Raum Freude am Tanzen haben, beeinträchtigt das doch keine Religionsausübung! Das Gesetz benötigt eine Anpassung an die heutige Lebensrealität der Bürger.“

Huch hat in der Petition gefordert, dass das Verbot nur am Volkstrauertag gilt – und nennt sich selbst einen „ernsthaften Christen“. Am Karfreitag 2006 hat er einem befreundeten Discopächter in Wiesbaden die Matthäus-Passion in die Disco gebracht, als der etwas ratlos war, wie er mit dem dortigen Tanzverbot umgehen soll: Bis 24 Uhr keine öffentlichen Tanzveranstaltungen. Rheinland-Pfalz hat noch strengere Regeln – und bei denen bleibt es auch. Huchs Petition zur Änderung des Landgesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage hat der Petitionsausschuss des Landtags zurückgewiesen, wie der Bürgerbeauftragte in seinem Abschlussbericht mitteilt.

Der Ausschuss – der in Rheinland-Pfalz nichtöffentlich tagt – hat sich einer Stellungnahme angeschlossen, die das Innenministerium geliefert hat. Demnach trauen sich die Abgeordneten offenbar nicht zu, hart zu bleiben, wenn sie erst einmal ein bisschen nachgegeben haben. „Es ist zu erwarten, dass eine Lockerung des Sonn- und Feiertagsschutzes für öffentliche Tanzveranstaltungen die Forderungen nach weiteren Lockerungen (...) nach sich ziehen wird (beispielsweise öffentliche Unterhaltungs- und Sportveranstaltungen), und der Sonn- und Feiertagsschutz immer weiter ausgehöhlt wird.“ Das Ministerium erklärt in seinen Gründen, dass die Kirchen vehement an den bestehenden Regelungen festhalten. Das Land ringt ohnehin schon aktuell mit den Kirchen darum, unter welchen Umständen es sonntags Flohmärkte geben darf.

Offenbar soll aber nicht ganz der Eindruck erweckt werden, dass der Staat sich die Regelung von den Kirchen diktieren lässt. Die Sonn- und Feiertagsgarantie “zielt nicht unmittelbar auf die Gewährleistung einer religiösen Handlung ab, sondern darauf, den äußeren Rahmen für die 'seelische Erhebung„ zu schaffen“, heißt es in der Ablehnung. Innere Ruhe – ja nicht unbedingt eine Frage von Religion – setze äußere Ruhe voraus – und keinen „Einfluss “werktäglicher Elemente„.

Protest gegen das Tanzverbot ist nicht neu: An Ostern 2010 etwa hatte es am Mainzer Hauptbahnhof einen Flash-Mob gegeben – buchstäblich stiller Protest gegen das Verbot zwischen Gründonnerstag 4 Uhr und Ostersonntag 16 Uhr. 250 junge Menschen fingen auf einen Schlag an, zu tanzen – ganz ohne Musik.

In diesem Jahr hatte es einen Flashmob mit gleicher Stoßrichtung in Frankfurt (Text und Fotos) gegeben. Dabei geht man aus seiner Mainzer Sicht in Hessen noch liberaler mit dem Tanzverbot um: “Mainz handhabt das ganz extrem, da ist das Ordnungsamt sehr scharf – und man muss dann eben nach Wiesbaden„, sagt Huch.

Während die hessischen Grünen eine Liberalisierung fordern, ist die Position der Partei in Rheinland-Pfalz nicht eindeutig. Grünen-Abgeordneter Gunther Heinisch, auch Mitglied im Petitionsausschuss, ist für eine Liberalisierung und hat sich “fest vorgenommen, dass das Thema nicht unter den Tisch fällt„. Der Koalitionsvertrag behandelte das Thema gar nicht, und auch in der Fraktion ist wohl der Vorstoß von Heinisch nötig, damit eine einheitliche Linie gefunden wird. “Es gibt verschiedene Strömungen„, so Heinischs Einschätzung. Huch stößt derweil in die offene Flanke: “Ich bin überrascht, dass sich nichts geändert hat. Ich dachte, es wäre für die Grünen ein wichtiges Thema, dass junge Leute dort nicht überflüssig in ihren Freiheiten beschnitten werden."

Lars Wienand