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Weinheim

Jugend unter Assad: Rafik Schamis „Sami und der Wunsch nach Freiheit“

Buchcover „Sami und der Wunsch nach Freiheit“ von Rafik Schami
Buchcover „Sami und der Wunsch nach Freiheit“ von Rafik Schami Foto: dpa

An Bahnhöfen hat Rafik Schami die Geschichten von Dutzenden jungen syrischen Flüchtlingen aufgeschrieben. Nun fügt er sie mit seiner Erzählkunst zu einem großen Ganzen zusammen. „Sami und der Wunsch nach Freiheit“ ist ein Jugendbuch – aber nicht nur etwas für Jugendliche.

Lesezeit: 2 Minuten
Wer Rafik Schami liest, fühlt den historischen Boden in den Gassen von Damaskus, schmeckt die gefüllten Fladenbrote der fürsorglichen Mütter und hört die Melodien auf der Laute. Auch in seinem neuen Roman „Sami und der Wunsch nach Freiheit“ nimmt der Autor, der in Syrien aufwuchs und 1971 nach Deutschland kam, den Leser ...
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Rafik Schami: Geschichtenerzähler im Exil feiert Geburtstag

Marnheim. Rafik Schami hat die orientalische Erzählkunst mit all ihren Irrationalitäten, Ausschmückungen und Abschweifungen ins nüchterne Herz von Europa gebracht. Märchen sind nicht nur etwas für Kinder, lehrte er seine deutschen Leser und Zuhörer in den vergangenen Jahrzehnten. Am 23. Juni 2016 wird der deutsch-syrische Autor 70 Jahre alt.

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Die längste Zeit seines Lebens verbringt Schami, der eigentlich Suheil Fadél heißt, im Exil. Als junger Mann muss er aus seiner Heimatstadt Damaskus fliehen.

Tiefe Verbundenheit mit Syrien

Heute füllen Erinnerungsstücke – Fotos, Kochrezepte und Stadtpläne sowie Bücher über Hochzeitssitten und Putsche – einen Großteil seiner Bibliothek in seinem Haus in der Pfalz. Die Verbundenheit zeigt sich auch in seinem Pseudonym, das „Freund aus Damaskus“ bedeutet.
Es ist der Zufall, der Schami 1971 über Beirut nach Heidelberg verschlägt. „Ich wollte nach Amerika, doch die Amerikaner haben zu lange gebraucht. Das Visum kam, als ich schon hier war“, sagt er. „Jetzt noch einmal von null anfangen?“, habe er sich gefragt – und mit Nein geantwortet. So studiert er in Heidelberg Chemie und promoviert.

Die Kommilitonen im Studentenheim sind seine ersten Zuhörer. „Ich bin als Kind mit 1001 Nacht aufgewachsen. Abend für Abend habe ich mit meiner Mutter vor dem Radio gesessen und diese Geschichten gehört. Zwei Jahre, acht Monate und 27 Tage lang. Das hat mich geprägt, diese Spannung, die wie ein Teppich gewebt wird, diese Suche nach einer Fortsetzung“, sagt er.

Bald schreibt Schami kleine Märchen, Fabeln und Fantasiegeschichten auf Deutsch, und als er sich in der Sprache sicherer fühlt, auch Romane, Kinderbücher und Theaterstücke. Zu seinen größten Erfolgen gehören der frühe Roman „Erzähler der Nacht“ (1989) und das 900-Seiten-Opus „Die dunkle Seite der Liebe“ (2004). In 29 Sprachen sind seine Bücher übersetzt.

Kein Wiedersehen mit der Heimat

Nach seiner Flucht kehrt Schami nie wieder nach Syrien zurück. 2009 hatte er eine Einladung aus Damaskus, lehnte aber ab. „Das Angebot war erpresserisch“, sagt er. Er hätte nicht privat zurückkehren dürfen, sondern nur als Gast des Staatspräsidenten Baschar al-Assad, und wäre wohl im Fernsehen vorgeführt worden. „Die hätten mich ausgequetscht wie eine Zitrone“, sagt er. Er bleibt im Örtchen Marnheim in der Pfalz, wo er seit Jahrzehnten in einem Haus mit Garten wohnt. Im Haus sind zu finden: immer frischer Kardamom für Espresso, Quittengelee von den eigenen Bäumen, eine Wendeltreppe hinauf in die Arbeitszimmer, ein Foto des Korridors, in dem Schami als Kind oft mit Murmeln spielte, und ein Ordner mit „freundlichen Ablehnungen“ von Verlagen.
Seinen Geburtstag will Schami auf dem Fahrrad am Rhein verbringen, zusammen mit seiner Frau, der Künstlerin Root Leeb. „Ich bin gern weg, da ich nicht den ganzen Tag am Telefon verbringen möchte“, sagt er. In nächster Zeit will er sich wieder an den Schreibtisch setzen, um noch ein oder zwei Bücher zu schreiben. Dann soll aber Schluss sein: „Ich will mich nicht übernehmen. Man soll nicht übertreiben.“ dpa

Rafik Schami kritisiert Islamfeindlichkeit – für Versöhnung von Israelis und Palästinensern

Köln. Der syrischstämmige Schriftsteller Rafik Schami wirft deutschen Intellektuellen vor, in der Flüchtlingsdebatte Hass auf den Islam zu schüren. „Die Islamophobie ist der salonfähige Antisemitismus“, sagte Schami, der seit 1971 in Deutschland lebt, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Er bezog sich mit seiner Kritik auf die Philosophen Peter Sloterdijk, Rüdiger Safranski und auf die Schriftsteller Reinhard Jirgl, Botho Strauß und Franz Böckelmann.

„Es klingt lächerlich, wenn diese Hasser die Sorge um jüdische Mitbürger als Grund ihrer Verachtung der Muslime in diesem Land angeben“, sagte Schami. 40 Jahre seines Lebens im Exil bemühe er sich, gemeinsam mit jüdischen, arabischen, israelischen und palästinensischen Freunden, Palästinenser und Israelis zu versöhnen. Nie sei einer der genannten Intellektuellen „auch nur in Sichtweise“ anzutreffen gewesen.

In seinen 35 Jahren als Autor in Deutschland habe er „keine Kollegialität geschweige denn Gastfreundschaft, sondern Feindseligkeit aus diesen Kreisen erfahren“, fügte Schami hinzu. Er danke seinem Publikum, dass er im Exil nicht auf die Hilfe dieser Kreise angewiesen gewesen sei. Schami, der in Deutschland unter anderem durch unzählige märchenhafte Erzählungen bekannt wurde, fordert von den Flüchtlingen in Deutschland Dankbarkeit und Respekt vor dem „christlichen Abendland“ mit seinen Freiheiten, seinen Werten und Gesetzen ein. Flüchtlinge müssten die Gleichheit von Mann und Frau ebenso achten wie die Rechte von Homosexuellen, sagte Schami. dpa

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